Wer Symptome einer möglichen Covid-19-Infektion hat, soll sich ohne Einschränkung testen lassen können, sobald genügend Tests verfügbar sind. Zudem soll die Epidemie dank repräsentativen Antikörpertests in der Bevölkerung besser überwacht werden. Dies empfiehlt die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) dem Bundesrat.

​Die Kommission führte mit den Bundesräten Guy Parmelin und Alain Berset eine sozialpolitische und eine gesundheitspolitische Aussprache. Sie würdigte den enormen Einsatz, den der Bundesrat und die Bundesverwaltung geleistet haben und weiterhin leisten, um die Coronavirus-Pandemie einzudämmen und deren Auswirkungen auf Gesellschaft und Wirtschaft abzudämpfen.

Mit Blick auf die nächsten zu treffenden Massnahmen beschloss sie, dem Bundesrat eine Reihe von Empfehlungen zu unterbreiten, die alle von einer Mehrheit der Kommission unterstützt werden:

Infektions- und Antikörpertests, Tracing-System

Der Bund soll regelmässige und repräsentative Infektionstests in der Gesamtbevölkerung durchführen lassen, sobald die Kapazitäten dies erlauben. Die zurzeit geltenden restriktiven Kriterien für den Zugang zu den Tests müssen angepasst werden, damit diese allen zugänglich sind, die Symptome verspüren. Zudem sind repräsentative Antikörpertests in der Gesamtbevölkerung durchzuführen, sobald diese verfügbar sind. Dadurch lässt sich die Entwicklung der Epidemie besser überwachen, und es werden Rückschlüsse auf die Immunitätsrate der Bevölkerung möglich, was für die kommenden Monate entscheidend ist. Zudem soll der Bund ein wirkungsvolles Tracing-System etablieren, um Ansteckungsketten rasch identifizieren und unterbrechen zu können. Dabei müssen die Datenschutzbestimmungen eingehalten werden. Dies soll es ermöglichen, rascher zum courant normal zurückzukehren.

Epidemie-Schutzmaterial für Firmen sicherstellen

Zum Schutz der Schweizer Wirtschaft soll der Bund die Verfügbarkeit von Epidemie-Schutzmaterial für Firmen sicherstellen, wenn diese den Betrieb ohne dieses Material nicht wieder aufnehmen können Für die schrittweise Lockerung des Lockdowns hat der Bund Hygienevorschriften für Betriebe erlassen. Hundertausende Betriebe werden nun für die Einhaltung dieser Hygienevorschriften bei der Eröffnung Schutzmaterial beschaffen müssen. Sollte dieses mengenmässig nicht verfügbar sein, entsteht für die Betriebe ein weiterer Schaden, weil sie nicht öffnen dürfen.

Den KMU-Detailhandel gegenüber Grossverteilern nicht diskriminieren

Der Bundesrat soll die COVID-19-Verordnung 2 dahingehend korrigieren, dass die Diskriminierung des KMU-Detailhandels gegenüber Grossverteilern umgehend eliminiert wird. Aufgrund der am 16. April 2020 beschlossenen Lockerung der Corona-Massnahmen dürfen Grossverteiler ab dem 27. April 2020 auf der Verkaufsfläche der Lebensmittelläden auch Güter des täglichen Bedarfs und weitere Güter verkaufen; die Sortimentsbeschränkungen werden somit aufgehoben. Einkaufsläden und Märkte dürfen hingegen erst am 11. Mai 2020 wieder öffnen.  Dies ist nach Einschätzung der Kommission eine stossende Ungleichbehandlung. 

Keine Kurzarbeitsentschädigung für Firmen mit Dividendenausschüttung

Der Bundesrat soll eine Regelung ausarbeiten, welche Unternehmen ab einer bestimmten Grösse, welche Kurzarbeit beantragen, die Ausschüttung von Dividenden im laufenden sowie im kommenden Jahr verbietet, analog zur Verordnung zur Gewährung von Krediten und Solidarbürgschaften. Eine ähnliche Regelung soll er für Unternehmen treffen, welche im laufenden Jahr bereits eine Dividende gesprochen oder ausgeschüttet haben.

Kindertagesstätten sollen finanziell unterstützt werden

Der Bundesrat soll gemeinsam mit den Kantonen eine Lösung zur Unterstützung der Kinderbetreuungsinfrastruktur finden, um deren wirtschaftliches Bestehen während der Corona-Krise zu sichern, und sich finanziell an dieser Lösung beteiligen.In ihrem Schreiben an den Bundesrat unterstützt die SGK-N ausdrücklich die entsprechenden Motionen (20.3128 und 20.3129), welche die Kommissionen für Wissenschaft, Bildung und Kultur des National- und des Ständerates eingereicht haben.

Covid-Kredite für Sozialversicherungen und Gesundheitsschutz unterstützt

Die Kommission prüfte die Kredite, die der Bundesrat dem Parlament zur Bewältigung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beantragt und die in den Sachbereich der SGK fallen. In ihrem Mitbericht zum Nachtrag I zum Voranschlag 2020 (20.007 ns) an die Finanzkommission des Nationalrates unterstützt die Kommission einstimmig die 6 Milliarden Franken für die Ausweitung der Kurzarbeitsentschädigung in der Arbeitslosenversicherung. Ebenfalls einstimmig heisst sie die insgesamt 5,3 Milliarden Franken für den COVID-19-Erwerbsersatz gut. Sie empfiehlt dem Bundesrat jedoch zu prüfen, wie er den Schwelleneffekt eliminieren kann, der dadurch entsteht, dass die von den Pandemiemassnahmen indirekt betroffenen Selbständigen (zum Beispiel Taxichauffeure) nur dann Anspruch auf den COVID-19-Erwerbsersatz haben, wenn ihr Einkommen nicht über 90 000 Franken liegt.
Mit 20 zu 3 Stimmen unterstützt die Kommission die 2,453 Milliarden Franken zur Beschaffung von Sanitätsmaterial. Sie legt jedoch Wert darauf, dass die in diesem Betrag eingeschlossenen 396 Millionen Franken für den Kauf von 330 Millionen Hygienemasken für die Bevölkerung als Kostendach zu betrachten und die Masken wenn möglich günstiger zu beschaffen sind.
In der Kommission unbestritten waren die 130 Millionen Franken, mit denen Medikamente zur Behandlung von COVID-19 beschafft werden sollen. Mit 15 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen sprach sich die Kommission auch für einen Beitrag von 10 Millionen Franken an die globale Impfstoffkoalition «Coalition for Epidemic Preparedness Innovations» (CEPI) aus.


Die Kommission tagte am 17. April 2020 in Bern unter der Leitung von Ruth Humbel (CVP, AG) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset und von Bundesrat Guy Parmelin.