Die SGK-S hat sich mit der
Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (19.021 n) befasst und den neuen Experimentierartikel für Cannabis, der die Voraussetzungen für befristete und streng reglementierte wissenschaftliche Studien über den Cannabiskonsum zu Genusszwecken schafft, in der Gesamtabstimmung mit 8 zu 4 Stimmen gutgeheissen. Die Kommission ist davor mit 9 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung auf die Vorlage eingetreten, wobei eine Minderheit im Ständerat Nichteintreten beantragt. Die heutige Situation in Bezug auf Cannabis in der Schweiz ist unbefriedigend; für die Kommissionsmehrheit schafft der Experimentierartikel die Möglichkeit, den Einfluss neuer Regelungen auf den Umgang mit Cannabis sowie dessen Auswirkungen vertieft zu erforschen. Sie betont, dass nur Erwachsene, die bereits Cannabis konsumieren, als Studienteilnehmende in Frage kommen. Die vom Nationalrat eingefügte Bestimmung, wonach in Studien ausschliesslich Schweizer Bio-Cannabis verwendet werden dürfe, hat die Kommission aufgrund der eingeschränkten Verfügbarkeit einstimmig dahingehend relativiert, dass dieser «wenn möglich» zu benutzen ist.
Versicherte sollen Arzt- oder Spitalrechnung kontrollieren können
Die Kommission ist einstimmig auf das
Paket 1a der Massnahmen zur Kostendämpfung in der Krankenversicherung (19.046 n) eingetreten, das der Nationalrat in der Sommersession verabschiedet hatte. Einstimmig unterstützt sie die Bestimmung, wonach die Leistungserbringer im System des Tiers payant, in dem die Krankenkasse die Rechnung zahlt, dem oder der Versicherten unaufgefordert eine Kopie der Rechnung zustellen müssen. Die Kommission beantragt jedoch, die Formulierung des Nationalrats zu vereinfachen und lediglich festzuhalten, dass Leistungserbringer und Versicherer vereinbaren können, dass letzterer die Rechnungskopie übermittelt, und dass die Übermittlung auch elektronisch erfolgen kann. Mit 8 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung lehnt die Kommission die vom Nationalrat eingefügte neue Möglichkeit von Subventionen für Patientenorganisationen ab, die Versicherte bei der Rechnungskontrolle unterstützen. Mit 8 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung befürwortet die Kommission, dass Pauschalen für ambulante Behandlungen landesweit einheitlich strukturiert werden. Sie wird die Detailberatung an ihrer nächsten Sitzung weiterführen.
Reformbedarf in der 1. Säule unbestritten
Einstimmig trat die Kommission auf die
Stabilisierung der AHV (AHV 21; 19.050 s) ein. In der Kommission war unbestritten, dass eine Reform notwendig sei, um die Renten zu sichern. Im Hinblick auf die Detailberatung von Anfang September erteilte die Kommission der Verwaltung verschiedene Abklärungsaufträge zu den Datengrundlagen, zu den Ausgleichsmassnahmen zugunsten der ersten Jahrgänge von Frauen, deren Rentenalter auf 65 Jahre erhöht wird, zur Flexibilisierung des Rentenbezugs, zur Situation der Ehepaare und zur Zusatzfinanzierung über die Mehrwertsteuer. Zum Auftakt der Beratungen hatte die Kommission Vertretungen der Kantone, der Sozialpartner sowie der Frauenorganisationen angehört.
Auswirkungen der Negativzinsen auf die Sozialversicherungen und Nullzinskonto für die Stiftung Auffangeinrichtung
Die Kommission hat weiter den
Entwurf des Bundesrates zu einer dringlichen Änderung des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge einstimmig gutgeheissen (20.056). Die auf drei Jahre befristete Änderung soll der Stiftung Auffangeinrichtung ermöglichen, Freizügigkeitsguthaben von maximal 10 Milliarden Franken auf einem Nullzinskonto bei der Bundestresorerie anzulegen. Ende April 2020 hatte die Kommission den Bundesrat in einem Schreiben aufgefordert, angesichts der Turbulenzen auf den Finanzmärkten aufgrund der Coronakrise und den anhaltenden Negativzinsen rasch Lösungen zur Sicherung der durch die Stiftung Auffangeinrichtung verwalteten Freizügigkeitsguthaben zu finden. Die Stiftung Auffangeinrichtung ist gesetzlich verpflichtet, Freizügigkeitsgelder von Personen anzunehmen, die nach einem Arbeitsverhältnis nicht sofort in ein neues Arbeitsverhältnis treten. Darüber hinaus liess sich die Kommission generell über die
Auswirkungen der Negativzinsen auf die Sozialversicherungen informieren. Sie führte dazu Anhörungen mit Vertretungen von Pensionskassen, Versicherern und Sozialversicherungen sowie Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden durch. Die Kommission stellt klar Handlungsbedarf fest und wird das Thema an künftigen Sitzungen weiterverfolgen.
Covid-19: Aussprache zur gesundheitspolitischen Lage
Die Kommission führte mit Bundesrat Alain Berset und Regierungsrat Lukas Engelberger, Präsident der GDK, eine substantielle, konstruktive Aussprache zur gesundheitspolitischen Lage angesichts der zunehmenden Fälle von Covid-19. Sie konnte sich dabei versichern, dass die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen funktioniert und sich diese der anstehenden Herausforderungen bewusst sind. Konkret bedürfen beispielsweise die Regelung von Grossveranstaltungen oder Besuche bei Personen in Palliativpflege einer raschen Lösung.
Im Einklang mit dem Bundesrat sieht die Kommission die Notwendigkeit eines Sprungs auf dem Gebiet der Digitalisierung. In diesem Zusammenhang hat sie einstimmig beschlossen, eine Kommissionsmotion (20.3923) einzureichen, die ein besseres Datenmanagement im Gesundheitsbereich verlangt.
Weitere Geschäfte
Mit 8 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen erteilte die Kommission der Pa.Iv. (Flückiger Silvia) Herzog Verena.
«Stärkung der Palliative Care. Entlastung der stationären Strukturen durch Gleichstellung von Hospizen mit Geburtshäusern» (18.437 n) keine Zustimmung. Sie anerkennt ausdrücklich den Handlungsbedarf im wichtigen Bereich der Palliative Care, möchte aber den Fokus öffnen und weitere Fragestellungen bezüglich der Leistungen zugunsten von Menschen am Lebensende bearbeiten. Sie hat sich bereits mehrmals mit diesem Thema auseinandergesetzt und ein Postulat (18.3384 Po. SGK-SR. Bessere Betreuung und Behandlung von Menschen am Lebensende) eingereicht, das der Ständerat angenommen hat. Die Kommission wird sich voraussichtlich im nächsten Quartal mit dem Postulatsbericht des Bundesrats beschäftigen und auf dieser Basis ihre Arbeiten fortsetzen. Zu diesem Zeitpunkt will sie auch über ihre nächsten parlamentarischen Schritte entscheiden.
Ebenfalls keine Zustimmung erteilte die Kommission der Pa.Iv. Nantermod
«Kostenbeteiligung. Möglichkeit eines Gesundheitssparkontos schaffen» (18.429 n), und zwar mit 10 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung.
Wie ihre Schwesterkommission liess sich die SGK-S zu Verordnungsentwürfen zur Neuregelung der psychologischen Psychotherapie konsultieren. Die Kommission unterstützt den Wechsel vom Delegations- zum Anordnungsmodell. Sie schliesst sich der Empfehlung der SGK-N an, maximal 30 Sitzungen vor dem Einholen einer Kostengutsprache durch die Versicherung vorzusehen. Bezüglich der Empfehlung der SGK-N, die Anordnungsbefugnis auf Fachärzte zu beschränken, wünscht die Kommission aus versorgungspolitischen Gründen den Einbezug von Hausärzten mit entsprechender Weiterbildung.
Die Kommission tagte am 10. und 11. August 2020 in Bern unter dem Vorsitz von Paul Rechsteiner (SP, SG) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset.