Der Status der vorläufigen Aufnahme von Ausländerinnen und Ausländern soll nicht durch einen neuen Status der voraussichtlich länger dauernden Schutzbedürftigkeit ersetzt werden. Wer keine Asylgründe hat, soll nicht integriert werden; das Ziel seiner späteren Rückreise darf nicht aus dem Auge verloren werden.

​Die Staatspolitische Kommission (SPK) des Ständerates hat Kenntnis genommen vom Bericht des Bundesrates vom 12. Oktober 2016 «Vorläufige Aufnahme und Schutzbedürftigkeit: Analyse und Handlungsoptionen». Der Status der vorläufigen Aufnahme wird seit längerer Zeit kritisiert. Der Bericht des Bundesrates stellt fest, dass die grosse Mehrheit der vorläufig aufgenommenen Ausländerinnen und Ausländer nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft in der Schweiz bleibt, weil eine Rückkehr in den Heimatstaat nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Der Bericht geht davon aus, dass ein erhebliches Potenzial besteht für eine bessere Integration der vorläufig aufgenommenen Personen in den Arbeitsmarkt.

Der Nationalrat hat auf der Grundlage dieses Berichtes eine Motion angenommen, welche den Status der vorläufigen Aufnahme durch einen neuen Status der voraussichtlich länger dauernden Schutzgewährung ersetzen soll (17.3270 Mo. Nationalrat [SPK-NR]. Ersatz des Status der vorläufigen Aufnahme). Die Kommission betrachtet diese Motion als nicht zielführend und beantragt dem Ständerat mit 7 zu 4 Stimmen ihre Ablehnung. Die Asylpolitik kann für die Bevölkerung nur dann glaubwürdig bleiben, wenn sie dem Schutz von wirklich verfolgten Personen dient. Es stösst zunehmend auf Unverständnis, dass Personen ohne Asylgründe die Sozialhilfe belasten, nachdem sie wegen Undurchführbarkeit oder Unzumutbarkeit der Wegweisung vorläufig aufgenommen worden sind. Die Zielsetzung sollte nicht die Integration, sondern die Rückreise dieser Personen in ihr Herkunftsland sein, sobald diese Rückreise möglich wird. Es dürfen keine falschen Anreize geschaffen werden, indem Personen ohne Flüchtlingseigenschaft dieselbe Sozialhilfe erhalten wie anerkannte Flüchtlinge und Einheimische.

Die Mängel der vorläufigen Aufnahme sollen auf andere Weise behoben werden. Beide Staatspolitische Kommissionen haben bereits im letzten Jahr der parlamentarischen Initiative von Ständerat Philipp Müller Folge gegeben (16.403 Pa.Iv. Müller Philipp. Familiennachzug. Gleiche Regelung für Schutzbedürftige wie für vorläufig Aufgenommene), welche die vom Asylgesetz bereits vorgesehene, aber vom Bundesrat noch nie angewendete „Gewährung vorübergehenden Schutzes“ in dem Sinne modifizieren will, dass dabei kein umfassender Familiennachzug mehr möglich ist. Dieser Status hat gegenüber der vorläufigen Aufnahme den Vorteil, dass keine individuellen Asylverfahren mehr durchgeführt werden müssen und dass die Schutzbedürftigen betreffend Sozialhilfe anders als vorläufig Aufgenommene nicht besser behandelt werden als Asylsuchende.

Die Kommissionsminderheit vertritt wie der Bundesrat die Auffassung, dass eine Rückreise der vorläufig Aufgenommenen nach vielen Jahren Aufenthalt in der Schweiz nicht realistisch sei. Die Zeit würde besser für die Integration dieser Personen genutzt; damit könnten im Effekt mehr Sozialkosten eingespart werden.

Behandlung von Volksinitiativen: keine weiteren Reformschritte

Die Kommission hat bereits an ihrer Sitzung vom 13. Januar 2017 beschlossen, ihre im Jahre 2015 entwickelten Vorschläge für eine Überprüfung des Kriteriums der Einheit der Materie und für ein Verbot von sogenannten Durchsetzungsinitiativen nicht weiter zu verfolgen (siehe Medienmitteilung vom 13. Januar 2017). Hängig blieb noch die Umsetzung von zwei weiteren parlamentarischen Initiativen (15.477 Pa.Iv. SPK-SR. Fakultative, unverbindliche formell- und materiellrechtliche Vorprüfung von Volksinitiativen und 15.478 Pa.Iv. SPK-SR. Publikation von indirekten Gegenentwürfen in den Abstimmungserläuterungen des Bundesrates). Diese kleinen Änderungen rechtfertigen es jedoch nicht, den Gesetzgebungsapparat in Gang zu setzen. Das Anliegen der pa.Iv. 15.478 kann auch ohne Gesetzesänderung durch eine Änderung der Praxis der Bundeskanzlei erfüllt werden. Die Bundeskanzlei wird durch ein Schreiben der Kommission dazu eingeladen.

Die Kommission tagte am 28. August 2017 unter dem Vorsitz ihres Präsidenten, Ständerat Peter Föhn (V, SZ), in Bern.