Der Bundesrat soll die ordentliche Franchise in der Krankenversicherung von 300 auf 500 Franken erhöhen. Dies schlägt die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-NR) vor, um die Versicherten zu einem kostenbewussten Verhalten zu motivieren.

​Die Kommission will die ordentliche Franchise so rasch als möglich auf 500 Franken erhöhen. Mit 13 zu 10 Stimmen beschloss sie eine Kommissionsmotion (18.4096), die den Bundesrat zu einer entsprechenden Verordnungsanpassung beauftragt. Mit der höheren Kostenbeteiligung der Versicherten würden positive Anreize für ein kostenbewusstes Verhalten geschaffen und unnötige Spital- und Arztkonsultationen verhindert, wurde in der Kommission argumentiert. Gleichzeitig könnten mit dieser Massnahme die Prämien für sämtliche Versicherten spürbar um mindestens 430 Millionen Franken oder rund 1,7 Prozent gesenkt werden.
In der gleichen Stossrichtung (Stärkung der Eigenverantwortung der Versicherten und Eindämmung des Kostenanstiegs im Gesundheitsbereich) verabschiedete die Kommission zudem mit 16 zu 7 Stimmen die bundesrätliche Vorlage zum Geschäft 18.036 n KVG. Anpassung der Franchisen an die Kostenentwicklung. Der Bundesrat erhält damit die Kompetenz, die Höhe der ordentlichen und der Wahlfranchisen an die Kostenentwicklung anzupassen. Vorgesehen ist eine Erhöhung um je 50 Franken sobald die durchschnittlichen Bruttoleistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung mehr als 13-mal höher sind als die ordentliche Franchise.
Eine Minderheit der Kommission lehnt sowohl die Erhöhung der ordentlichen Franchise auf 500 Franken als auch die Anpassung der Franchisen an die Kostenentwicklung ab. Sie möchte die hohe Prämienlast primär mit einer stärker einkommensabhängig ausgestalteten Kostenbeteiligung bekämpfen.
Weiter hielt die Mehrheit der Kommission trotz der ablehnenden Haltung des Bundesrates an ihrer Vorlage für eine dreijährige Vertragsdauer für Wahlfranchisen fest (15.468 n Pa.Iv. (Borer) Brand. Stärkung der Selbstverantwortung im KVG).

Invalidenversicherung (IV): Zulage für Kinder soll gesenkt werden


Die Kommission führte die Detailberatung über die Weiterentwicklung der IV (17.022 n) weiter. Mit 13 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen beantragt die Kommission, den Begriff «Kinderrente» in «Zulage für Eltern» zu ändern. Dies beschreibe den Sachverhalt klarer, wurde in der Kommission argumentiert. Mit 12 zu 7 Stimmen bei 3 Enthaltungen beantragt die Kommission weiter, diese Zulage für Eltern von 40 auf 30 Prozent der Rente zu senken, und zwar sowohl in der IV wie auch in der AHV (Art. 38 IVG und Art. 35ter AHVG). Damit sollen Fehlanreize korrigiert werden, die bei kinderreichen Versicherten einer Reintegration entgegenstehen. Wird die Zulage nach einer dreijährigen Übergangsfrist gesenkt, lassen sich in der IV 88 Millionen Franken einsparen und in der AHV 40 Millionen Franken (Auswertung von 2017, im Mittel der Jahre 2020-2030). Diese Einsparung sei nötig, da die IV immer noch Schulden habe und die Prognosen des Bundesrates im Hinblick auf den Schuldenabbau zu optimistisch seien, argumentierte die Mehrheit. Die Minderheit erachtet die Einsparung als zu einschneidend für behinderte Eltern; zudem würden andere Sozialversicherungen wie die Ergänzungsleistungen (EL) stärker belastet.

Mit 14 zu 9 Stimmen folgte die Kommission dem Vorschlag des Bundesrates für ein stufenloses Rentensystem. Bei einem Invaliditätsgrad von 40 Prozent soll es wie bisher eine Viertelsrente geben, dann soll die Rente mit zunehmendem Invaliditätsgrad stufenlos ansteigen, bis bei 70 Prozent die ganze Rente erreicht wird. Auf diese Weise sollen IV-Bezüger einen stärkeren Anreiz erhalten, möglichst weitgehend erwerbstätig zu bleiben. Für Rentenbezüger ab 60 Jahren soll nichts ändern; für Rentenbezüger zwischen 30 und 59 Jahren soll die Rente nur dann angepasst werden, wenn sich ihr IV-Grad verändert. Das vom Bundesrat vorgeschlagene Modell wäre für die IV kostenneutral. Die Kommission hat die Verwaltung beauftragt, auch die Kosten eines anderen stufenlosen Modells zu rechnen. Eine Minderheit will beim heutigen System mit den vier Rentenstufen bleiben, da das stufenlose Rentensystem zulasten von IV-Bezügern mit einem hohen IV-Grad und schlechten Eingliederungschancen gehe. Zudem sei mit viel mehr Beschwerden zu rechnen. Die Kommission wird die Detailberatung im November weiterführen.

Weitere Geschäfte


Ein neues Register soll mehr Transparenz schaffen über die ambulant tätigen Leistungserbringer, die zulasten der Grundversicherung abrechnen dürfen. Diesen Antrag beschloss die Kommission einstimmig zum Abschluss der Detailberatung über 18.047 n KVG. Zulassung von Leistungserbringern. In der Gesamtabstimmung hiess sie die Vorlage mit 16 zu 4 Stimmen bei 3 Enthaltungen gut.

Mit 17 zu 7 Stimmen beschloss die SGK-NR, auf die Vorlage 18.029 s «Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG). Änderung». einzutreten. Diese greift verschiedene Revisionsanliegen aus dem Parlament, der Rechtsprechung und Lehre sowie aus der Vollzugspraxis auf. Insbesondere sollen Missbräuche wirksamer bekämpft, der elektronische Datenaustausch mit der EU erleichtert und der Vollzug verbessert werden. Eine Minderheit war der Ansicht, die Reform fokussiere zu stark auf die Missbrauchsbekämpfung und klammere andere wichtige Anliegen aus. Zum Einstieg in die Debatte hatte die Kommission Professor Thomas Gächter angehört. Die SGK-NR wird die Detailberatung an ihrer nächsten Sitzung aufnehmen.

Ohne Gegenstimme möchte die Kommission schliesslich den Bundesrat mit einem Postulat beauftragen, die Situation der Kostenübernahme von Medikamenten für krebskranke Kinder aufzuzeigen und Handlungsfelder darzustellen, um Fälle von Ungleichbehandlungen zu vermeiden.

 
Die Kommission tagte am 25. und 26. Oktober 2018 in Bern unter der Leitung von Thomas de Courten (SVP, BL).