Der Nationalrat und ständerat in Kürze

(sda) SESSIONSENDE: Mit den Schlussabstimmungen haben die eidgenössischen Räte am Freitag die Herbstsession beendet. Zehn Vorlagen kamen parlamentarisch unter Dach und Fach, darunter der Bundesbeschluss zur No-Billag-Initiative, die das Parlament zur Ablehnung empfiehlt. Auch das neue Geldspielgesetz verabschiedeten die Räte. Dieses erlaubt Schweizer Casinos, Geldspiele im Internet anzubieten, und ermöglicht die Sperrung des Zugangs zu ausländischen Online-Geldspielen.

DEBATTENKULTUR: Der Nationalrat hält nichts davon, die Abläufe der Debatten im eigenen Rat zu überprüfen. Cédric Wermuth (SP/AG) hatte das mit einem Postulat gefordert, um mehr "echte Debatten" zu ermöglichen. Viele Debatten im Nationalrat seien heute keine eigentlichen Debatten, sondern Simulationen davon, kritisierte er. Wermuth schlug vor, die Zwischenfrage im Anschluss an ein Votum zu erweitern. Dagegen sollte die Berichterstattung der Kommission auf eine Person reduziert oder die Anzahl Redner bei Volksinitiativen geprüft werden. Der Nationalrat lehnte das Postulat mit 125 zu 58 Stimmen bei 10 Enthaltungen ab.

LANDWIRTSCHAFT: Bund und Kantone sollen weitere Massnahmen ergreifen, um den von Frostschäden betroffenen Landwirten zu helfen. Der Nationalrat hat einer Motion von Jacques Bourgeois (FDP/FR) stillschweigend zugestimmt. Bourgeois schlägt als Massnahmen die Gewährung zinsloser Darlehen oder einen Aufschub der Rückzahlung von Investitionskrediten vor. Vertieft abgeklärt werden müsse auch, ob der Staat künftig teilweise für die Versicherungsprämien gegen witterungsbedingte Risiken aufkomme. Der Bundesrat zeigte sich einverstanden mit der Motion. Langfristig will er prüfen, wie die Landwirtschaft vor den Risiken von Naturschäden besser geschützt werden kann.

VERWAHRUNG: Bei verwahrten Straftätern wird jährlich geprüft, ob und wann sie bedingt entlassen werden können. Nach drei negativen Entscheiden soll das in Zukunft nur noch alle drei Jahre überprüft werden. Das verlangt der Nationalrat mit einer Motion. Gutachten seien teuer, zudem bestehe die Gefahr, dass die verwahrte Person sich verstelle und so eine Freilassung erwirke, schreibt Bernhard Guhl (BDP/AG) in der Begründung seines Vorstosses. Falls ein Gutachten mehrmals in Folge negativ ausfalle, sei zu erwarten, dass es auch beim nächsten Mal negativ ausfallen werde. Der Bundesrat teilt das Anliegen. Die Motion geht nun an den Ständerat.

ÄRZTE: Der Ärztetarif TARMED soll regelmässig überprüft und weiterentwickelt werden. Um Blockaden zu verhindern, soll auch das Genehmigungsverfahren angepasst werden: Kein Tarifpartner soll über ein Vetorecht verfügen. Das verlangt der Nationalrat. Er hat eine Motion der FDP mit dieser Forderung stillschweigend angenommen. Diese zielt darauf ab, auch im ambulanten eine Tarif-Organisation zu schaffen. Für die Spitaltarife ist seit Einführung der Fallpauschalen 2012 die Organisation SwissDRG zuständig. Der Bundesrat unterstützt das Anliegen grundsätzlich. Die Motion geht nun an den Ständerat.

KRANKENKASSE: Versicherte von Krankenkassen, die nach unbekannt weggezogen sind und nicht mehr kontaktiert werden können, sollen vom Risikoausgleich ausgenommen werden. Das verlangt der Nationalrat. Er hat eine Motion von Heinz Brand (SVP/GR) stillschweigend angenommen. Heute endet die obligatorische Krankenversicherung erst, wenn eine Person nicht mehr der Versicherungspflicht untersteht. Da nicht mehr auffindbare Versicherte weiterhin im Risikoausgleich aufgeführt werden müssten, seien die Krankenversicherer gezwungen, zeitlich unlimitiert entsprechende Beiträge zu leisten, ohne Prämien einkassieren zu können, argumentiert Brand. Die Motion geht nun an den Ständerat.

ZOLL I: Der Nationalrat verlangt vom Bundesrat, dass die Zollverwaltung zu ihrer pragmatischen Praxis bei Kontrollen und Verstössen zurückkommt. Er hat eine Motion von Thomas de Courten (SVP/BL) stillschweigend angenommen. Bis 2016 seien Kontrollen rasch und unbürokratisch und Strafverfahren in Bagatellfällen nur bei Wiederholungen durchgeführt worden, schreibt dieser in seiner Begründung. Seit 2017 wende die Zollverwaltung willkürliche, pedantische und rigide Strafpraxis an. Das Speditionsgewerbe werde mit Tausenden zusätzlichen Bagatellstrafverfahren überflutet. Laut Bundesrat hatte die Finanzkontrolle festgestellt, dass die frühere Praxis mit dem Legalitätsprinzip unvereinbar ist. Er ist aber bereit, das Zollgesetz entsprechend zu ändern. Die Motion geht nun an den Ständerat.

ZOLL II: Der Nationalrat will das System vereinfachen, mit dem ausländische Touristen die Mehrwertsteuer auf ihren Einkäufen in der Schweiz zurückfordern können. Er hat eine Motion von Albert Vitali (FDP/LU) stillschweigend angenommen. Vitali schwebt dabei ein elektronisches Terminal am Flughafen oder grösseren Bahnhöfen vor. In verschiedenen Staaten seien bereits solche Systeme in Betrieb, argumentiert Vitali. Aus seiner Sicht würde dies zu einer Aufwandreduktion beim Zollpersonal führen. Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motion. Nun entscheidet der Ständerat.

CYBERKRIMINALITÄT: Im Kampf gegen die organisierte Computerkriminalität will der Nationalrat eine zentrale Anlauf- und Koordinationsstelle schaffen. Diese soll die Arbeit der zuständigen Stellen von Bund und Kantonen schaffen. Der Nationalrat hat eine Motion von Marcel Dobler (FDP/SG) stillschweigend angenommen. Der Bundesrat hatte sich bereit erklärt, den Auftrag anzunehmen. Nun muss noch der Ständerat über die Motion entscheiden.

PETITIONEN: Der Nationalrat hat drei Petitionen abgelehnt. Das Anliegen der Jugendsession, die Eizellenspende zuzulassen, scheiterte knapp mit 90 zu 88 Stimmen bei 15 Enthaltungen. Eine Petition für ein Verbot von Privatflügen im Gebiet Jungfrau-Aletsch lehnte der Rat einstimmig ab. Eine weitere verlangte, dass die Beschränkung auf 2 Ampere beim Erstellen von elektrischen Installationen durch Laien aufgehoben wird. Auch diese wurde einstimmig abgelehnt.

RÜCKTRITTE: Nationalratspräsident Jürg Stahl (SVP/ZH) hat am letzten Sessionstag die scheidenden Ratsmitglieder Maja Ingold (EVP/ZH), Hermann Hess (FDP/TG) und Hansjörg Walter (SVP/TG) verabschiedet. Bei Ingold hob er das soziale Engagement hervor, bei Walter erwähnte er, dass dieser 2008 beinahe in den Bundesrat gewählt worden war. Hess, der während der zwei Jahre im Rat nie das Rat ergriff und keine Vorstösse einreichte, nannte Stahl einen "Gentleman alter Schule". Er habe seine Rolle nicht als Plauderer gesehen. Auf Ingold folgt Nik Gugger, auf Hess Hansjörg Brunner. Diana Gutjahr wird Nachfolgerin von Walter.