Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates spricht sich wie ihre nationalrätliche Schwesterkommission dafür aus, Folter als eigenen Straftatbestand ins Schweizer Strafgesetzbuch aufzunehmen.

Derzeit ist Folter in der Schweiz nur im Zusammenhang mit Verbrechen gegen die Menschlichkeit und mit Kriegsverbrechen ausdrücklich verboten. Obwohl die meisten Folterhandlungen bereits strafbar sind, erachtet die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates (RK-S) das bestehende Recht für ungenügend, namentlich im Hinblick auf das Völkerrecht und die Verpflichtungen, welche die Schweiz mit der Ratifikation des UN-Übereinkommens gegen Folter eingegangen ist. Die RK-S hat sich deshalb einstimmig dem Beschluss ihrer nationalrätlichen Schwesterkommission (RK-N) angeschlossen und der Initiative (20.504) Folge gegeben, welche verlangt, Folter im Schweizer Strafrecht als eigenen Straftatbestand aufzuführen. Die entsprechende Ergänzung des Strafgesetzbuches würde unter anderem auch die erforderliche Rechtsparallelität für die internationale Rechtshilfe herstellen. Das Geschäft geht nun an die RK-N zurück, welche die Aufgabe hat, den neuen Straftatbestand klar abzugrenzen.

Online-Buchungsplattformen werden stärker reguliert

Die RK-S hat sich als Kommission des Zweitrates mit der bundesrätlichen Vorlage zur Änderung des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG, 21.079) befasst. Mit der Gesetzesänderung sollen Preisparitätsklauseln in den Verträgen zwischen Online-Buchungsplattformen und Beherbergungsbetrieben verboten werden. In der Frühjahrssession hatte der Nationalrat das Verbot von Preisparitätsklauseln auf Angebots- und Konditionenparitätsklauseln ausgeweitet. Die Kommission hat an ihrer heutigen Sitzung mit 10 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung beschlossen, auf die Vorlage einzutreten. Mit 10 zu 1 Stimmen bei 2 Enthaltungen befürwortet sie auch die vom Nationalrat vorgenommene Erweiterung des Verbotsbereichs. Sie ist der Ansicht, dass die Schweizer Beherbergungsbetriebe dank dieser Änderung wirksam vor der missbräuchlichen Marktmacht der Online-Buchungsplattformen geschützt werden können. Die Kommission stimmte der abgeänderten Vorlage in der Gesamtabstimmung mit 10 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung zu.

Auf dem Weg zu einer staatlichen digitalen Infrastruktur

Die Kommission hat sich mit verschiedenen Geschäften befasst, die eine Stärkung der digitalen staatlichen Infrastruktur in der Schweiz anstreben. Die RK-S als Kommission des Erstrates hat sich heute erstmals mit dem Entwurf für ein Notariatsdigitalisierungsgesetz (21.083) befasst. Dieses sieht vor, dass das Original der öffentlichen Urkunde in elektronischer Form erstellt werden darf und ein zentrales elektronisches Urkundenregister geschaffen wird. Nach einer Reihe von Anhörungen hat die Kommission einstimmig beschlossen, auf die Vorlage des Bundesrates einzutreten und die Beratung der Motion Silberschmidt 21.3180 («Vollständig digitale Unternehmensgründung sicherstellen») bis zum Ende der Detailberatung des Gesetzesentwurfs auszusetzen. Diese wird an ihrer nächsten Sitzung durchgeführt. Einstimmig beantragt die Kommission ihrem Rat zudem die Annahme von sechs gleichlautenden Motionen aus dem Nationalrat, welche die Schaffung einer E-ID fordern, die von der öffentlichen Hand ausgestellt und betrieben wird (Motionen 21.3124; 21.3125; 21.3126; 21.3127; 21.3128; 21.3129 «Vertrauenswürdige staatliche E-ID»).

Weitere Geschäfte:

  • Die Kommission hat mit der Beratung der verbleibenden Differenzen im Rahmen der Revision der Strafprozessordnung (19.048) begonnen und wird diese an ihrer nächsten Sitzung abschliessen.
  • Die Kommission hat die Motion Flach 19.3347 («Für ein modernes und praxistaugliches Stockwerkeigentumsrecht») beraten. Sie beantragt ihrem Rat ohne Gegenstimme, die Motion abzulehnen und verweist dabei auf die bereits an den Bundesrat überwiesene, beinahe deckungsgleiche Motion Caroni 19.3410 («55 Jahre Stockwerkeigentum. Zeit für ein Update»). Der Bundesrat hat mit der Ausarbeitung einer Vernehmlassungsvorlage bereits begonnen.
  • Die Kommission hat beschlossen, die Motion Streiff 19.3265 («Ressourcen für einen effektiven Kampf gegen den Menschenhandel») zu sistieren, um eine Analyse der Situation in den Kantonen abzuwarten, welche Mitte 2022 publiziert werden soll. Sie hat zum selben Thema ohne Gegenstimme die Kommissionsmotion 22.3369 («Verbesserter Nationaler Aktionsplan gegen Menschenhandel») verabschiedet.
  • Die Kommission hat im Rahmen der Vorprüfung ohne Gegenstimme beschlossen, der parlamentarischen Initiative Tuena 20.465 («Gesicherte Unterbringung von staatsgefährdenden Personen») keine Folge zu geben.
  • Die Kommission hat die Berichte des Bundesrates in Erfüllung der Postulate Lombardi 18.3237 («Prüfung einer Vereinfachung der Vorschriften über die Preisbekanntgabe») und Cramer 19.3748 («Arbeit auf Abruf regeln») zur Kenntnis genommen.
  • Die Kommission hat den parlamentarischen Initiativen 22.401 und 22.400 ihrer Schwesterkommission betreffend die Möglichkeit der Nichtbekanntgabe von Betreibungseinträgen ohne Gegenstimme die Zustimmung erteilt. Die RK-N erhält somit den Auftrag innert zwei Jahren eine Vorlage auszuarbeiten.

Die Kommission hat am 28./29. März 2022 unter dem Vorsitz von Ständerat
Carlo Sommaruga (SP, GE) in Bern getagt.