Der Nationalrat in Kürze
(sda) KADERLÖHNE: Der Nationalrat will die Löhne der Chefs von Bundes- und bundesnahen Unternehmen deckeln. Als Referenzgrösse dient der Bundesratslohn. Die Mitglieder der Landesregierung verdienen 475'000 Franken pro Jahr. Die Kaderlöhne sollen aber nicht auf diesen Betrag begrenzt werden, sondern auch die übrigen Bezüge und den aufgerechneten Rentenanspruch umfassen. Je nach Berechnungsmethode kommt so ein Lohn von ungefähr einer Million Franken zusammen. Die parlamentarische Initiative, die der Nationalrat am Montag angenommen hat, geht nun an den Ständerat. Dessen vorberatende Kommission hatte dem Anliegen schon einmal eine Abfuhr erteilt.
MEDIEN: Der Nationalrat macht Platz für grössere Medienunternehmen. Er will die Regel abschaffen, wonach ein Veranstalter maximal zwei Fernseh-Konzessionen und zwei Radio-Konzessionen halten kann. Zudem sollen die publizistischen Versorgungsgebiete vergrössert werden. De Rat hat eine Motion der Kommission für Verkehr- und Fernmeldewesen (KVF) mit 106 zu 72 Stimmen angenommen. Laut Kommissionssprecherin Regula Rytz (Grüne/BE) könnten die Unternehmen organisatorische, personelle und finanzielle Synergien nutzen und so die Wirtschaftlichkeit verbessern.
AUSLANDSCHWEIZER: Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer sollen zu ähnlichen Konditionen wie in der Schweiz Zugang zu den Dienstleistungen von PostFinance bekommen. Das verlangt der Nationalrat mit seiner Unterstützung für eine Motion der Aussenpolitischen Kommission (APK). Er ist der Auffassung, dass PostFinance als 100-prozentige Tochter der Post eine besondere Verantwortung gegenüber Auslandschweizern hat. Die Postverordnung müsse entsprechend angepasst werden. Nun ist der Ständerat am Zug.
PFLEGEHEIME: Bei der Regelung zur Finanzierung von Aufenthalten in ausserkantonalen Pflegeheimen gibt es keine Einigung zwischen National- und Ständerat. Der Nationalrat schickte das Geschäft in die Einigungskonferenz. Die Differenz dreht sich um die Restkosten für Aufenthalte in Pflegeheimen. Der Nationalrat will, dass für die Festsetzung dieser Restkosten die Regeln des Standortkantons des Heims gelten, sofern die Kantone keine anderslautenden Vereinbarungen abgeschlossen haben. Der Ständerat will, dass der Wohnsitzkanton die Restfinanzierung nur nach den Regeln des Standortkantons des Heims übernehmen muss, wenn er selbst keinen Heimplatz zur Verfügung stellen kann.
GESETZGEBUNG: Mit Verfalldaten für Gesetze will der Nationalrat gegen Überregulierung angehen. Er hat dazu einer parlamentarischen Initiative von Hans-Ueli Vogt (SVP/ZH) knapp Folge gegeben, mit 97 zu 84 Stimmen und bei sieben Enthaltungen. Die Mehrheit der Staatspolitischen Kommission hatte die Initiative unterstützt. Sie war der Auffassung, dass eine regelmässige Überprüfung und allfällige Aufhebung oder Anpassung einer Überregulierung entgegenwirken könnten. Die Ständeratskommission dagegen lehnt solche Sunset-Klauseln ab.
ZEITSCHRIFTEN: Der Nationalrat will nicht das Kartellgesetz ändern, um gegen zu hohe Preise von Zeitschriften aus dem Ausland vorzugehen. Er gab einer parlamentarischen Initiative von Dominique de Buman (CVP/FR) nicht Folge. De Buman wollte bei Preisbindungen für Wiederverkäufer ansetzen: Preisbindungen sollten bei missbräuchlich hohen Preisen von der Wettbewerbskommission untersagt werden können, auf Antrag des Preisüberwachers. Die Wirtschaftskommission hatte sich gegen die Initiative ausgesprochen, weil sie die Ergänzung des Kartellgesetzes für ungeeignet hält. Gegen zu hohe Preise für Zeitschriften aus dem Ausland will aber auch sie vorgehen.
ELTERNZEIT: Der Nationalrat ist gegen eine Auszeit für beide Eltern nach der Geburt eines Kindes. Er lehnte eine parlamentarische Initiative der Berner GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy ab. Sie wollte die heutige Mutterschaftsentschädigung von 14 Wochen um eine Vaterschaftsentschädigung von maximal ebenfalls 14 Wochen ergänzen und eine Elternzeit schaffen. Die Vaterschaftsentschädigung sollte nur gewährt werden, wenn beide Eltern nach der Geburt des Kindes weiterarbeiten. Dies komme der Wirtschaft zugute, sagte sie.
HEIMATORT: Der Nationalrat will nicht, dass bei einer Heirat das Gemeinde- und Kantonsbürgerrecht dem Familiennamen folgt. Er lehnte eine parlamentarische Initiative von Thomas de Courten (SVP/BL) ab. De Courten ist im Vorstand des Verbandes der Schweizer Bürgergemeinden und Korporationen. Er wollte, dass ein Partner oder eine Partnerin, die den Namen wechselt wenn Brautleute einen ihrer Ledignamen als gemeinsamen Familiennamen wählen, dazu auch das Bürgerrecht des Partners oder der Partnerin bekommen.
MEDIKAMENTE: Die Schweiz kann dem Medicrime-Übereinkommen des Europarats beitreten. Damit soll der Handel mit gefälschten Medikamenten bekämpft werden. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat der Genehmigung und Umsetzung der Medicrime-Konvention zugestimmt, mit 175 zu 0 Stimmen. Die Vorlage ist bereit für die Schlussabstimmung.
SRG: Der Nationalrat verlangt, dass private Schweizer Medien ausgestrahlte Beiträge der SRG übernehmen dürfen. Diese soll dazu auch Kurzversionen und einzelne Originaltöne anbieten müssen. Damit will der Rat erreichen, dass gebührenfinanzierte Inhalte eine möglichst breite Öffentlichkeit erreichen. Zudem muss der Bundesrat prüfen, wie der Service-public-Auftrag mit weniger Radio- und Fernsehsendern erfüllt werden kann. Die vorberatende Kommission wollte zunächst direkt die Abschaffung von Spartensendern wie Radio Swiss Pop, Radio Swiss Classic, Virus oder der Musikwelle verlangen. Nach einem öffentlichen Aufschrei war sie aber zurückgekrebst und hatte einen Prüfauftrag formuliert.
GARANTIE: Wer eine mangelhafte Ware kauft, kann diese reparieren oder ersetzen lassen und unter Umständen auch sein Geld zurückverlangen. Bei diesen Garantien soll es bleiben. Der Nationalrat will den Konsumentenschutz bei Käufen nicht ausbauen. Er hat eine parlamentarische Initiative von Susanne Leutenegger Oberholzer (SP/BL) am Montag mit 127 zu 60 Stimmen abgelehnt. Deren Ziel war es, die Gewährleistung im Kaufrecht zu modernisieren und dem EU-Recht anzupassen.
KESB: Hilfsbedürftige Personen sollen in erster Linie von der näheren Verwandtschaft vertreten werden. Das forderte die SVP mit einer parlamentarischen Initiative. Im Nationalrat hat sie dafür keine Mehrheit gefunden. Kommissionssprecher Beat Flach (GLP/AG) erinnerte daran, dass es um eine automatische gesetzliche Vertretung gehe. Bei einer Ausdehnung auf weitere Verwandte könnten Personen zum Zug kommen, die weder geeignet noch gewillt seien, diese Rolle zu übernehmen.
VEREIDIGUNG: Der Nationalrat hat ein neues Mitglied vereidigt. Der Berner BDP-Politiker Heinz Siegenthaler ersetzt Urs Gasche, der im Juni seinen Rücktritt angekündigt hatte. Siegenthaler gehörte dem Nationalrat bereits 2014 an. Damals war er für Ursula Haller nachgerutscht. 2015 verpasste er aber die Wiederwahl. Nun ermöglicht Gasche dem 61-jährigen Landwirt und früheren BDP-Kantonalpräsidenten aus dem Berner Seeland ein politisches Comeback.
Der Ständerat in Kürze
(sda) ASYL: Der Ständerat hat einen Entscheid zur vorläufigen Aufnahme verschoben. Er beauftragte seine Kommission, zuerst Vertreter von Kantonen, Städten und Gemeinden anzuhören. Erst dann will er entscheiden, ob ein neuer Status geschaffen werden soll für Personen, die kein Asyl erhalten, aber nicht ins Herkunftsland zurückgeschickt werden können. Mit 32 zu 9 Stimmen bei 4 Enthaltungen stimmte der Rat am Montag einem Ordnungsantrag von Hannes Germann (SVP/SH) zu. Der Städte- und der Gemeindeverband hatten sich wie der Nationalrat dafür ausgesprochen, einen neuen Status für vorläufig Aufgenommene zu schaffen. Die Ständeratskommission sprach sich dagegen aus. Das Parlament sollte nicht so "schnöde" über die Meinungen der Direktbetroffenen auf Kantons- und Gemeindeebene hinwegsehen, sagte Germann.
HAUSBESETZUNGEN: Hauseigentümer sollen besetzte Liegenschaften auch dann räumen lassen dürfen, wenn sie nicht sofort auf eine Besetzung reagiert haben. Der Ständerat hat als Zweitrat eine Motion mit diesem Ziel angenommen. Die Mehrheit ortete bei der Eigentumsgarantie Handlungsbedarf. Gegen die Motion sprach sich der Bundesrat aus. Die bemängelte Rechtsprechung existiere gar nicht, rief Justizministerin Simonetta Sommaruga dem Rat in Erinnerung. Nun muss der Bundesrat dem Parlament eine Gesetzesänderung vorlegen.
KRONZEUGEN: Gerichte sollen Mitglieder terroristischer Organisationen milder bestrafen können, wenn diese den Behörden wertvolle Informationen liefern. Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat mit dieser Forderung oppositionslos angenommen. Nach geltendem Recht kann Mitgliedern krimineller Organisationen für ihre Kooperation Strafmilderung gewährt werden. Diese "kleine Kronzeugenregelung" gilt allerdings nicht für Mitglieder von Gruppierungen wie dem Islamischen Staat oder Al-Kaida. Das soll nun geändert werden. Die Forderung ist allerdings überholt: Der Bundesrat hat in der Zwischenzeit bereits eine Regelung vorgeschlagen.
WAFFEN: Der Ständerat ist zufrieden mit dem Resultat der Verhandlungen zum EU-Waffenrecht. Aus Sicht der Mehrheit sind die Anliegen der Schweiz einbezogen worden. Mit 29 zu 13 Stimmen bei 2 Enthaltungen hat der Rat eine Motion abgelehnt, mit welcher der Nationalrat den Bundesrat zum Widerstand auffordern wollte. Schon die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates war zum Schluss gekommen, das Anliegen sei überholt und in der Zwischenzeit erfüllt. Ausserdem werde das Parlament bei der Umsetzung konkret Stellung nehmen können. Justizministerin Simonetta Sommaruga wies auf die Ausnahmen hin, welche die Schweiz erwirken konnte. Damit dürfen Schweizer Armeeangehörige nach Ablauf ihrer Dienstzeit das Sturmgewehr weiterhin behalten.
GERICHTE: Das Bundesgericht und das Bundesverwaltungsgericht sollen in bestimmten Fällen höhere Gebühren erheben dürfen. Der Ständerat hat einer Motion seiner Geschäftsprüfungskommission (GPK) oppositionslos zugestimmt. Höhere Gebühren sollen nach dem Willen der GPK bei ausserordentlich hohen Streitwerten, bei besonders komplexen Verfahren oder bei besonders schwerwiegenden Interessen möglich sein. Damit der Zugang zum Gericht unverändert garantiert bleibt, sollen die Gebühren aber nicht generell erhöht werden. Die Motion geht nun an den Nationalrat.
ERWACHSENENSCHUTZ: Niemand soll gegen seinen Willen eine Beistandschaft übernehmen müssen. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat einer Gesetzesänderung mit dieser Forderung zugestimmt. Heute steht die Pflicht zwar im Gesetz, wird aber nicht mehr angewendet. Als letzter Kanton hat die Waadt 2014 darauf verzichtet. Den Anstoss für die Gesetzesänderung hatte der Waadtländer SP-Nationalrat Jean Christophe Schwaab mit einer parlamentarischen Initiative gegeben. Damit ist das Geschäft bereit für die Schlussabstimmung.
STRAFRECHT: Das Parlament will die Strafrahmen in einer Gesamtschau harmonisieren. Eine entsprechende Motion hat der Ständerat als Zweitrat oppositionslos angenommen. Die Vorlage zur Harmonisierung des Strafrechts ist schon länger geplant. Doch das Projekt wurde immer wieder verschoben. Der Bundesrat befürwortet die Motion. Justizministerin Simonetta Sommaruga versicherte im Rat, die Botschaft werde voraussichtlich vor dem in der verabschiedeten Motion festgesetzten Termin, also vor Mitte 2018, dem Parlament vorgelegt.
POLIZEI: Die Schweiz und Montenegro können die polizeiliche Zusammenarbeit verstärken. Der Ständerat hat als Zweitrat oppositionslos ein entsprechendes Abkommen mit Montenegro genehmigt. Das Abkommen gewährleistet laut dem Bundesrat einen besseren Informationsaustausch, verstärkt die Zusammenarbeit über Interpol, ermöglicht gemeinsame Analysen und fördert Treffen zwischen den Polizeibehörden beider Länder. In erster Linie soll das Abkommen der Bekämpfung der Schwerstkriminalität dienen. Es ist jedoch auf alle Bereiche der Kriminalität anwendbar. Die Schweiz hat bereits ähnliche Abkommen mit Kosovo, Bosnien und Herzegowina, Albanien, Mazedonien und Serbien. Südosteuropa ist für den Bundesrat neben den Nachbarstaaten ein Schwerpunkt in der polizeilichen Zusammenarbeit.