Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK-N) widmete dem Mandatsentwurf für Verhandlungen mit der EU acht Stunden Sitzungszeit und nahm sich des Entwurfs dabei in seiner ganzen Breite an. Sie begrüsst die Verhandlungsaufnahme mit der EU mehrheitlich (16 zu 8 Stimmen) und unterstützt eine konstruktive Fortsetzung des bilateralen Wegs, diskutierte jedoch viele Punkte auch kontrovers.

Im Anschluss an eine Anhörung von Expertinnen und Experten zu institutionellen Aspekten des Mandatsentwurfs (Prof. Dr. Michael Ambühl, Prof. Dr. Dr. h.c. Carl Baudenbacher, Prof. Dr. Astrid Epiney, Prof. Oliver Zimmer, Prof. Dr. Philipp Zurkinden – Präsentationen und Handouts unter Das Parlament und das Verhandlungsmandat mit der EU zugänglich), sowie der SBB und des Verbands öffentlicher Verkehr zum internationalen Schienenverkehr, beugte sich die Kommission über rund 30 beantragte Präzisierungen und Änderungen des Mandatsentwurfs.

In institutioneller Hinsicht unterstützt die Kommission den angestrebten Paketansatz, fordert den Bundesrat jedoch auf, keinen Vertrag mit der EU abzuschliessen, der Ausgleichsmassnahmen in anderen Verträgen vorsieht. Während dieser Grundsatz mit 14 zu 10 Stimmen (1 Enth.) eine Mehrheit fand, lehnte die WAK-N weitere Vorschläge für eine Anpassung des Mandatsentwurfs bezüglich institutioneller Fragen, insbesondere der dynamischen Rechtsübernahme und der Streitbeilegung, ab. Auch in anderen intensiv diskutierten Bereichen, vorab der Personenfreizügigkeit, den staatlichen Beihilfen, dem internationalen Schienenverkehr, der Landwirtschaft, der Lebensmittelsicherheit sowie dem Schweizer Beitrag an die EU, sprach sich die Kommission – oft mit knappem Mehr – gegen eine Konkretisierung oder Einengung des Mandatsentwurfs aus. Zum für die Wirtschaft zentralen Stromabkommen verabschiedete sie hingegen eine Reihe von Empfehlungen (alle mit 13:12 Stimmen bzw. mit Stichentscheid des Präsidenten):

Das Verhandlungsmandat beim Stromabkommen ist auf die Integration der Schweiz in das europäische Stromnetz und damit auf den Aspekt der Netzstabilität sowie allenfalls zum Stromhandel zu beschränken. Insbesondere ist der Bereich der Stromproduktion (inklusive nationale Produktionsreserven) vom Verhandlungsmandat auszuschliessen. Ferner ist das Verhandlungsmandat so zu beschränken, dass sämtliche gegenwärtig in der Schweiz praktizierten Beihilfen auf sämtlichen staatlichen Ebenen im Strombereich (Handel und Produktion) explizit nicht diesem Abkommen unterstellt werden.

Weiter empfiehlt die WAK-N dem Bundesrat, bei den Verhandlungen zu einem Stromabkommen von weiteren Liberalisierungen des Schweizer Strommarkts abzusehen, bzw. bei Wahlmöglichkeit für Haushalte und KMU nicht den Verbleib in der Grundversorgung als Ausnahme, sondern als Regel und den Schritt in den liberalisierten Strommarkt als Ausnahme von der Regel festzulegen. Ebenso sollen nötige Ausnahmen vom EU-Recht im Bereich der staatlichen Beihilfen im ausgehandelten Paket verbindlich festgehalten werden. Auf die Entflechtung der Verteilnetzbetreiber ist zu verzichten.

Im Sinne einer Gesamtwürdigung stimmt die Kommission dem Mandatsentwurf mit 16 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung zu.

Klare Regelungen für Bundesunternehmen im Wettbewerb mit Privaten

Mit 20 zu 5 Stimmen gibt die Kommission der von Nationalrat Jürg Grossen eingereichten parlamentarischen Initiative 23.462 Folge. Sie erkennt deutlichen Bedarf, eindeutigere Rahmenbedingungen für den Wettbewerb zwischen Bundesunternehmen und Privaten zu schaffen. Gerade das Beispiel der Post werfe ein Schlaglicht auf die Frage, wie weit und mit welchen Dienstleistungen öffentliche Unternehmen oder Anstalten auf dem Markt aktiv werden sollen. Verschärft werde die Konkurrenzsituation im Wettbewerb mit privatwirtschaftlichen Unternehmen nicht zuletzt durch Teilprivatisierungen. Insbesondere will die WAK-N eine Regelung erarbeiten, um eine Verzerrung des Wettbewerbs durch Quersubventionierungen aus dem Monopolbereich zu verhindern. Gemeinsam mit zwei dort hängigen Initiativen (23.461 und 23.469) desselben Inhalts wird sich nun die ständerätliche Schwesterkommission mit der parlamentarischen Initiative befassen.

Kein reduzierter Mehrwertsteuersatz auf Strom

Die parlamentarische Initiative 23.456 verlangt, die Netznutzung und den Strom dem reduzierten Mehrwertsteuersatz von 2,6 % zu unterstellen. Die WAK-N gibt diesem Anliegen mit 14 zu 11 Stimmen keine Folge. Die Kommissionsmehrheit sieht in der Mehrwertsteuer kein taugliches Mittel, um auf die Teuerung zu reagieren. Auch habe der Nationalrat das Anliegen erst kürzlich klar abgelehnt (Mo. Kamerzin 22.3900). Die Minderheit möchte mit der Reduktion des Mehrwertsteuersatzes auf Strom einen Beitrag gegen die Erosion der Kaufkraft und der Wirtschaftskraft leisten.

Steuerliche Entlastung des Mittelstands

Die Kommission hat mit 12 zu 12 Stimmen und Stichentscheid des Präsidenten entschieden, einer parlamentarischen Initiative von Nationalrat Thomas Burgherr (23.457) Folge zu geben, die einen Ausgleich der warmen Progression – auch reale Progression genannt – bei der direkten Bundessteuer bewirken soll. Ziel dieser Initiative ist es, insbesondere den Mittelstand steuerlich zu entlasten.

Mehr Flexibilität bei Homeoffice

Die Kommission hat die Arbeiten an der parlamentarischen Initiative 16.484 wieder aufgenommen und beschlossen, einen Vorentwurf auszuarbeiten, der deren Eckwerte aufgreift. Sie hat mit 17 zu 7 Stimmen einem Antrag zugestimmt, wonach für Arbeitnehmende, die ihre Arbeitszeiten zu einem namhaften Teil selber festsetzen können, unter anderem der Zeitraum der Tages- und Abendarbeit verlängert werden und für Sonntagsarbeit, die zu Hause erbracht wird, keine Bewilligung nötig sein soll.

Weitere Beschl​üsse

Im Zusammenhang mit der Vorlage zum Systemwechsel beim Eigenmietwert (17.400) hat die Kommission die Verwaltung mit weiteren Abklärungen betreffend die Bestimmung des sachgerechten Schuldzinsenabzugs beauftragt. Sie wird die Differenzbereinigung im dritten Quartal wieder aufnehmen.

Die Kommission hat am 12./13. Februar 2024 unter dem Vorsitz von Nationalrat Thomas Aeschi (SVP/ZG) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Guy Parmelin in Bern getagt.