Als die Bundesversammlung am 6. November 1848 in Bern erstmals zusammentrat, hatte der Nationalrat erst 111 Mitglieder. Wie die Ständeräte noch heute, sprachen damals die Nationalräte von ihrem Platz aus. So war es auch im neuen «Bundes-Rathhaus», dem heutigen Bundeshaus West, in das die Räte im Juli 1858 nach verschiedenen Provisorien eingezogen waren. Der erste Nationalratssaal hatte relativ bescheidene Ausmasse, und da man die Sitzzahl alle zehn Jahre jeweils nach der Volkszählung neu berechnete, wurde es zusehends enger. Zuletzt mussten die neuen Plätze regelrecht in den Saal hineingepfercht werden. Auch mit der Raumakustik stand es nicht zum Besten.

 

Eine Sitzung des Nationalrates im «Bundes-Rathhaus» im Jahr 1863
Aus: Gruner, Erich: Die Schweizerische Bundesversammlung 1848-1920, Bd. 1, Bern 1966 (Bildtafel)

 

Diese Probleme nahmen noch zu, als 1902 das heutige Parlamentsgebäude bezogen wurde. Anfänglich hatte der Nationalratssaal einen beträchtlichen Nachhall. Die mittlerweile bereits 167 Nationalräte verursachten einen hohen Geräuschpegel, sodass es für die Redner immer schwieriger wurde, sich Gehör zu verschaffen.

 

Der Nationalratssaal bei der Eröffnung des Parlamentsgebäudes am 1. April 1902
Aus: Die Schweiz, Nr. 6/1902, S. 216

 

Wer das Votum eines Ratskollegen verfolgen wollte, suchte sich einen Platz in dessen Nähe. «Ungemein viel Zeit geht verloren», beklagte sich Nationalrat Fritz Bopp in einer Plenardebatte von 1926, «schon dadurch, dass die Herren hin und her laufen müssen […]».

Anfang 1926 verlangte der Bundesrat eine Verbesserung der Akustik des Nationalratssaales. Ein Parlamentarier bemängelte, dass im Saal anstelle eines geordneten Ratsbetriebs ein regelrechtes Markttreiben herrsche.

 

Endlich ist der Redner auch in der hintersten Sitzreihe zu verstehen: Kopfhörer und Tischlautsprecher der 1930er Jahre im Nationalratssaal.
Foto Paul Senn (1901-1953), Bernische Stiftung für Fotografie, Film und Video, Kunstmuseum Bern, Depositum Gottfried-Keller-Stiftung. © Gottfried-Keller-Stiftung, Bern

 

Nach jahrelangen Diskussionen um eine geeignete Lautsprecheranlage liess Nationalratspräsident Henry Vallotton Anfang 1939 ein Rednerpult aufstellen. In einer Zeit, in der die Demokratie überall unter Druck geriet, sollte das Parlament als Institution gestärkt werden.

 

1942 begründet der Nationalrat Ernst Kägi am neuen, noch provisorischen Rednerpult ein Postulat.
Foto Paul Senn (1901-1953), Bernische Stiftung für Fotografie, Film und Video, Kunstmuseum Bern, Depositum Gottfried-Keller-Stiftung. © Gottfried-Keller-Stiftung, Bern