Der Nationalrat in Kürze
Bern (sda)
COVID-GESETZ: Das Parlament hat am Donnerstag unter Zeitdruck die letzten Anpassungen am Covid-19-Gesetz geregelt. Damit stehen Unternehmen in Härtefällen neu insgesamt 2,5 Milliarden Franken zur Verfügung. Zudem wurden die Hürden für den Bezug der Gelder gesenkt, und es sollen auch wieder Kulturschaffende und nicht nur Kulturunternehmen unterstützt werden. Für Kurzarbeit gilt neu, dass ab Anfang Dezember 2020 bis Ende März 2021 tiefe Löhne - bis 3470 Franken - zu 100 Prozent entschädigt werden. Mit den Anpassungen im Covid-19-Gesetz können zudem Maskenverweigerer wieder gebüsst werden. Das Gesetz kann nach der Schlussabstimmung von Freitag in Kraft treten.
COVID-KREDITE: National- und Ständerat hatten sich beim Solidarbürgschaftsgesetz bereits am Mittwoch geeinigt: Die Rückzahlungsfrist für Covid-Kredite wird von fünf auf acht Jahre verlängert. Zudem haben die beiden Räte festgelegt, dass Unternehmen, die von Covid-Krediten profitieren, keine Dividenden beschliessen und auszahlen dürfen. Am Donnerstag hat das Parlament nun noch der Dringlichkeit des Gesetzes zugestimmt. Dieses kann somit nach der Schlussabstimmung von Freitag in Kraft treten.
ÖFFENTLICHER VERKEHR: Unternehmen im öffentlichen Regionalverkehr sollen weiterhin zu günstigen Konditionen Geld aufnehmen können. Nach dem Ständerat verlängert auch der Nationalrat den auslaufenden Bürgschaftsrahmenkredit um zehn Jahre bis 2030. Der Rahmenkredit beläuft sich auf 11 Milliarden Franken. Der Nationalrat stimmte dem entsprechenden Bundesbeschluss einstimmig zu. Die Vorlage ist damit definitiv angenommen. Die Unternehmen des regionalen Personenverkehrs könnten dank der Bonität des Bundes zinsgünstig Fremdkapital für die Finanzierung ihrer Infrastruktur aufnehmen. Laut Bundesrat werden Bund und Kantone und damit die Steuerzahler dank der Solidarbürgschaft im Jahr um etwa 10 Millionen Franken entlastet.
FINANZPLATZ: Die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital hat im Parlament einen schweren Stand. Der Ständerat will, dass die Vorlage, die seit 2014 auf Eis liegt, sistiert bleiben soll. Der Nationalrat hat sich nun hauchdünn gegen eine Sistierung ausgesprochen. Der Entscheid fiel mit 93 zu 92 Stimmen bei einer Enthaltung. Aus Sicht der SVP, FDP und GLP würde die Abschaffung der Stempelsteuer es den Unternehmen ermöglichen, ihre Eigenkapitalbasis zu stärken. SP, Grüne und Mitte-Fraktion hielten es dagegen in der gegenwärtigen Situation nicht für angezeigt, diese Einnahmequelle für den Bund abzuschaffen. Nun ist wieder der Ständerat am Zug. Bleibt er bei seinem Entscheid vom Frühjahr 2020, wird die Vorlage dennoch sistiert.
ENERGIEWENDE: Das Parlament will den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat eine Motion von Ständerat Damian Müller (FDP/LU) angenommen, die verlangt, mit diesem Ziel eine vorübergehende Verschuldung des Netzzuschlagsfonds zu prüfen. Der Nationalrat unterstützte die Motion stillschweigend. Die aktuelle Situation sei paradox, schreibt Müller. Der Fonds habe per Ende 2018 Gelder von fast einer Milliarde Schweizer Franken ausgewiesen. Dennoch seien die Wartelisten für Photovoltaik-Projekte lang. Der Bundesrat erklärte sich mit dem Anliegen einverstanden.
E-BIKES: Jugendliche ab 12 Jahren sollen E-Bike fahren dürfen - aber nur mit Begleitmassnahmen. Der Nationalrat hat eine Motion abgelehnt, die eine generelle Fahrerlaubnis erteilen wollte. Der Entscheid gegen eine generelle Fahrerlaubnis erfolgte mit 112 zu 67 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga argumentierte, dass der Bundesrat der Auffassung sei, dass Jugendliche mit 12 Jahren ein E-Bike benützten dürften - aber nur unter Auflagen. Dies sei mit der offenen Formulierung der vorliegenden Motion nicht möglich. Sommaruga verwies auf die angenommene Motion von Philippe Nantermod (FDP/VS), die der Bundesrat umsetzen werde - die eine Fahrerlaubnis unter Auflagen vorsehe.
INSEKTEN: Der Nationalrat verlangt Massnahmen gegen das Insektensterben. Er hat oppositionslos einen Vorstoss der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrats (Urek-N) angenommen. Diese geht nun an den Ständerat. Mit der Motion soll der Bundesrat beauftragt werden, die Aktionspläne Biodiversität, Bienengesundheit und Pflanzenschutzmittel sicherzustellen. Zudem soll aufgrund wissenschaftlicher Studien umgehend festgelegt werden, welche Massnahmen gegen das Insektensterben kurz-, mittel- und langfristig ergriffen werden müssen. Auch neue Produktionsmethoden in der Landwirtschaft sollen berücksichtigt werden.
BUNDESBAUTEN: Gebäude des Bundes sollen sich nach dem Willen von National- und Ständerat selbst mit der Energie versorgen können, die sie benötigen. Der Nationalrat hat eine entsprechende Motion angenommen. Mit der Motion solle der Bundesrat beauftragt werden, alle geeigneten Dach- und Fassadenflächen der Bundesverwaltung für die Produktion von Strom aus Fotovoltaik zu nutzen. Das Ziel sei die Energieautonomie der Bundesbauten. Die Motion geht an den Ständerat.
VERKEHR: Das Parlament will die Verbreitung von umweltfreundlicheren Nutzfahrzeugen fördern. Der Bundesrat soll dafür Gesetze und Verordnungen im Bereich von Nutzfahrzeugen regelmässig den neuen technologischen Entwicklungen anpassen. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat einer Motion der Verkehrskommission des Ständerats zugestimmt. Er brachte aber noch Anpassungen an. Es soll nicht um schadstoffärmere, sondern um fossilfrei angetriebene Nutzfahrzeuge gehen, wie Jon Pult (SP/GR) im Namen der Verkehrskommission (KVF-N) sagte. Zudem sollen diese Fahrzeuge nicht gänzlich von der LSVA befreit werden, wie es die Motion vorsah. Die LSVA soll nur reduziert werden. Die abgeänderte Motion wurde 183 zu 4 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. Sie geht zurück an den Ständerat.
LUFTRETTUNG: Bei Krisen oder Katastrophen sollen Luftrettungen laut Parlament auch bei schlechtem Wetter möglich sein. Dafür muss das sogenannte Low Flight Network (LFN) fertiggestellt und die Finanzierung muss geregelt werden. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat eine entsprechende Motion von Ständerat Josef Dittli (FDP/UR) angenommen. Das LFN ist ein nationales Luftstrassennetz, das die Rega und die Luftwaffe vor über 15 Jahren lanciert hatten, damit Rettungshelikopter unabhängig vom Wetter Einsätze fliegen können.
AGGLOMERATIONEN: Die Kantone sollen mehr Einfluss darauf nehmen können, welche Gebiete von den Milliarden aus den Agglomerationsprogrammen profitieren, insbesondere in den Bergregionen. Nach dem Ständerat hat am Donnerstag auch der Nationalrat einer entsprechenden Motion der Verkehrskommission des Ständerats zugestimmt. Verlangt wird unter anderem, dass die beitragsberechtigten Städte und Agglomerationen in den Verordnungen aufgeführt werden. Es sollen die Namen der Kerne aufgeführt werden, nicht die einzelnen Gemeinden. Das Verkehrsdepartement soll ermächtigt werden, die beitragsberechtigen Gemeinden festzulegen. Dabei sollen auch die Kantone mitreden können. Der Nationalrat nahm die Motion stillschweigend an.
KLIMA: Der Bahngüterverkehr soll künftig stärker zur Senkung des CO2-Ausstosses beitragen als dies heute der Fall ist. Das Parlament hat den Bundesrat beauftragt, entsprechende Massnahmen auszuarbeiten. Der Nationalrat hat den Vorstoss oppositionslos angenommen. Zuvor hatte bereits der Ständerat der Motion zugestimmt. Der Bundesrat wird somit beauftragt, dem Parlament einen Massnahmenplan zu unterbreiten, mit dem er darlegt, wie der Bahngüterverkehr und multimodale Logistiklösungen stärker an die Senkung des CO2-Ausstosses im Güterverkehr beitragen können.
BAHN: Der Nationalrat hat eine Motion von Josef Dittli (FDP/UR) mit 136 zu 50 Stimmen angenommen, die den Güterumschlag zwischen Schiene und Strasse modernisieren soll. Der Bundesrat soll ein Konzept für die Finanzierung und die koordinierte Umsetzung technischer Neuerungen unterbreiten. Gegen die Motion stellte sich Benjamin Giezendanner (SVP/AG). Die grosse Frage sei aber, ob diese Innovation durch den Steuerzahlen bezahlt werden müssen. Das Zusammenspiel zwischen allen Akteuren müsse funktionieren, sagte Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga. Erst danach gehe es um die Finanzierung. Der Ständerat stimmte dem Anliegen bereits zu. Der Bundesrat kann sich damit an die Umsetzung machen.
KUNSTSTOFF: Ab 2025 soll der Bundesrat auf bestimmte Einwegverpackungen eine Steuer erheben. Der Nationalrat hat eine entsprechende Motion angenommen. Kunststoffverpackungen für Getränke und Putzmittel, die zu weniger als 25 Prozent wiederverwertbar sind, sollen entsprechend teurer werden. Eingereicht wurde die Motion von der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrats (Urek-N). Der Nationalrat stimmte dem Vorstoss mit 104 zu 77 Stimmen bei 5 Enthaltungen zu. Mit einer solchen Kunststoffsteuer solle das Recycling von Kunststoff gefördert werden, begründet die Kommission ihren Vorstoss. Der Vorstoss geht an die zuständige Kommission des Ständerats.
UMWELT: Aus Sicht des Nationalrats lässt der aktuelle Reinigungsgrad von Abwasserreinigungsanlagen (ARA) zu viele Stickstoffeinträge in die Gewässer und damit indirekt auch in das Grundwasser zu. Der Nationalrat will das Problem angehen. Er hat den Bundesrat beauftragt, die Problematik der Stickstoffeinträge aus den ARA in die Gewässer anzugehen und Massnahmen zur Reduktion zu ergreifen. Mit diesem Auftrag ist der Bundesrat einverstanden. Eine andere Motion, welche auf die Mikrovereinigung in den ARA zielt, lehnt der Bundesrat ab. Mit dieser wird gefordert, dass alle rund 740 ARA Massnahmen zur Elimination von Mikroverunreinigungen treffen müssen. Der Nationalrat stimmte mit 148 zu 24 Stimmen bei 16 Enthaltungen für die Motion. Die Motion zu den Stickstoffeinträgen geht an den Ständerat.
TOURISMUS: Ausländische Tourenanbieter sollen nur für den in der Schweiz erwirtschafteten Umsatz mehrwertsteuerpflichtig sein. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat eine entsprechende Motion angenommen. Die grosse Kammer stimmte dem Vorstoss von Erich von Siebenthal (SVP/BE) mit 107 zu 79 Stimmen bei einer Enthaltung zu. Der Ständerat hatte am Mittwoch Ja gesagt zu einem gleichlautenden Vorstoss von Hans Stöckli (SP/BE). Die Motion sei eigentlich bereits erfüllt, sagte Finanzminister Ueli Maurer. Der Bundesrat habe bei der Revision der Mehrwertsteuer das Anliegen aufgenommen.
BARGELD: Der Nationalrat will sicherstellen, dass Bargeld auch in Zukunft breit akzeptiert wird. Er hat mit einem überwiesenen Postulat beim Bundesrat einen Bericht bestellt. Prisca Birrer-Heimo (SP/LU) begründete ihren Antrag damit, dass es Privatpersonen oft nicht mehr möglich sei, Dienstleistungen mit Bargeld zu bezahlen, sondern nur noch mit elektronischen Zahlungsmitteln. Finanzminister Ueli Maurer entgegnete, dass sich in der Schweiz in keiner Weise eine schwindende Bedeutung der Bargeldverwendung abzeichne. Deshalb sehe er keinen Bedarf für den geforderten Bericht.
SCHIFFFAHRT: Der Bundesrat soll Vorschläge machen, wie der Schiffs-Güterverkehr auf dem Rhein gefördert werden kann. Der Nationalrat unterstützte eine Motion von Ständerätin Eva Herzog (SP/BS) mit 136 zu 49 Stimmen bei 8 Enthaltungen. Der Bundesrat soll auch aufzeigen, wie die Rheinschifffahrt angesichts der Herausforderungen des Klimawandels weiterhin ihre bedeutende verkehrspolitische Rolle wahrnehmen könne, hiess es. Herzog hatte die Motion mit dem Klimawandel begründet und den damit verbundenen tiefen Pegelständen des Rhein. Der Bundesrat erklärte sich mit dieser Motion einverstanden. Er kann sich an die Arbeiten machen. Der Ständerat gab sein Ja bereits früher.
MEDIEN-HILFE: In der Corona-Krise sollen nach dem Willen von National- und Bundesrat auch Radios, die ausschliesslich über DAB+ verbreitet werden, Geld erhalten. Der Bundesrat hat eine entsprechende Motion der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats (KVF-N) angenommen. Mit der Motion wird der Bundesrat beauftragt, für das Jahr 2021 die Beiträge an die Kosten der DAB+ Verbreitung für konzessionierte und meldepflichtige Radioveranstalter auf mindestens 50 Prozent statt wie vorgesehenen auf 30 Prozent festzulegen. Die Finanzierung solle aus der Radio- und TV-Abgabe erfolgen.
WASSERKRAFT: Die eidgenössischen Bestimmungen zur Wasserkraft sollen nicht gelockert werden. Der Nationalrat hat eine Standesinitiative des Kantons Wallis abgelehnt, die verlangte, insbesondere den Schutz der Gewässer zu lockern. Der Entscheid fiel mit 109 zu 72 Stimmen. Zuvor hatte bereits der Ständerat der Initiative keine Folge gegeben. Sie ist damit vom Tisch. Der Kanton Wallis argumentierte, dass es mit den geltenden Gesetzesbestimmungen in der Schweiz nicht möglich sei, das Wasserkraftpotenzial zu erhalten oder angemessen auszubauen. Deshalb müssten die eidgenössischen Bestimmungen zur Wasserkraft, insbesondere das Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer, gelockert werden.
INTEGRATION: Der Nationalrat hat eine Initiative des Kantons Thurgau abgelehnt, wonach fremdsprachige Familien die Kosten etwa für Übersetzungskosten bei Elterngesprächen oder für Zusatzunterricht in der Schulsprache selber bezahlen müssen. Bisher hätten die Schulgemeinden Eltern dazu bewegen können, ihre Kinder in die Sprachspielgruppen vor dem Kindergarteneintritt zu schicken, indem sie androhten, andernfalls für allfälligen Deutschunterricht Kosten zu erheben, sagte Sprecherin Eva Herzog (SVP/TG). Aufgrund eines Bundesgerichtsentscheids, der diese einfache Massnahme für nicht verfassungskonform erachtet, entfalle diese Fördermassnahme. Das gelte es zu korrigieren. Sowohl Stände- als auch Nationalrat sind dagegen. Das Anliegen ist vom Tisch.
AUFSICHTSDELEGATION: Der Nationalrat hält daran fest, die Instrumente für Untersuchungen von Auffälligkeiten in der Bundesverwaltung zu verstärken. Bei Vorkommnissen von grosser Tragweite soll künftig eine ausserordentliche Aufsichtsdelegation eingesetzt werden. Der Nationalrat hatte der Vorlage seiner Geschäftsprüfungskommission bereits vor einem Jahr zugestimmt. Der Ständerat wollte im Herbst dann aber nicht darauf eintreten. Seine Mehrheit vertrat die Auffassung, dass die Einführung einer ausserordentlichen Aufsichtsdelegation nicht notwendig sei, da die derzeitige Ausgestaltung der parlamentarischen Oberaufsicht angemessen sei. Der Nationalrat beschloss nun erneut Eintreten. Jetzt muss der Ständerat wieder über die Vorlage befinden. Wenn er erneut nicht darauf eintritt, ist sie vom Tisch.
DIGITALISIERUNG: Die Bundesbehörden sollen ihre Daten maschinenlesbar in einem zentralen, elektronischen System sichern. Damit soll der Austausch zwischen den Bundesbehörden und den Behörden anderer Staatsebenen, der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft verbessert werden. Der Nationalrat hat eine entsprechende Motion der Finanzkommission stillschweigend angenommen. Die Dokumente im "Daten Hub" soll in Echtzeit und über alle Departemente hinweg zugänglich sein, fordert die Finanzkommission. So könne insbesondere auch das "Once-Only"-Prinzip realisiert werden, sodass Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen bestimmte Standardinformationen den Behörden und Verwaltungen nur einmal mitteilen müssen.
SEXUELLE BELÄSTIGUNG: Für sexuelle Belästigung soll es keine Beweislasterleichterung geben. Der Nationalrat hat eine Initiative des Kantons Genf abgelehnt, die eine entsprechende Gesetzesänderung verlangte. Der Nationalrat folgte mit 91 zu 86 Stimmen bei 9 Enthaltungen seiner vorberatenden Kommission. Diese unterstütze zwar das übergeordnete Anliegen der Initiative, gegen sexuelle Belästigung vorzugehen. Die Beweislasterleichterung für sexuelle Belästigung im Gleichstellungsgesetz einzuführen, erachtete sie jedoch nicht als den geeigneten Weg, da dies für die belästigende Person keine direkten Konsequenzen hätte.
MEDIENPOLITIK: Es bleibt dabei: Das Parlament mischt sich nicht in die Diskussion um SRG-Standorte ein. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat eine Standesinitiative des Kantons Genf mit diesem Anliegen abgelehnt. Der Entscheid fiel mit 93 zu 67 Stimmen bei 26 Enthaltungen. Der Kanton Genf forderte in der Standesinitiative die Bundesversammlung auf, für ein besseres Gleichgewicht bei den audiovisuellen Tätigkeiten von Radio Télévision Suisse (RTS) in der Westschweiz zu sorgen. Dafür soll die Fernseh-Nachrichtenabteilung in Genf blieben und die Radiotätigkeit in Bern. Die Mehrheit des Nationalrats vertrat die Auffassung, es sei nicht Aufgabe des Gesetzgebers, die strategischen Entscheide der SRG zu hinterfragen.
LOHNGLEICHHEIT: Der Nationalrat hat zwei Vorstösse unterstützt, die die Lohngleichheit fördern sollen. Beide wurden von der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats (WBK-N) eingereicht. Seit Juli dieses Jahres sind Unternehmen mit über 100 Mitarbeitenden verpflichtet, Lohngleichheitsanalysen durchzuführen. Den Unternehmen steht es aber frei, zu entscheiden, ob sie diese Daten an den Bund übermitteln oder nicht. Dies soll sich mit der Parlamentarischen Initiative der WBK-N ändern. Ebenfalls angenommen hat der Nationalrat ein Postulat der WBK-N, das eine stärkere Strategie bei der Lohngleichheit verlangte. Der Nationalrat nahm das Postulat mit 120 zu 62 Stimmen bei 2 Enthaltungen an.
STEUERREFORM: Der Nationalrat hat einen Vorstoss von Samuel Bendahan (SP/VD) abgelehnt, der eine negative Steuer einführen wollte. Der Vorstoss sah vor, dass unterhalb einer bestimmten Einkommenshöhe der Bund einer steuerpflichtigen Person eine Steuer ausrichtet. Dies garantiere der Person ein Mindesteinkommen unter Vermeidung jeglicher Schwelleneffekte. Leo Müller (CVP/LU) Wirtschaftskommission empfahl, die Motion abzulehnen. Es sei sehr schwierig und mit umfangreichen Arbeiten umzusetzen. Zudem würde die Aufgabe in der Kompetenz der Kantone liegen. Der Vorstoss scheiterte im Nationalrat deutlich mit 122 zu 59 Stimmen bei 1 Enthaltungen.
UMWELT: Der Nationalrat will klimaschädliche Fahrzeuge und Maschinen auf Bauernhöfen weiterhin subventionieren. Er hat eine Gesetzesänderung abgelehnt, mit der die Rückerstattung der Mineralölsteuer an die Landwirtschaft abgeschafft werden sollte. Die grosse Kammer stimmte mit 100 zu 82 Stimmen bei 3 Enthaltungen gegen eine Motion von Jürg Grossen (GLP/BE). Diese ist damit erledigt. Die Ratsmehrheit und der Bundesrat sahen keinen Bedarf für ein rasches Handeln in diesem Bereich. Eine Aufhebung der Rückerstattung der Mineralölsteuer mit einer Umlagerung der Finanzmittel in die Direktzahlungen solle erst später geprüft werden.
STEUERPOLITIK: Wenn eine Meldung für die Verrechnungssteuer zu spät bei den Steuerbehörden eintrifft, soll es nicht gleich eine hohe Busse geben. Der Nationalrat hat eine Motion von Daniela Schneeberger (FDP/BL) angenommen, die verlangt, dass der Bundesrat mit Weisungen das Verhältnismässigkeitsprinzip wieder herstellt. Es sei nicht plausibel, dass mit zehn Tagen Verzug eine hohe Busse erfolge, argumentierte Schneeberger. Der Rat nahm den Vorstoss mit 107 zu 78 Stimmen bei 2 Enthaltungen an. Finanzminister Ueli Maurer argumentierte vergeblich, dass eine Verspätung der Abrechnung eine Busse zur Folge haben müsse. "Wir müssen sanktionieren können", meinte er.
ARBEITSLOSENVERSICHERUNG: Die SVP-Fraktion ist mit einem Vorstoss im Nationalrat gescheitert, der verlangte, dass Selbständigerwerbende von den Beiträgen an die Arbeitslosenversicherung befreit werden. Selbstständigerwerbende und Personen in Arbeitgeber-ähnlicher Stellung hätten keinen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, seien aber beitragspflichtig, begründete die Fraktion ihren Vorstoss. Der Rat lehnte das Geschäft knapp mit 90 zu 84 Stimmen bei 11 Enthaltungen ab.
Der Ständerat in Kürze
Bern (sda)
PARTEISPENDEN: Der Ständerat steht nach wie vor für mehr Transparenz bei der Politikfinanzierung ein. Mit einem indirekten Gegenvorschlag will er einer Volksinitiative Wind aus den Segeln nehmen. Bei der zweiten Beratung hat die kleine Kammer die Vorlage verschärft. So soll der offenzulegende Aufwand für Kampagnen von 250'000 Franken auf 50'000 Franken gesenkt werden. Der Entscheid fiel mit 25 zu 15 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Die Initianten sehen hier einen Schwellenwert von 100'000 Franken vor. Damit baut der Ständerat eine Brücke, damit eine Mitte-Links-Allianz im Nationalrat dem Gesetz ebenfalls zustimmen könnte. Die grosse Kammer hatte in der Herbstsession den indirekten Gegenvorschlag mit 168 zu 18 Stimmen bei 9 Enthaltungen abgelehnt. Beschliesst der Nationalrat, nicht auf die Vorlage einzutreten, oder lehnt er den Gegenentwurf wiederum in der Gesamtabstimmung ab, ist das Geschäft erledigt. In diesem Fall käme die Volksinitiative ohne Gegenvorschlag zur Abstimmung.
COVID-GESETZ: Das Parlament hat unter Zeitdruck die letzten Anpassungen am Covid-19-Gesetz geregelt. Damit stehen Unternehmen in Härtefällen neu insgesamt 2,5 Milliarden Franken zur Verfügung. Zudem wurden die Hürden für den Bezug der Gelder gesenkt, und es sollen auch wieder Kulturschaffende und nicht nur Kulturunternehmen unterstützt werden. Für Kurzarbeit gilt neu, dass ab Anfang Dezember 2020 bis Ende März 2021 tiefe Löhne - bis 3470 Franken - zu 100 Prozent entschädigt werden. Mit den Anpassungen im Covid-19-Gesetz können zudem Maskenverweigerer wieder gebüsst werden. Das Gesetz kann nach der Schlussabstimmung von Freitag in Kraft treten.
COVID-KREDITE: National- und Ständerat haben sich beim Solidarbürgschaftsgesetz bereits am Mittwoch geeinigt: Die Rückzahlungsfrist für Covid-Kredite wird von fünf auf acht Jahre verlängert. Zudem haben die beiden Räte festgelegt, dass Unternehmen, die von Covid-Krediten profitieren, keine Dividenden beschliessen und auszahlen dürfen. Am Donnerstag hat das Parlament nun noch der Dringlichkeit des Gesetzes zugestimmt. Dieses kann somit nach der Schlussabstimmung von Freitag in Kraft treten.
SCHWEIZ - EU: Die SVP-Fraktion verlangte eine ausserordentliche Session zum Rahmenabkommen mit der EU. Der Ständerat möchte aber nicht darüber diskutieren. Er hat die Debatte mit einem angenommenen Ordnungsantrag abgeklemmt. Der Antrag, die beiden traktandierten SVP-Vorstösse zum Rahmenabkommen zur Vorprüfung an die Kommission zu überweisen, fiel mit 23 zu 14 Stimmen bei 6 Enthaltungen. Ruedi Noser (FDP/ZH) hatte den Antrag eingereicht. Thomas Minder (parteilos/SH) reagierte ungehalten. Er nannte Nosers Ordnungsantrag "ganz schön frech". Das Recht auf eine ausserordentliche Session sei ein Minderheitsrecht. Dieses auszuhebeln, sei "mehr als ein Schildbürgerstreich" und "ein Witz".
FLÜCHTLINGE: Schutzbedürftige Menschen sollen ihre Familien erst nach drei Jahren in die Schweiz holen dürfen, so wie vorläufig Aufgenommene. Der Ständerat hält an diesem früheren Entscheid fest. Nach geltendem Recht haben Schutzbedürftige - also Personen mit S-Status - wie anerkannte Flüchtlinge mit Asylstatus Anspruch auf eine sofortige Familienzusammenführung. Der Ständerat hatte die Gleichstellung von Schutzbedürftigen und vorläufig Aufgenommenen im Sommer bereits einmal gutgeheissen und nun bekräftigt. Nun ist wieder der Nationalrat am Zug, der zuvor nicht eingetreten war. Tut er dies noch einmal, ist das Geschäft vom Tisch.
ZIVILPROZESSE: Der Ständerat will bei grenzüberschreitenden Zivilprozessen den Einsatz von Videoschaltungen und Telefonkonferenzen vereinfachen. Er hat dazu oppositionslos eine Motion seiner Rechtskommission (RK-S) angenommen, die nun noch an den Nationalrat geht. Der Vorstoss verlangt vom Bundesrat, auf eine Anpassung des Schweizer Vorbehalts zum Haager Beweiserhebungsübereinkommen hinzuwirken. Die Schweiz muss gemäss diesen Bestimmungen derzeit für internationale Befragungen jedes Mal eine einzelne Bewilligung einholen. Der Bundesrat ist mit dem Anliegen einverstanden.
AUSSCHAFFUNGEN: Der Ständerat will, dass der Bundesrat zusammen mit den Kantonen prüft, ob für Ausschaffungshäftlinge elektronische Fussfesseln eingesetzt werden können anstatt sie in Haft zu nehmen. Er hat zwar eine Motion aus dem Nationalrat abgelehnt, die eine Zulassung der Fussfessel für die Administrativhaft verlangte. Gleichzeitig überwies er aber ein Postulat seiner Rechtskommission mit einem Prüfauftrag. Die Motion aus dem Nationalrat ist vom Tisch.
STRAFVOLLZUG: Da die Schweiz bereits darauf hinarbeitet, dass ausländische Straftäter ihre Freiheitsstrafen vermehrt im Herkunftsland verbüssen, will der Ständerat nicht insistieren. Er hat eine Motion aus dem Nationalrat mit 29 zu 7 Stimmen abgelehnt, die verlangte, dass mehr ausländische Straftäter ihre Strafe im Herkunftsland absitzen. Ohne Abkommen mit dem Herkunftsland sei dies ohnehin nicht möglich, sagte Daniel Jositsch (SP/ZH) namens der Rechtskommission. Laut Justizministerin Karin Keller-Sutter wurden im vergangenen Jahr 26 Häftlinge 2018 deren 21 und 2017 zwölf Verurteilte in Herkunftsländer überstellt. Die Motion ist vom Tisch.
KURZARBEIT: Der Ständerat lässt vertieft abklären, ob das während der Corona-Pandemie eingeführte vereinfachte Verfahren für die Voranmeldung und Abrechnung von Kurzarbeit auf Dauer eingeführt werden soll, ergänzt mit zusätzlichen Kontrollen. Er hat eine Motion von Philippe Bauer (FDP/NE) zur Vorprüfung der zuständigen Kommission übergeben. Der Bundesrat ist gegen die Motion. In normalen Zeiten seien die vereinfachten Verfahren nicht genügend präzise, um festzustellen, ob Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung bestehe, weil die Arbeitgeber weniger Informationen liefern müssten, hielt er dazu fest.
ASYL: Der Ständerat hat zwei Petitionen für Straffreiheit für Flüchtlingshelfer mit 28 zu 13 Stimmen abgelehnt. Eingereicht hatten die Bittschriften die Organisationen Solidarité sans frontières und Groupe de Saint-François. Die Mehrheit der Staatspolitischen Kommission (SPK-S) sah keinen Bedarf für Gesetzesänderungen. Eine Minderheit hätte gewünscht, dass die SPK-S eine Kommissionsmotion zum Anliegen verfassen sollte.