Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates (WBK-S) bekräftigt die Bedeutung der Anbindung der Schweiz an den europäischen Forschungsraum. Sie beantragt einstimmig den Beitritt der Schweiz zu sechs europäischen Forschungsinfrastrukturnetzwerken und unterstützt den Bundesrat in seinen Bestrebungen, die Blockade im Horizon-Dossier zu überwinden.

Beitritt der Schweiz zu sechs europäischen Forschungsinfrastrukturnetzwerken

Die Kommission unterstützt einstimmig den Beitritt der Schweiz zu sechs Forschungsinfrastrukturnetzwerken (22.030). Mit diesem Beschluss können sich Schweizer Forschende vollumfänglich und gleichberechtigt mit ihren europäischen Kolleginnen und Kollegen an folgenden Netzwerken beteiligen: «Biobanking and Biomolecular Resources Research Infrastructure», «Consortium of European Social Science Data Archives», «Digital Research Infrastructure for the Arts and Humanities», «European Clinical Research Infrastructure Network», «European Plate Observing System» und «Integrated Carbon Observation System».

Um das Beitrittsverfahren zu den europäischen Forschungsinfrastrukturnetzwerken künftig zu vereinfachen, spricht sich die Kommission für die Änderung des Bundesgesetzes über die Förderung der Forschung und Innovation (FIFG) aus, wonach der Entscheid über den Beitritt der Schweiz zu anderen Forschungsinfrastrukturen des «European Research Infrastructure Consortium» (ERIC) an den Bundesrat delegiert werden soll.

Horizon Europe: Kommission gibt Impuls zur Überwindung der Blockade

Die Kommission hat sich mit Bundesrat Guy Parmelin, Vorsteher des WBF, über die blockierten Verhandlungen der Schweiz mit der EU zum Horizon-Dossier ausgetauscht. Sie möchte den Bundesrat in seinen Bestrebungen unterstützen, die Verhandlungen auf politischer Ebene zu deblockieren. Nach Meinung der Kommission braucht es einen Effort zwischen Bundesrat und EU-Kommission. Dabei soll der Bundesrat auch unterstreichen, dass die Schweiz in zwei zentralen Punkten der Europäischen Kommission entgegenkommt: einerseits im Bereich der dynamischen Rechtsübernahme und anderseits in der Streitbeilegung unter Berücksichtigung der Auslegungshoheit des EuGH hinsichtlich EU-Recht. Der Bundesrat wird eingeladen, in den sensiblen Bereichen der Personenfreizügigkeit konkrete und dauerhafte Schutzbestimmungen einzufordern. Die Schweiz als Drittstaat muss hier ihre legitimen und berechtigten Interessen einbringen. Weil die EU-Kommission das Horizon-Dossier mit den institutionellen Aspekten verknüpft, erachtet die Kommission den Beschluss des Nationalrates zur Erhöhung der Kohäsionsgelder hingegen als nicht zielführend. Die Kommission wird sich in diesem Sinne gegenüber der APK-S äussern.

Ethikgrundsätze im Sport

Die Kommission hat im Beisein der zuständigen Bundesrätin Viola Amherd und einer Vertretung von Swiss Olympic Kenntnis genommen von den Massnahmen, die das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) nach den Vorfällen rund um die Rhythmische Gymnastik und das Kunstturnen ergriffen hatte. Nach der Präsentation des externen Untersuchungsberichts der Anwaltskanzlei Rudin Cantieni Rechtsanwälte AG hat sich die Kommission erneut klar für einen besseren Schutz der Sportlerinnen und Sportler ausgesprochen.

Sie begrüsst deshalb die Massnahmen des VBS für eine bessere Verankerung der ethischen Grundsätze im Schweizer Sportsystem, zu denen unter anderem die Schaffung der Missbrauchsmeldestelle bei Swiss Sport Integrity und die Revision der Sportförderungsverordnung (SpoFöV) gehören. Künftig soll in dieser Verordnung verankert sein, welche Ethik- und Sicherheitsvorgaben Sportorganisationen erfüllen müssen, um Finanzhilfen des Bundes erhalten zu können. Die Kommission erwartet allerdings eine pragmatische Umsetzung der detaillierten und strengen Vorgaben, um übermässige Kontroll- und Vollzugsaufwände zu vermeiden. Mit 6 zu 6 Stimmen und Stichentscheid des Präsidenten spricht sie sich zudem dafür aus, dass in den Anforderungen für die Sportverbände in Sachen Organisation und Verwaltungsführung (Good Governance) zusätzlich zu den Grundsätzen der Verhältnismässigkeit und der Rechtsgleichheit (Art. 72c Abs. 2 SPoFöV) die Besonderheiten des Schweizer Milizsystems zu berücksichtigen sind.

Auch WBK-S beantragt Verlängerung der Finanzhilfen für die familienergänzende Kinderbetreuung

Die WBK-S beantragt ihrem Rat mit 9 zu 1 Stimmen, die Bundesbeiträge an die familienergänzende Kinderbetreuung bis Ende des Jahres 2024 zu verlängern (22.403). Aktuell befindet sich eine Vorlage in der Vernehmlassung, die diese Finanzhilfen in eine stetige Unterstützung überführen will (21.403). Mit Blick auf das allfällige Inkrafttreten dieser neuen Vorlage erachtet es die Kommission als opportun, die Möglichkeit zur Auszahlung der bestehenden Finanzhilfen bis dahin zu verlängern.

Regelung zur Eizellenspende

Die Kommission hat sich eingehend mit dem Thema Eizellenspende befasst. Dabei hat sie die von ihrer nationalrätlichen Schwesterkommission eingereichte Motion 21.4341 «Kinderwunsch erfüllen, Eizellenspende für Ehepaare legalisieren» vorberaten. Sie wird voraussichtlich an ihrer Augustsitzung einen formellen Beschluss fassen.

Um sich umfassend über die Eizellenspende zu informieren und dieses Thema in seiner Komplexität erfassen zu können, hat die Kommission Vertreterinnen der Nationalen Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK), der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG), der Universität Bern und von Biorespect angehört. Im Mittelpunkt der konstruktiven und informativen Diskussion standen die körperliche und geistige Integrität der Eizellenspenderinnen sowie die Anerkennung der Risiken für die Empfängerinnen und die ungeborenen Kinder, die bei der Eizellenspende angewandten Auswahlmethoden, das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen biologischen Abstammung, die freie Zustimmung der Spenderin nach umfassender Information, die Entschädigungs- und Ausgleichsverfahren für die Spenderinnen sowie die Vorgaben für die Umsetzung einer solchen Gesetzgebung, namentlich die medizinischen Indikationen und die Altersgrenze für die Spenderinnen.

Digitalisierung und Datenpolitik

Die Kommission hat sich mit den aktuellen Herausforderungen im Bereich Digitalisierung und Datenpolitik in der Schweiz befasst. Sie hat im Austausch mit Vertretern der Swiss Data Alliance, von Interpharma und des Schweizer Kompetenzzentrums für Sozialwissenschaften (FORS) die anstehenden Handlungsfelder auf Bundesebene umrissen. Sie hat beschlossen, das Thema an der kommenden Sitzung weiter zu vertiefen. In diesem Rahmen hat die Kommission die Motion 21.3021 Mehrwert für Forschung und Gesellschaft durch datenbasierte Ökosysteme im Gesundheitswesen ihrer Schwesterkommission vorgeprüft. Sie beantragt ihrem Rat einstimmig deren Ablehnung; sie erachtet die Einsetzung einer Arbeitsgruppe zur Erarbeitung eines Berichts als nicht zielführend. Es braucht aus Sicht der Kommission griffigere Massnahmen, um in diesem wichtigen Thema vorwärts zu kommen.

Lohngleichheitsanalysen in den Unternehmen nach Gleichstellungsgesetz

Im Sommer 2020 wurde für Arbeitgebende mit 100 oder mehr Mitarbeitenden die Pflicht zur Durchführung einer betriebsinternen Lohngleichheitsanalyse eingeführt. Die Kommission nutzte die Gelegenheit, um sich über die erste Analyserunde informieren zu lassen. Sie hörte zu diesem Zweck Vertreter einer Firma an, die zahlreiche Lohngleichheitsanalysen durchgeführt hat, sowie Vertreterinnen und Vertreter der Branche der Revisorinnen und Revisoren (EXPERTsuisse). Eine Evaluation der Wirksamkeit dieser Analysen ist für das Jahr 2025 vorgesehen.

Die Kommission zeigt sich grundsätzlich mit dem Prozess zufrieden und nahm zur Kenntnis, dass gemäss heutiger Einschätzung die geprüften Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen grossmehrheitlich die Lohngleichheit einhalten.

Die Kommission hat am 20./21. Juni 2022 unter dem Vorsitz von Ständerat Benedikt Würth (M-E, SG) und teilweise im Beisein von Bundesrätin Viola Amherd, Vorsteherin des VBS, und Bundesrat Guy Parmelin, Vorsteher WBF, in Bern getagt.