Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK-N) beantragt mit 15 zu 9 Stimmen, der von Nationalrat Thomas Aeschi eingereichten parlamentarischen Initiative 23.468 («Einreiseabgabe für Ausländerinnen und Ausländer») keine Folge zu geben. Die Kommissionsmehrheit ist der Ansicht, dass diese Abgabe ihr Ziel verfehlt und in vielerlei Hinsicht zu weit geht.

Die parlamentarische Initiative 23.468 verlangt, in die Bundesverfassung eine Bestimmung aufzunehmen, gemäss der von volljährigen Ausländerinnen und Ausländern pro Einreise in die Schweiz eine pauschale Abgabe von 25 Franken erhoben wird. Diese Massnahme soll den Übertourismus bekämpfen und ihr Ertrag soll in die AHV fliessen. Ausnahmen sollen bestehen für Grenzgängerinnen und Grenzgänger sowie für Personen, die ihren Wohnsitz innerhalb eines 30-Kilometer-Radius von der Schweizer Grenze haben. Die Kommissionsmehrheit ist zum einen der Ansicht, dass eine Abgabe in Höhe von 25 Franken Touristinnen und Touristen kaum davon abhalten würde, in die Schweiz zu kommen. Zum anderen erachtet sie die Umsetzung der Initiative als äusserst kompliziert und kostspielig. So müssten zum Beispiel wieder systematische Grenzkontrollen durchgeführt werden. Die Mehrheit geht auch davon aus, dass eine solche Regelung gegen die internationalen Verpflichtungen der Schweiz verstossen würde, namentlich gegen das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der Europäischen Union. Im Weiteren sieht sie keinen Handlungsbedarf, da es keinen schweizweiten Übertourismus gebe. Sie spricht sich vielmehr dafür aus, dort gezielte Massnahmen zu ergreifen, wo es Probleme gibt, wie im Dorf Iseltwald (BE), das eine Lösung für den Massenansturm koreanischer Touristinnen und Touristen gefunden hat. Die Kommissionsminderheit beantragt, der Initiative Folge zu geben, da die Infrastruktur der Schweiz, namentlich das Strassen- und Bahnnetz, in ihren Augen an ihre Belastungsgrenze kommt und nicht weiter ausgebaut werden kann. Sie ist der Auffassung, dass mit einer Abgabe von 25 Franken die Grenzübertritte reduziert und «gefiltert» werden könnten und zum Beispiel die Einreise von Touristinnen und Touristen verhindern, die nur durch die Schweiz reisen, ohne sich dort aufzuhalten.

Migrationsabkommen mit Marokko

Mit 14 zu 0 Stimmen bei 6 Enthaltungen beantragt die Kommission die Annahme der Motion Müller Damian 24.3373 («Migrationsabkommen mit Marokko anstreben»), welche den Bundesrat auffordert, mit Marokko Verhandlungen über ein Migrationsabkommen aufzunehmen. Das Abkommen soll eine Klausel enthalten, die zwangsweise Rückführungen per Sonderflug und Rückführungen auf dem Seeweg ermöglicht. Die Kommission ist der Ansicht, dass der Bundesrat seine Bemühungen, die Zusammenarbeit mit Marokko im Migrationsbereich in einem Abkommen zu formalisieren und die erfolgreiche Durchführung der Rückführungen sicherzustellen, fortsetzen sollte.

Auch Nationalratskommission will Gewährleistung der Genfer Verfassungsbestimmungen betreffend Elternschaftsversicherung später behandeln

Die SPK-N teilt die Auffassung ihrer Schwesterkommission des Ständerates, wonach mit der Behandlung der Gewährleistung der Bestimmungen betreffend eine Elternschaftsversicherung in der Genfer Verfassung zugewartet werden sollte. Der Bundesrat beantragt, diese in der Volksabstimmung vom 18. Juni 2023 angenommene Änderung der Verfassung des Kantons Genf nur teilweise zu gewährleisten (24.052). Das Erwerbsersatzgesetz des Bundes sieht nämlich vor, dass die Kantone zwar grosszügigere Bestimmungen für die Mutterschaftsentschädigung vorsehen können, jedoch nicht für Vaterschaftsentschädigungen. Wie ihre ständerätliche Schwesterkommission kommt die SPK-N mit 14 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung zum Schluss, dass die Bundesversammlung mit dem Entscheid über die Gewährleistung dieser Bestimmungen der Genfer Verfassung zuwartet, bis die Bundesversammlung über eine Vorlage zur Änderung des Erwerbsersatzgesetzes befunden hat, welche die Bundesrechtskonformität der Genfer Bestimmungen herstellen würde. Die Kommissionsminderheit ist der Ansicht, dass die Bundesrechtskonformität auf der Basis des aktuell geltenden Bundesrechts beurteilt werden sollte und die nichtkonformen Bestimmungen gemäss Antrag des Bundesrates jetzt nicht gewährleistet werden sollten.

Im Übrigen beantragt die Kommission die Gewährleistung der weiteren im Bundesbeschluss enthaltenen Verfassungsänderungen der Kantone Bern, Waadt, Genf und Jura.

Keine Privilegien mehr für Magistratspersonen bei der beruflichen Vorsorge, jedoch weiterhin Teuerungsausgleich für Mitglieder des Bundesrates

Gemäss geltendem Recht erhalten Magistratspersonen nach dem Ausscheiden aus dem Amt ein Ruhegehalt in der Höhe einer halben Besoldung einer amtierenden Magistratsperson. Mit 12 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung spricht sich die Kommission für eine parlamentarische Initiative (24.402) von Nationalrat Rémy Wyssmann (V, SO) aus, wonach Magistratspersonen vorsorgerechtlich wie andere Versicherte behandelt werden sollen. Die Privilegien der Magistratspersonen bezüglich ihrer Vorsorgeleistungen sind gegenüber der Bevölkerung kaum zu rechtfertigen. Es ist deshalb eine Lösung zu suchen, welche üblichen Versicherungslösungen entspricht. Nach Ansicht der Minderheit ist die geltende Regelung beizubehalten, weil nur so die Unabhängigkeit der Magistratspersonen garantiert werden könne.

Allerdings will die Kommission daran festhalten, dass die Mitglieder des Bundesrates bei ihrer Besoldung einen Teuerungsausgleich analog zum Bundespersonal erhalten und lehnt deshalb eine parlamentarische Initiative (24.404) von Nationalrat David Zuberbühler (V, AR) mit 14 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung ab. Die Koppelung an den Teuerungsausgleich des Bundespersonals stellt nach Ansicht der Kommission eine einfache Lösung dar.

Keine Kürzungen der Bezüge der Mitglieder der Bundesversammlung

Die Kommission spricht sich gegen zwei parlamentarische Initiativen von Nationalrat Andreas Glarner (V, AG) aus, welche die Bezüge der Parlamentarierinnen und Parlamentarier im Visier haben. Die Kommission lehnt zum einen die mit der Initiative 24.409 geforderte Halbierung der Bezüge mit 15 zu 9 Stimmen ab. Die Kommission hält fest, dass es nicht allen Mitgliedern der Bundesversammlung möglich ist, neben der intensiven Parlamentstätigkeit ein ausreichendes Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit zu erzielen. Im internationalen Vergleich ist die Bundesversammlung zudem eines der günstigen Parlamente. Zum anderen sollen die Mitglieder der Bundesversammlung nach wie vor auch für die Teilnahme an Sondersessionen entschädigt werden. Sondersessionen dienen zum Abbau der Geschäftslast und müssen genau gleich wie ordentliche Sessionen vorbereitet werden. Die Kommission spricht sich deshalb mit 15 zu 9 Stimmen dagegen aus, diese Arbeit unentgeltlich zu leisten, wie dies die zweite Initiative (24.418) fordert. Die Minderheit befürchtet, dass sich die Bundesversammlung immer mehr Richtung Berufsparlament entwickelt und befürwortet deshalb beide Initiativen.

Fälschungen von Unterschriften für Volksbegehren: Vorläufig kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf

Wie die Präsidentin bereits gestern Donnerstag mündlich informiert hat, hat sich die Kommission vom Bundeskanzler über die von der Bundeskanzlei getroffenen und geplanten Massnahmen bezüglich Fälschungen von Unterschriften für Volksinitiativen und Referenden informieren lassen. Die Kommission stellt fest, dass Fälschungen aufgedeckt und entsprechende Strafverfahren eingeleitet wurden. Diese Strafverfahren gilt es nun abzuwarten. Zusätzlich kann eine Überprüfung der Prozesse durch die Geschäftsprüfungskommission (GPK) sinnvoll sein. Die SPK wird die GPK in einem Schreiben darin bestärken, eine solche Untersuchung in die Wege zu leiten. Hingegen will die SPK nicht voreilig gesetzgeberisch tätig werden und z.B. kommerzielles Unterschriftensammeln verbieten oder regulieren. Auch soll keine Unsicherheit geschaffen werden, indem die Unterschriften bereits zustande gekommener Initiativen erneut geprüft werden.

Die Kommission tagte am 05./06. September 2024 unter dem Vorsitz von Nationalrätin Greta Gysin (G, TI) in Bern.