Der Nationalrat und der Ständerat in Kürze

Bern (sda) -

ZIVILDIENST: Die Vorlage, die den Wechsel von der Armee in den Zivildienst erschweren sollte, ist im Nationalrat in der Schlussabstimmung gescheitert. Ein Ziel der Gesetzesänderung wäre gewesen, dass der Armee die Soldaten nicht ausgehen. Der Nationalrat lehnte die Vorlage am Freitag mit 103 zu 90 und bei 5 Enthaltungen ab. Nein sagten SP, Grüne, GLP und ein Teil der Mitte-Fraktion. Der Ständerat dagegen hatte diese mit 33 zu 12 Stimmen bei 0 Enthaltungen angenommen. Die Vorlage ist damit vom Tisch. Umstrittenstes Element in der Vorlage war das Wartejahr, das bei einem Wechsel von der Armee in den Zivildienst hätte eingeführt werden sollen.

SCHLUSSABSTIMMUNGEN: Mit den Schlussabstimmungen haben National- und Ständerat die Sommersession in den Bernexpo-Hallen abgeschlossen. 32 Vorlagen sind parlamentarisch unter Dach und Fach. Dabei sind auch jene, die wegen der Corona-Pandemie abgebrochenen Frühjahrssession im März liegen geblieben sind. Verabschiedet worden sind der indirekte Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative, das modernisierte Aktienrecht mit Geschlechterrichtwerten für Geschäftsleitungen und Verwaltungsräte, die Überbrückungsrente für ältere Arbeitslose und Gesetzesgrundlagen für eine Corona-Proximity-Tracing-App.

TERRORISMUS: Meldepflicht, Rayon- und Ausreiseverbot, Hausarrest: Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat präventive Massnahmen beschlossen, mit welchen die Polizei terroristische Gefährder in Schach halten soll. Diese kommen zum Zug, wenn das Strafrecht noch nicht greift, weil keine strafbare Handlung vorliegt. Sie können auch schon gegen Kinder verhängt werden. Das links-grüne Lager lehnte die Gesetzesänderung ab. Die Gegner sind überzeugt, dass insbesondere der Hausarrest und die Massnahmen gegen Kinder gegen völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz verstossen. Gemäss einem Rechtsgutachten im Auftrag von Bund und Kantonen ist das jedoch nicht der Fall. Parallel zu den präventiven Massnahmen wird das Strafrecht verschärft. Der Nationalrat hat dieser Gesetzesänderung schon früher zugestimmt. Beide Vorlagen gehen zurück an den Ständerat.

UMWELT: Obwohl Privatpersonen verpflichtet werden sollen, invasive Neophyten aus ihrem Garten zu entfernen, werden solche Pflanzen immer noch zum Verkauf angeboten. Das soll sich ändern. Der Nationalrat spricht sich im Einklang mit dem Bundesrat für ein Verkaufsverbot aus. Er hat eine entsprechende Motion der St. Galler SP-Nationalrätin Claudia Friedl stillschweigend angenommen. Der Vorstoss will die rechtliche Diskrepanz zwischen dem erlaubten Verkauf von invasiven Neophyten und dem geplanten Nutzungsverbot auflösen. Er verlangt, dass auch der Verkauf invasiver Neophyten verboten wird. Der Vorstoss geht nun an den Ständerat.

BAHNVERKEHR: Der Nationalrat hat Kenntnis genommen vom Schlussbericht der parlamentarischen Oberaufsicht über den Bau der Neuen Eisenbahn-Alpentransversalen (Neat). Namens der Finanzkommission sagte Pirmin Schwander (SVP/SZ), die Finanzdelegation (FinDel) habe nach wie vor Abschlussarbeiten im Gotthard-Basistunnel zu überwachen und zu begleiten. Im Ceneri-Basistunnel seien die Arbeiten auf Kurs und der Probebetrieb ab 1. September geplant. Nach 21 Jahren ist die Arbeit der Neat-Aufsichtsdelegation der eidgenössischen Räte abgeschlossen. Die Aufgaben bis zur Fertigstellung der Neat sind der Finanzdelegation, der Finanzkommissionen und den Geschäftsprüfungskommissionen übergeben worden.

SCHÄDLINGE: Die aus Asien eingeschleppte Marmorierte Baumwanze setzt dem Obst- und Gemüsebau zu und macht immer grössere Teile der Ernte zunichte. Der Nationalrat sagt dem Schädling nun den Kampf an. Er hat eine Motion von Nationalrat Philipp Kutter (CVP/ZH) stillschweigend angenommen. Konkret fordert der Vorstoss den deutlichen Ausbau der Forschung und Beratung im Kampf gegen die Marmorierte Baumwanze. Auch der Bundesrat sieht Handlungsbedarf. Die Motion geht nun an den Ständerat.

STEUERN: Der Nationalrat will die AHV-Weisungen ans Steuerrecht anpassen. Er hat eine entsprechende Motion des kürzlich verstorbenen Luzerner FDP-Nationalrats Albert Vitali stillschweigend angenommen. Konkret soll die Wegleitung des Bundesamts für Sozialversicherungen über die Beiträge der Selbstständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen mit der entsprechenden Praxis im Recht der direkten Bundessteuer harmonisiert werden. In der Praxis führten die unterschiedlichen Praktiken zu Schwierigkeiten und Umtrieben, machte der Motionär geltend. Der Vorstoss geht nun an den Ständerat.

WHISTLEBLOWING: Der gesetzliche Schutz von Whistleblowern hat kürzlich Schiffbruch erlitten. Das Thema bleibt aber auf der politischen Agenda. Eine parlamentarische Initiative von alt Nationalrat Filippo Leutenegger (FDP/ZH) ist noch immer im Parlament hängig. Der Nationalrat hat die Frist für die Ausarbeitung eines Erlassentwurfs bis zur Frühjahrssession 2022 verlängert. Die Kommission wird nach eigenen Angaben das weitere Vorgehen prüfen und sich mit den strafrechtlichen Aspekten des Schutzes bei einer Meldung von Unregelmässigkeiten am Arbeitsplatz befassen.

AUSLÄNDERRECHT: Der Nationalrat will das Ausländergesetz bezüglich der Erteilung, Verlängerung sowie des Widerrufs von Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligungen nicht weiter verschärfen. Er hat eine Standesinitiative des Kantons St. Gallen mit 105 zu 83 Stimmen abgeschrieben. Eine Mehrheit ist der Meinung, dass der Grossteil der Forderungen durch die 2016 und 2018 in Kraft getretenen Änderungen des Strafrechts respektive des Ausländer- und Integrationsgesetzes erfüllt sind. Vertreter von SVP und CVP wehrten sich erfolglos gegen die Abschreibung. Über die Abschreibung muss noch der Ständerat befinden.

E-BIKES: Der Nationalrat will die Altersgrenze für E-Bikes senken. Er hat eine Motion von Philippe Nantermod (FDP/VS) angenommen. Diese verlangt, dass schon unter 14-Jährige in Begleitung Erwachsener E-Bikes mit einer Tretunterstützung bis 25 km/h benutzen dürfen. Heute liegt die Altersgrenze bei 14 Jahren. Der Vorstoss zielt vor allem auf die touristische Nutzung ab: Der Bundesrat soll die Verwendung auf Orte mit schwachem Verkehrsaufkommen beschränken können. Mit dieser Einschränkung unterstützt die Regierung das Anliegen. Eine Motion aus dem Ständerat ohne Begleitmassnahmen hatte er abgelehnt. Die kleine Kammer nahm diese trotzdem an.

UNTERGRUND: Der Bundesrat soll einen Aktionsplan "Digitalisierung des geologischen Untergrunds" erstellen. Das verlangt der Nationalrat mit einer Motion, die er stillschweigend angenommen hat. Ziel ist die Sicherung zukünftiger Investitionen für unterirdische Infrastrukturen, für die Gewinnung von Georessourcen und für die Lagerung von Abfällen zu erstellen. Der Vorstoss stammt vom ehemaligen Nationalrat Karl Vogler (CSP/OW). Er argumentierte, die Nutzung des Untergrundes gewinne stetig an Bedeutung. Um die Risiken bei der Realisierung unterirdischer Infrastrukturen zu reduzieren, müssten Wissenslücken geschlossen werden. Der Bundesrat hatte sich bereit erklärt, den Auftrag entgegenzunehmen. Nun muss noch der Ständerat über die Motion entscheiden.

GÜTERTRANSPORT: Der Nationalrat verlangt Klärungen bei der Frage, wer beim Gütertransport für die Qualität des Materials haftet - etwa bei einem Unfall. Der Nationalrat hat eine entsprechende Motion stillschweigend angenommen. Nach Ansicht von Motionär Frédéric Borloz (FDP/VD) bestehen nicht für alle beteiligten Parteien genügend Anreize, um Massnahmen zu treffen, die die Sicherheit erhöhen. Nach geltendem Recht haftet etwa der Wagenhalter bei einem Unfall nur, wenn das Eisenbahnunternehmen nachweisen kann, dass ihn ein Verschulden trifft. Der Bundesrat ist bereit, dem Parlament klärende Bestimmungen vorzulegen. Der Ständerat muss noch darüber befinden.

BESCHWERDE: Der Bundesrat soll die örtliche Zuständigkeit bei Beschwerden betreffend fürsorgerische Unterbringung sowie Verfügungen der Kinder- und Erwachsenenschutzbehörden klar regeln. Der Nationalrat hat eine Motion mit dieser Forderung stillschweigend angenommen. Die Kompetenzkonflikte schwächten den Rechtsschutz, argumentierte Lukas Reimann (SVP/SG). Jeder Kanton habe inzwischen eine eigene Praxis entwickelt, die aber in vielen Fällen nicht kompatibel sei mit anderen Kantonen. Leidtragende seien die Betroffenen, die keine gerichtliche Beurteilung erhielten, weil sich kein Gericht für zuständig erachtete. Der Bundesrat hatte sich bereit erklärt, den Auftrag entgegenzunehmen. Nun muss noch der Ständerat über die Motion entscheiden.

HANDELSREGISTER: Die Daten im elektronischen Handelsregister Zefix sollen auch in der elektronischen Form ihre rechtliche Wirkung haben. Bislang muss eine Kopie des Handelsregisterauszugs auf Papier angefordert werden. Der Nationalrat nahm eine entsprechende Motion von Philippe Nantermod (FDP/VS) stillschweigend an. Mit dieser wird der Bundesrat beauftragt, die Handelsregisterverordnung sowie alle gesetzlichen Grundlagen anzupassen, damit auch die elektronischen Daten auf www.zefix.ch rechtlich wirksam sind. Der Bundesrat ist bereit, die Anpassungen vorzunehmen. Das Geschäft geht an den Ständerat.

SOMMERSESSION: Der Nationalrat hat sieben Petitionen abgelehnt. Darunter eine, die verlangt, dass die Ratifikation des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Freihandelsassoziation (Efta) und der Türkei sistiert wird, "bis die türkische Regierung die Menschenrechte respektiert", wie die Plattform für Frieden und Demokratie fordert. Abgelehnt wurde zudem die Forderung, dass sich die Behörden eine Alternative zur EU suchen. Mit einer weiteren hätte geprüft werden sollen, ob die Landfläche geteilt werden könnte in Bauland, Kulturland und Naturland. Verlangt wurden weiter, dass die grenzüberschreitenden Verkehrsverbindungen im Raum Schweiz-Deutschland-Frankreich ausgebaut werden. Eine weitere Petition forderte den Stopp des 5G-Netzausbaus. Schliesslich wurden zwei Petitionen der Jugendsession 2018 abgelehnt, die verlangten, Unternehmen zu einer verantwortungsvolleren und transparenteren Führung zu bewegen..