Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-SR) hat einen neuen Observationsartikel beschlossen, um im Bereich der Sozialversicherungen rasch wieder versicherte Personen überwachen und konsequent gegen Missbräuche vorgehen zu können.

​Die SGK-SR hat mit 5 zu 3 Stimmen eine Vorlage verabschiedet, mit der die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geforderte klarere gesetzliche Grundlage zur Observation von Versicherten geschaffen werden soll (16.479). Sie stütze sich bei ihren Arbeiten auf den Vorschlag, welchen der Bundesrat für die geplante Reform des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts (ATSG) in die Vernehmlassung geschickt hatte.

Um eine konsequente Missbrauchsbekämpfung zu ermöglichen, sollen nach dem Willen der Kommission bei Observationen neben Bild- auch Tonaufzeichnungen gemacht sowie zur Standortbestimmung auch technische Instrumente wie GPS-Peilsender eingesetzt werden können (9 zu 3 Stimmen bzw. 8 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung). Die Kommission sprach sich zudem dafür aus, dass eine Observation an maximal 30 Tagen (mit 7 zu 3 Stimmen) innerhalb von sechs Monaten (mit 8 zu 2 Stimmen) stattfinden darf, wobei diese Frist verlängert werden kann, wenn hinreichende Gründe bestehen (mit 7 zu 3 Stimmen).

Eine Minderheit der Kommission bekämpfte die aus ihrer Sicht zu weitführenden Überwachungsmöglichkeiten. Sie wollte als Gegenmassnahme festschreiben, dass Observationen einer richterlichen Genehmigung bedürfen, unterlag jedoch mit 9 zu 3 Stimmen. Obwohl sie grundsätzlich die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage zur Überwachung von Versicherten unterstützt, stellte sie sich schliesslich gegen die Vorlage in ihrer aktuellen Form.

Der Erlass eines entsprechenden Observationsartikels war ursprünglich im Rahmen der geplanten ATSG-Reform vorgesehen. Die Kommission löste diese Bestimmung aber aus dem Paket dieser Reform heraus. Die Vorlage geht nun an den Bundesrat zur Stellungnahme. Allfällige Anträge wird die Kommission im 4. Quartal beraten. Ziel ist eine Behandlung des Geschäfts in der Wintersession.

Keine Anpassung der Rabatte bei Wahlfranchisen

Die Kommission führte die Beratungen über die vom Bundesrat geplante Anpassung der Rabatte bei Wahlfranchisen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung weiter, nachdem sie an ihrer letzten Sitzung eine erste Diskussion geführt hatte. Wie bereits ihre Schwesterkommission (vgl. Medienmitteilung der SGK-NR vom 1. September 2017), wehrt sich nun auch die SGK-SR konkret gegen die Abstufung der Franchisenrabatte und hat mit 9 zu 4 Stimmen eine gleichlautende Kommissionsmotion verabschiedet (17.3637). Damit wird der Bundesrat beauftragt, die Maximalrabatte bei allen Wahlfranchisen bei 70 Prozent des zusätzlich übernommenen Risikos zu belassen. Nach Meinung der Kommission dürfen die bestehenden Anreize zur Übernahme von Eigenverantwortung, gerade für jene Versicherten mit den höchsten Franchisen, nicht verkleinert werden, da diese Versicherten einen beachtlichen Solidaritätsbeitrag zur Finanzierung des Gesundheitswesens leisteten. Eine Minderheit der Kommission beantragt die Ablehnung der Kommissionsmotion.

Die Kommission beschäftigte sich erneut mit der Pa.Iv. Kuprecht 16.439 s (Stärkung der Kantonsautonomie bei den regionalen Stiftungsaufsichten über das BVG), dies nachdem die Schwesterkommission (SGK-NR) keine Zustimmung zu diesem Anliegen gab. Hierzu hörte die Kommission nebst der Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) auch die Zentralschweizer BVG- und Stiftungsaufsicht an. Angesichts der Tatsache, dass der Bundesrat an einer Vorlage zur Modernisierung der Aufsicht in der 1. Säule und Optimierung in der 2. Säule arbeitet und dem Parlament voraussichtlich im Frühjahr 2018 seine Reformvorschläge unterbreiten wird, sistierte die Kommission die Pa.Iv. Kuprecht einstimmig in der Meinung, dieses Anliegen dann im Rahmen der Behandlung der Botschaft einer Lösung zuzuführen.

Schliesslich informierte sich die Kommission im Rahmen einer generellen Zwischenbilanz über die Erfahrungen mit der Strukturreform in der beruflichen Vorsorge, die das Parlament am 19. März 2010 beschlossen hatte. Sie hörte die OAK BV und den Pensionskassenverband ASIP an; zudem liess sie sich auch von der Verwaltung orientieren. Die Kommission nahm von den gemachten Erfahrungen Kenntnis und diskutierte die Herausforderungen im Bereich der beruflichen Vorsorge ohne ihrerseits zum jetzigen Zeitpunkt konkreten Handlungsbedarf festzustellen.

Die Kommission tagte am 7. September 2017 in Bern unter dem Vorsitz von Konrad Graber (CVP, LU) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset.