Aus Sicht der Kommissionsmehrheit ist es angezeigt, das juristische Instrumentarium der Vorlage 19.032 «Bundesgesetzes über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus» (PMT) zu verstärken. Das Gesetz wurde in der Volksabstimmung vom 13. Juni 2021 mit 56,6 Prozent Ja-Stimmen angenommen. Die Kommissionsmehrheit fragt sich, ob mit der gesicherten Unterbringung Angriffe wie jene, die sich kürzlich in Morges oder Lugano ereignet haben, hätten verhindert werden können. Dieses Thema sollte in ihren Augen vertieft werden. Die parlamentarische Initiative verlangt zudem, dass die Unterbringungsmassnahmen vom Zwangsmassnahmengericht angeordnet werden müssen, womit der Mehrheit zufolge gewährleistet ist, dass diese Anordnungen verhältnismässig und menschenrechtskonform sind.
Nach Meinung der Kommissionsminderheit käme die Einführung dieser Massnahme einer schweren Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention und des verfassungsmässig garantierten Rechts auf ein faires Verfahren gleich. Darüber hinaus seien die in der parlamentarischen Initiative erwähnten Vergehen bereits heute strafbar, weshalb sie eine diesbezügliche Verschärfung des Gesetzes nicht als notwendig erachtet.
Die Kommission hat sich auch mit der Terrorismus-Definition im PMT befasst und will diese nicht abändern. Sie hat deshalb mit 15 zu 10 Stimmen beschlossen, der parlamentarischen Initiative 21.455 («Präzisierung der Definition der ‹terroristischen Aktivität› im Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus») keine Folge zu geben. In den Augen der Kommissionsmehrheit würde eine explizite Erwähnung der Gewaltanwendung in der Terrorismus-Definition dem Zweck des PMT zuwiderlaufen, da das Gesetz eben gerade die Verfolgung von gewaltfreien terroristischen Aktivitäten ermöglichen soll (wie die Anwerbung und die Propaganda für Terrorismus oder die Terrorismusfinanzierung). Die Minderheit hebt hervor, die aktuelle Definition von terroristischen Aktivitäten sei widersprüchlich, weshalb sie befürchte, dass das PMT eingesetzt werde, um politische Aktivistinnen und Aktivisten ins Visier zu nehmen.
Im Weiteren hat sich die SiK-N dagegen ausgesprochen, die Liste der Organisationen im Bundesgesetz über das Verbot der Gruppierungen «Al-Qaïda» und «Islamischer Staat» sowie verwandter Organisationen zu ergänzen. So hat sie zwei entsprechende Vorhaben abgelehnt, und zwar die parlamentarische Initiative 20.489 («Die Organisationen ‹Islamischer Zentralrat Schweiz› und ‹Association des Savants Musulmans› sollen verboten werden») mit 13 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung und die parlamentarische Initiative 21.478 («Islamische Widerstandsbewegung [Harakat Muqawama Islamiya] Hamas ist eine extremistische, radikalislamische Terrororganisation») mit 18 zu 7 Stimmen. Die Kommissionsmehrheit weist darauf hin, dass sich ein entsprechender Beschluss gemäss Nachrichtendienstgesetz (NDG, Art. 74 Abs. 2) auf einen Verbots- oder Sanktionsbeschluss der Vereinten Nationen stützen muss. Ein Verbot der Hamas, deren Präsenz in der Schweiz nicht nachgewiesen ist, wäre in den Augen der Mehrheit reine Symbolpolitik und würde die Friedensbemühungen der Schweiz im Nahen Osten beeinträchtigen. Was den Islamischen Zentralrat Schweiz und die «Association des Savants Musulmans» anbelangt, diese Organisationen können, gemäss der Mehrheit, nicht aufgrund des NDG verboten werden. Die Kommissionminderheit bedauert, dass die Schweiz nicht selbst darüber entscheiden kann, Organisationen zu verbieten, die sie als Gefahr für die Sicherheit des Landes einstuft
Im Vorfeld ihrer Beratungen wurde die Kommission bei einem Besuch des Fedpol in Bern über die aktuelle Situation in den Bereichen Sicherheitspolitik und Terrorismusbekämpfung informiert.
Phänotypisierung: Kommission folgt weitgehend dem Ständerat
Nachdem der Ständerat in der Herbstsession grössere Änderungen an der Vorlage 20.088 («DNA-Profil-Gesetz. Änderung») vorgenommen hatte, hat sich die Kommission nun erneut mit der Vorlage befasst. Sie beantragt ihrem Rat, weitgehend den Beschlüssen des Ständerates zu folgen. Während der Einführung eines Deliktekatalogs, mit dem der Einsatz zur Phänotypisierung und die Suche nach Verwandtschaftsbezug eingeschränkt werden sollen, grossmehrheitlich zugestimmt wurde (Abstimmung: 18 zu 6 Stimmen bei 1 Enthaltung), sorgte die Erweiterung dieses Katalogs für Diskussionen. Die Kommission hat sich letztlich mit 14 zu 11 Stimmen für den restriktiveren, vom Ständerat verabschiedeten Katalog ausgesprochen.
In Bezug auf die Löschfristen der DNA-Profile im Falle eines Freispruchs, einer Einstellung oder Nichtanhandnahme hat die Kommission mit 17 zu 4 Stimmen bei 4 Enthaltungen die Bestimmung abgelehnt, wonach DNA-Profile nur mit Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts aufbewahrt und verwendet werden dürfen (Art. 16 Abs. 4). In ihren Augen widerspricht diese Bestimmung der Strafprozessordnung. Sie ist hingegen einhellig der Meinung, dass es sinnvoll ist, bei Schuldunfähigkeit des Täters eine Löschfrist von 20 Jahren im Gesetz zu verankern (Art. 16 Abs. 5). Ferner hat sich die SiK-N gegen die Entnahme von DNA-Proben bei einem Suizid ausgesprochen.
Der Nationalrat wird dieses Geschäft voraussichtlich in der Wintersession 2021 behandeln.
Die Kommission hat am 11. und 12. Oktober 2021 unter dem Vorsitz von Nationalrätin Ida Glanzmann-Hunkeler und teils in Anwesenheit der Vorsteherin des EJPD, Bundesrätin Karin Keller-Sutter in Bern getagt.