Die Kommission ist besorgt über die steigenden Asylgesuche. Die bereits angespannte Lage im Asylbereich spitzt sich zu und die Prognosen für den Herbst generieren grosse Herausforderungen für Bund und Kantone. Nebst den Gesuchen der Schutzsuchenden aus der Ukraine steigen nun auch die Gesuche von Personen, die aus wirtschaftlichen Gründen oder aufgrund der politischen Situation ihres Heimatlandes flüchten. Dies hat einen Einfluss auf die Kapazitäten der Unterkünfte für Asylsuchende und die Pendenzen der Asylgesuche. Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass in den Bundesasylzentren die Kapazitätsgrenzen erreicht sind und Asylsuchende früher an die Kantone zugewiesen werden. Sie ist der Meinung, dass diese frühzeitige Zuweisung an die Kantone eine vorübergehende Massnahme sein soll und nicht zu Verzögerungen bei den Entscheiden führen darf. Der Kern der Asylgesetzrevision, nämlich raschere und zentralisierte Verfahren, darf nicht verwässert werden. Zudem sollen beschleunigte Verfahren und eine entsprechende Priorisierung bei der Behandlung der Gesuche die Lage entschärfen.
Im Rahmen der Diskussion wurde das Budget SEM des Voranschlages 2023 (22.041) unter die Lupe genommen. Es wurde sowohl eine Erhöhung wie auch eine Kürzung des Budgets geprüft. Die Kommission hat beschlossen, keine Anträge zu stellen. Sie vertraut auf die Prognosen und entsprechende Budgetierung des SEM.
Einbürgerung Kindern und Jugendlichen mit Niederlassungsbewilligung vorbehalten
Mit 13 zu 11 Stimmen lehnt die Kommission die parlamentarische Initiative von Nationalrat Töngi «Kindern und Jugendlichen die Einbürgerung ohne Niederlassungsbewilligung ermöglichen» (22.419) ab. Mit der Initiative wird verlangt, dass Kinder und Jugendliche mit einer Aufenthaltsbewilligung F und B die Möglichkeit zur Einbürgerung erhalten. Seit Inkrafttreten des revidierten Bürgerrechtsgesetzes (BüG) im Jahr 2018 ist dies den Personen mit einer Niederlassungsbewilligung vorbehalten. Die Mehrheit der Kommission ist generell gegen eine schnelle Kadenz von Gesetzesänderungen und ist der Meinung, dass der Gesetzgeber den diesbezüglichen Entscheid zum Kriterium der Niederlassungsbewilligung bei der Revision des BüG in Kenntnis der Fakten gefällt hat. Für Personen mit einer Aufenthaltsbewilligung besteht die Möglichkeit, vorerst eine Niederlassungsbewilligung zu beantragen.
Eine Minderheit der Kommission möchte der Initiative Folge geben. Diese Kinder und Jugendlichen besuchen die Schule und erfüllen die Kriterien der Integration. Da sie aber den Aufenthaltsstatus ihrer Eltern erhalten, haben sie schlechtere Startchancen.
Keine Rechtsmittel gegen kantonale Härtefallentscheide im Asylbereich
Wird ein Härtefallgesuch einer Person aus dem Asylbereich von den kantonalen Behörden abgelehnt, so sieht das Gesetz keinen Rechtsweg vor. Mit der von Nationalrat Clivaz eingereichten parlamentarischen Initiative 22.430 «Rechtsweggarantie bei Verfahren für Härtefälle im Asylgesetz» sollte dies geändert werden. Die Kommission sieht jedoch keinen Handlungsbedarf und hat der Initiative mit 13 zu 11 Stimmen keine Folge gegeben. Bei einem negativen Asylentscheid ist der Rechtsweg möglich. Eine weitere Rechtswegmöglichkeit zu gewähren, würde zu einer grossen Unsicherheit und zu Verzögerung der Wegweisung führen.
Einer Minderheit erachtet den Ausschluss des Rechtsweges als verfassungswidrig und will der Initiative Folge geben.
An der Wegweisungspraxis soll festgehalten werden
Die Kommission spricht sich mit 15 zu 7 Stimmen bei 1 Enthaltungen gegen die Standesinitiative «Nein zur Rückführung von Asylsuchenden in Länder, in denen die Menschenrechte mit Füssen getreten werden. Keine Ausschaffungen nach Äthiopien» (21.309) des Kantons Genf aus. Die Kommission hat grundsätzlich Verständnis für das Anliegen und beobachtet die besorgniserregende Situation in Äthiopien. Sie ist aber wie ihre Schwesterkommission der Ansicht, dass die Asylverfahren und die aktuelle Wegweisungspraxis des SEM den Risiken für zurückgeführte Personen in den Herkunftsländern angemessen Rechnung trägt.
Keine Ausnahme vom Öffentlichkeitsprinzip im KVG
Die Kommission lehnt den Vorschlag des Bundesrates ab, im Rahmen des zweiten Massnahmenpakets zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen (22.062) für Dokumente zu Preismodellen bei Arzneimitteln eine Ausnahme vom Öffentlichkeitsprinzip vorzusehen (Art. 52c). Sie hat mit 16 zu 7 Stimmen beschlossen, einen Mitbericht zuhanden der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) zu verabschieden. In den Augen der Kommissionsmehrheit ist das Interesse der Bürgerinnen und Bürger bzw. der Konsumentinnen und Konsumenten, jederzeit den tatsächlichen Preis der Arzneimittel zu kennen, höher zu gewichten als alle anderen Erwägungen. Die Minderheit spricht sich für die Version des Bundesrates aus, um den Zugang zu gewissen Arzneimitteln nicht zu gefährden und einen Anstieg der Kosten zulasten der Krankenversicherung zu verhindern.
Die Kommission hat am 27. Oktober 2022 unter dem Vorsitz von Nationalrat Marco Romano (M-E, TI) in Bern getagt.