Spitäler, Pflegeheime und Spitex-Organisationen, die Pflegefachpersonen ausbilden, sollen von Bund und Kantonen finanziell stärker unterstützt werden. Auch die angehenden Pflegefachleute selbst sollen finanziell bessergestellt werden. Zudem sollen die Pflegefachleute mehr Kompetenzen erhalten. Dies sind die Eckwerte des indirekten Gegenvorschlags, den die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-NR) der Volksinitiative «Für eine starke Pflege» gegenüberstellen will.

​Nachdem die Kommission im Januar 2019 die Arbeit an einem indirekten Gegenvorschlag im Sinne der Pa.Iv. SGK-NR. Für eine Stärkung der Pflege, für mehr Patientensicherheit und mehr Pflegequalität (19.401 n) angestossen und im Februar 2019 über die Stossrichtung diskutiert hatte, konkretisierte jetzt die Eckwerte. Demnach sollen die Kantone den Spitälern, Pflegeheimen und Spitex-Organisationen vorgeben, wie viele Ausbildungsplätze diese für Pflegefachpersonen der höheren Fachschulen (HF) und der Fachhochschulen (FH) bereitstellen. Im Gegenzug sollen sich Bund und Kantone an den ungedeckten Ausbildungskosten der Leistungserbringer beteiligen und die Ausbildungslöhne der angehenden Pflegefachleute HF und FH aufbessern. Die Kosten dieser Ausbildungsoffensive müssen noch genauer berechnet werden, doch dürfte sich der Beitrag des Bundes in einer Grössenordnung von 400 Millionen Franken, verteilt auf acht Jahre, bewegen.
Um die Stellung der Pflegefachpersonen zu stärken, sollen diese namentlich Grundpflegeleistungen auch ohne Anordnung eines Arztes oder einer Ärztin auf Kosten der Grundversicherung erbringen dürfen. Sollten die Pflegekosten überdurchschnittlich steigen, soll der Kanton die Notbremse ziehen und die Zulassung neuer Pflegefachpersonen und Spitex-Organisationen stoppen können. Die Versicherer sollen hingegen nicht auswählen können, mit wem sie zusammenarbeiten wollen.
Zum Gegenvorschlag liegt eine Reihe von Minderheitsanträgen vor, die den Forderungen der Pflegeinitiative teils weniger, teils stärker entgegenkommen wollen. Die Kommission, die vor ihren Beratungen breite Anhörungen durchführte, erteilte der Verwaltung mehrere Abklärungsaufträge. Sie will den Vorentwurf Anfang Mai 2019 zu Ende beraten. Anschliessend ist eine Vernehmlassung vorgesehen.

Ambulant und stationär einheitlich finanzieren

Die Krankenkassen und die Kantone sollen Behandlungen einheitlich finanzieren, unabhängig davon ob diese ambulant oder stationär durchgeführt werden. Die Kommission hat eine entsprechende Gesetzesänderung, mit der sie die Pa.Iv. Finanzierung der Gesundheitsleistungen aus einer Hand. Einführung des Monismus (09.528; Humbel) umsetzt, mit 15 zu 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen. Im Lichte der Rückmeldungen aus der Vernehmlassung kam sie den Kantonen in mehreren Punkten entgegen. Erstens soll die einheitliche Finanzierung nur zusammen mit der Vorlage über die Zulassung von Leistungserbringern (18.047) in Kraft treten, die den Kantonen ermöglichen soll, den ambulanten Bereich stärker zu steuern. Zweitens soll der Bundesrat den Einbezug der Langzeitpflege in die einheitliche Finanzierung vorschlagen, sobald ausreichende Daten vorliegen. Drittens sollen die Kantone sechs Jahre Zeit erhalten, um ihren Finanzierungsanteil zu erreichen. Dieser Prozentsatz muss noch angepasst werden, nachdem die Kommission entschieden hat, die Bruttokosten als Basis zu nehmen, um Versicherte mit hohen Franchisen nicht zu benachteiligen. Er wird so festgelegt, dass die Umstellung auf die einheitliche Finanzierung für die Kantone und die Versicherer insgesamt kostenneutral ausfällt.
Mit der Vorlage, zu der verschiedene Minderheitsanträge eingereicht wurden, will die Kommission die Verlagerung von stationär zu ambulant, soweit medizinisch sinnvoll, fördern und eine koordinierte Versorgung erleichtern. Da ambulante Behandlungen in der Regel günstiger sind, wird das Kostenwachstum insgesamt gebremst. Der Bundesrat erhält nun Gelegenheit, zur Vorlage der Kommission Stellung zu nehmen. Das Ziel ist, dass die Vorlage im Hinblick auf die Herbstsession 2019 für den Nationalrat behandlungsreif ist.

Weitere Geschäfte

Die Kommission hat die verbleibenden Differenzen beim Geschäft KVG. Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit (15.083 s) beraten. Sie beantragt ihrem Rat, in allen Punkten dem Ständerat zu folgen.

Die Kommission empfiehlt dem Bundesrat, die Ausführungsbestimmungen zur Überwachung von Versicherten möglichst praxistauglich auszugestalten und auf Vorgaben zu verzichten, die zu unnötiger Bürokratie führen (Bewilligungspflicht nur für externe Spezialisten, kein amtliches Verzeichnis der Bewilligungsinhaber, kein Erfordernis einer unverhältnismässigen Berufserfahrung, keine detaillierte Reglementierung der Aktenvernichtung).

Die Kommission tagte am 4./5. April 2019 in Bern unter der Leitung ihres Präsidenten Thomas de Courten (SVP, BL) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset.