Mit dem Verordnungsveto erhält das Parlament ein Instrument, das als «Notbremse» gegen eine falsche Interpretation des Willens des Gesetzgebers durch Bundesrat und Verwaltung dient. Das vorgesehene Verfahren für die Ergreifung eines Vetos verhindert aber, dass in der Gesetzgebung unterlegene Minderheiten die Umsetzung des Willens des Gesetzgebers verzögern können.

​Die Staatspolitische Kommission (SPK) des Nationalrates hat mit 19 zu 5 Stimmen den Vorentwurf einer Gesetzesänderung angenommen, welche die Einführung des Verordnungsvetos vorsieht (14.422 Pa.Iv. Aeschi Thomas. Einführung des Verordnungsvetos). In den nächsten Tagen wird ein Vernehmlassungsverfahren zu dieser Vorlage eröffnet.

In der Praxis kommt es gelegentlich vor, dass eine Verordnung des Bundesrates nicht den Absichten des Gesetzgebers entspricht oder keine genügende gesetzliche Grundlage hat. Weil der Bundesrat die meisten Verordnungen auf der Grundlage einer Delegation durch das Gesetz erlässt, muss das Parlament, welches das Gesetz beschlossen hat, in einem solchen Fall intervenieren können. Das Verordnungsveto erlaubt der Bundesversammlung ein effizientes Eingreifen.

Es ist aber davon auszugehen, dass das Verordnungsveto vor allem eine präventive Wirkung entfalten wird. Das Verfahren des Verordnungsvetos soll so ausgestaltet werden, dass es in Ausnahmefällen als «Notbremse» dient. Dieses neue Instrument soll nicht dazu verwendet werden können, um den Rechtsetzungsprozess übermässig zu verzögern oder gar zu blockieren. Dieses Ziel wird erreicht, indem eine hohe Hürde für die Einreichung eines Antrages für ein Verordnungsveto errichtet wird (mindestens ein Drittel der Mitglieder eines Rates) und indem kurze Fristen für den Ablauf des Verfahrens gesetzt werden. Nur von der Mehrheit einer Kommission unterstützte Anträge gehen an den Rat. Damit wird einerseits das Ratsplenum entlastet. Andererseits wird dadurch auch die Funktion des Verordnungsvetos als «Notbremse» einer Parlamentsmehrheit gegen eine falsche Interpretation des Willens des Gesetzgebers durch Bundesrat und Verwaltung deutlich. Anträge, welche es ermöglichen wollen, dass auch Minderheiten Anträge für ein Verordnungsveto in den Räten einbringen können, wurden mit 14 zu 9 Stimmen (direkte Behandlung des Antrags von mindestens einem Drittel der Ratsmitglieder ohne Vorberatung durch eine Kommission) und mit 13 zu 10 Stimmen (Zulässigkeit von Anträgen einer Kommissionsminderheit) abgelehnt.

Bei der Einführung des Verordnungsvetos müssen Ausnahmen vorgesehen werden. Ein Veto ist unzulässig gegen die wenigen Verordnungen, zu deren Erlass die Bundesverfassung den Bundesrat unmittelbar ermächtigt. Ein Veto soll auch nicht die rechtzeitige Umsetzung einer Bestimmung der Verfassung, eines Gesetzes oder eines völkerrechtlichen Vertrages verhindern können, falls der Verfassungs- oder Gesetzgeber bzw. der von der Bundesversammlung oder vom Volk genehmigte Vertrag dafür eine Frist gesetzt hat. Einige Verordnungen müssen aus sachlichen Gründen ohne Verzug erlassen werden können; in den entsprechenden Spezialgesetzen sind dafür Ausnahmebestimmungen vorzusehen.

Die Kommissionsminderheit lehnt das Verordnungsveto ab. Ihrer Ansicht nach missachtet dieses neue Instrument den Grundsatz der Gewaltenteilung, wonach die Bundesversammlung für die Gesetze und der Bundesrat für die Verordnungen zuständig sind. Es führe zu einer unklaren Verteilung der Zuständigkeiten und zu einer Vermischung der Verantwortlichkeiten.

Der Vorentwurf und der erläuternde Bericht können hier eingesehen werden.