Die Versicherten sollen in jedem Fall eine Kopie der Rechnung erhalten, welche die Krankenkasse bezahlt hat. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) will die Versicherer in die Pflicht nehmen und so die Rechnungskontrolle stärken. Zudem fordert die Kommission weitere Massnahmen in der Bekämpfung der Coronakrise.

Nachdem die Kommission an ihrer Sitzung vom 20. Februar 2020 einstimmig auf die Massnahmen zur Kostendämpfung - Paket 1 (19.046) in der Krankenversicherung eingetreten war, nahm sie die Detailberatung auf. Mit dem Ziel, ihrem Rat bereits in der Sommersession ein erstes Bündel von Massnahmen vorzulegen, will sie die Vorlage aufteilen. Sie will folgende Massnahmen in das neue Paket 1a aufnehmen, die der Bundesrat vorgeschlagen und die Kommission teilweise angepasst hat:

- Rechnungskontrolle: Mit 12 zu 10 Stimmen bei 3 Enthaltungen beantragt die Kommission, dass im System des Tiers payant der Versicherer der versicherten Person zusammen mit der Leistungsabrechnung eine Kopie der Rechnung des Leistungserbringers übermittelt. Der Bundesrat wollte die heutige Regelung, wonach der Leistungserbringer die Rechnungskopie übermitteln muss, auf Gesetzesstufe verankern, um dieser Pflicht mehr Gewicht zu verleihen. Nach Auffassung der Kommission ist es einfacher und letztlich kostengünstiger, wenn beide Dokumente aus einer Hand zu den Versicherten gelangen; auf diese Weise könnten sie die Rechnungskontrolle besser vornehmen. Weiter hat die Kommission eine Motion (20.3452) beschlossen, mit der sie den Bundesrat beauftragen will, eine Änderung des Bundesgesetzes über das elektronische Patientendossier vorzulegen, damit die Leistungserbringer im elektronischen Patientendossier elektronische Rechnungen ablegen können. Die Kommission möchte einen zusätzlichen Anreiz für den Einsatz des elektronischen Patientendossiers schaffen.

- Pauschalen: Die Kommission unterstützt mit 17 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen die Massnahme des Bundesrates, mit der auch im ambulanten Bereich Pauschalen gefördert werden sollen. Sie geht davon aus, dass die Leistungen optimaler eingesetzt und die administrative Abwicklung der Rechnungsstellung vereinfacht werden können.

- Tariforganisation: Mit 16 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung begrüsst die Kommission die Schaffung eines nationalen Tarifbüros im ambulanten Bereich. Im Unterschied zum Bundesrat beantragt sie, dass auch die Versicherer dieser Organisation kostenlos die Daten bekannt geben müssen, die für die Erarbeitung, Weiterentwicklung und Pflege der Tarifstrukturen für ambulante Behandlungen notwendig sind.

- Tarifstruktur aktuell halten: Die Kommission unterstützt mit 17 zu 8 Stimmen, dass die Leistungserbringer und die Versicherer dem Bundesrat kostenlos die Daten bekanntgeben müssen, die dieser benötigt, um die Tarife genehmigen und allenfalls selber festlegen zu können.

- Experimentierartikel: Die Einführung eines Experimentierartikels im Krankenversicherungsgesetz (KVG), mit dem innovative Projekte ausserhalb des normalen Rahmens des KVG ermöglicht werden sollen, blieb im Grundsatz unbestritten. Über die genaue Ausgestaltung will die Kommission an ihrer nächsten Sitzung entscheiden.

Für die Beratung im Plenum liegen mehrere Minderheitsanträge vor. Weitere Massnahmen, wie beispielsweise das Referenzpreissystem bei Arzneimitteln, will die Kommission vertiefen und nach der Sommersession beraten.

COVID-19: Kommission verlangt weitere Massnahmen

Die Kommission hat mit den Bundesräten Alain Berset und Guy Parmelin den Austausch zu den gesundheits- und sozialpolitischen Aspekten der Coronavirus-Krise fortgesetzt.

Sie verlangt, dass die Übernahme von Kosten im Zusammenhang mit COVID-19 rasch einheitlich geregelt wird, um bestehende Unsicherheiten und Fehlanreize zu beseitigen. Mit 21 zu 1 Stimmen bei 3 Enthaltung beschloss sie eine Motion (20.3457), welche den Bundesrat beauftragt, die Tarifpartner im Gesundheitswesen sowie die Kantone zu einer raschen abschliessenden Einigung einzuladen und gegebenenfalls selbst Regeln zu erlassen.

Weiter empfiehlt die Kommission dem Bundesrat in einem Schreiben, bei der Prämienberechnung für das Jahr 2021 im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben ein Maximum an Flexibilität zu zeigen, um die Prämien so tief wie möglich zu behalten.

Im Bereich der Arbeitslosenversicherung hat die Kommission zudem mit 11 zu 11 Stimmen bei 2 Enthaltungen und Stichentscheid der Präsidentin eine Motion beschlossen, um die aktuelle notrechtliche Regelung, wonach auch der Ehegatte, der in einem Familienunternehmen mitarbeitet, in Härtefällen Kurzarbeitsentschädigung erhalten kann, ins ordentliche Recht zu überführen (20.3454).

5G: Rasche Umsetzung der gesundheitspolitischen Begleitmassnahmen

Die Kommission liess sich weiter über den Bericht der Expertengruppe «Mobilfunk und Strahlung» und die weiteren Schritte bei der Einführung von 5G informieren. Sie beschloss mit 11 zu 10 Stimmen bei 3 Enthaltungen eine Kommissionsmotion, damit die im Bericht erläuterten Begleitmassnahmen zu den gesundheitlichen Auswirkungen rasch umgesetzt werden (20. 3455). Angesichts der zentralen Frage der gesundheitlichen Auswirkungen von 5G wird die Kommission das Thema weiterverfolgen.

Versorgung und Sicherheit von Arzneimitteln und Impfstoffen

Einstimmig beantragt die SGK-N ihrem Rat, die Motion «Erhöhung der Versorgungssicherheit bei Medikamenten und Impfstoffen» (20.3166) ihrer Schwesterkommission anzunehmen. Sie beschloss zusätzlich mit 19 zu 3 Stimmen ein Postulat, welches den Bundesrat beauftragt, eine weitere Vereinfachung der Zulassung von Medikamenten und Impfstoffen zu prüfen, welche bereits in einem Land mit gleichwertigem Zulassungssystem zugelassen sind (20.3453).

Ausgehend von Berichten über schädliche Auswirkungen von Epilepsie-Medikamenten mit dem Wirkstoff Valproat (Depakine) während der Schwangerschaft hat die Kommission mit 14 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen ein Kommissionspostulat (20.3456) beschlossen Dieses verlangt die Prüfung von Massnahmen zur rascheren Reaktion auf nachgewiesene, negative Arzneimittelwirkungen und zum Rechtsschutz der Betroffenen im Zusammenhang mit dem Wirkstoff Valproat.

 

Die Kommission tagte am 14. und 15. Mai 2020 in Bern unter der Leitung von Ruth Humbel (CVP, AG) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset und Bundesrat Guy Parmelin.