Die Kommission hat mit 8 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen die von Nationalrätin Bulliard-Marbach eingereichte Motion 19.4632 («Gewaltfreie Erziehung im ZGB verankern») angenommen. Die Motion bezweckt, Kinder besser vor körperlicher Bestrafung, seelischen Verletzungen und anderen entwürdigenden Massnahmen zu schützen, indem ihnen das Recht auf gewaltfreie Erziehung zugesichert wird.

Die Kommission hat vom Bericht des Bundesrates in Erfüllung des von Nationalrätin Bulliard-Marbach eingereichten Postulats 20.3185 («Schutz von Kindern vor Gewalt in der Erziehung») Kenntnis genommen. Sie ist mit der Schlussfolgerung nicht einverstanden, dass Kinder und Jugendliche mit den geltenden Gesetzen ausreichend vor Gewalt in der Erziehung geschützt sind. Vielmehr ist sie der Auffassung, dass mit der Verankerung des Rechts auf gewaltfreie Erziehung im Zivilgesetzbuch ein starkes Zeichen gegen alle Formen von Gewalt gegen Kinder (Ohrfeigen, Schläge auf den Hintern, Klapse usw.) gesetzt würde und damit ein gesellschaftlicher Sinneswandel herbeigeführt werden könnte. Die Kommission möchte über die programmatische Norm, die der Bundesrat in seinem Bericht vorschlägt, hinausgehen. Gemäss einer unlängst veröffentlichten Studie der Universität Freiburg erleidet beinahe jedes zweite Kind in der Schweiz körperliche oder seelische Gewalt in seiner Erziehung, was für die Kommission noch viel zu viel ist. Zudem weist die Kommission darauf hin, dass die Schweiz das Übereinkommen über die Rechte des Kindes (SR 0.107) der Vereinten Nationen (UNO) unterzeichnet und sich damit verpflichtet hat, alle Gesetzgebungsmassnahmen zu treffen, um die Kinder vor jeder Form von Misshandlung zu schützen, solange sie sich in der Obhut der Eltern befinden (Art. 19).

Zwischen Heirat und Konkubinat: Kommission befürwortet einen «Pacte civil de solidarité» (Pacs)

Die Kommission hat der von Ständerat Caroni eingereichten parlamentarischen Initiative 22.448 («Einen Pacs für die Schweiz») mit 9 zu 2 Stimmen Folge gegeben. Sie hält fest, dass zahlreiche Paare über lange Zeit unverheiratet bleiben, teilweise selbst mit Kindern, und erachtet es daher als sinnvoll, einen neuen Status zu schaffen, der sie rechtlich absichert, ohne ihnen alle Garantien einer Heirat zu bieten und sie sämtlichen Verpflichtungen einer solchen zu unterwerfen. Die Kommission betont, dass diese neue Form des Zusammenschlusses nicht als «Ehe light» zu verstehen ist, sondern vielmehr als eine Möglichkeit für Personen, die eine dauerhafte eheähnliche Gemeinschaft bilden und nicht heiraten möchten, gewisse Regelungen und gesetzliche Garantien zwischen ihnen zu schaffen. Genf und Neuenburg haben auf kantonaler Ebene bereits einen Pacs eingeführt, mit dem sowohl die Bevölkerung als auch die Behörden grundsätzlich zufrieden sind.

Erleichterung der erbrechtlichen Unternehmensnachfolge: Kommission beschliesst Eintreten

Nachdem die Kommission an ihrer letzten Sitzung Anhörungen durchgeführt hatte, konnte sie nun die Beratung der Änderung des Zivilgesetzbuches zur Erleichterung der erbrechtlichen Unternehmensnachfolge (22.049) aufnehmen. Sie ist mit 8 zu 1 Stimmen auf die Vorlage eingetreten, da sie von ihr willkommene Verbesserungen erwartet. Allerdings betont die Kommission auch, wie komplex die Vorlage ist und dass zahlreiche Fragen offenbleiben, weshalb sie die Verwaltung beauftragt hat, verschiedene Fragen zu klären. Sie wird ihre Arbeiten an einer ihrer nächsten Sitzungen mit der Detailberatung fortsetzen.

Beschlüsse zum Justizsystem

Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 11 zu 1 Stimmen, dem Beschluss des Nationalrates, zwei zusätzliche Stellen am Bundesgericht zu schaffen, zu folgen (22.427). Mit der Erhöhung der Zahl der ordentlichen Richterinnen und Richter von 38 auf 40 sollte das Gericht eine zweite strafrechtliche Abteilung schaffen können, um der Arbeitsüberlastung im Strafrechtsbereich entgegenzuwirken.

Die Kommission hat zudem das zweite Mal über die Einsetzung eines Fachbeirats zur Begleitung der Gerichtskommission bei deren Auswahlverfahren für Richterinnen und Richter der eidgenössischen Gerichte diskutiert (21.452). Sie hat die Verwaltung damit beauftragt, ihr einen Entwurf für eine Rechtsgrundlage mit verschiedenen Varianten insbesondere zu den Modalitäten des Beizugs dieses Beirats und zu dessen Kompetenzen vorzulegen. Sie wird ihre Arbeiten in dieser Angelegenheit im zweiten Quartal 2023 fortsetzen.

Zu guter Letzt beantragt die Kommission ihrem Rat einstimmig, der von Artur Terekhov eingereichten Petition 20.2015 («Für eine strikte Offenlegung der Interessenbindungen der Bundesrichter») keine Folge zu geben, da das Bundesgericht beschlossen hat, die Parteizugehörigkeit seiner Richterinnen und Richter wieder auf seiner Website zu publizieren.

Weitere Geschäfte

  • Die Kommission wurde auf ihren Wunsch hin zur Anwendung des Bundesgesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG) auf die Zusammenarbeit mit der Europäischen Staatsanwaltschaft konsultiert. Sie hat Kenntnis genommen vom Verordnungsentwurf, ohne besondere Anmerkungen anzubringen.

Die Kommission hat am 3. November 2022 unter dem Vorsitz von Ständerat Carlo Sommaruga (SP, GE) in Bern getagt.