Nach wie vor sollen 100‘000 Stimmberechtigte eine Volksinitiative einreichen und 50‘000 Stimmberechtigte ein Referendum ergreifen können. Der Vorschlag, in der Bundesverfassung die Anzahl erforderlicher Unterschriften in Prozenten der Stimmberechtigten anzugeben, war in der Staatspolitischen Kommission (SPK) des Nationalrates chancenlos. 

Die Kommission ist der Ansicht, dass in der Verfassung in Form einer absoluten Zahl eindeutig angegeben werden soll, wie viele Unterschriften es zur Einreichung einer Volksinitiative oder eines Referendums braucht, ohne dass zuerst noch Berechnungen angestellt werden müssen. Sie lehnt die Initiative der Fraktion BD, wonach in der Verfassung die Anzahl erforderlicher Unterschriften in Prozenten (z.B. 3 bis 5 Prozent) der Stimmberechtigten angegeben werden soll, mit 19 zu 3 Stimmen ab (16.443 n Pa.Iv. Schutz der Volksrechte. Mehr Sorgfalt in der direkten Demokratie). Zwar braucht es heute prozentual deutlich weniger Stimmberechtigte für die Einreichung einer Initiative oder eines Referendums als bei der Schaffung dieser Instrumente. Allerdings ist die Sammlung von Unterschriften eher schwieriger geworden: Konnten früher vor den Stimmlokalen die interessierten Stimmberechtigten relativ leicht erreicht werden, müssen seit Einführung der brieflichen Stimmabgabe interessierte und stimmberechtigte Personen vor Einkaufszentren und ähnlichen Orten gesucht werden. Unterschriftensammlungen kosten Geld und Zeit. Sie sollten nicht nur für grosse, finanzkräftige Organisationen zu bewerkstelligen sein.

Keine Stimmpflicht wie im Kanton Schaffhausen

Die Kommission anerkennt, dass sich die Pflicht zur Teilnahme an Volksabstimmungen im Kanton Schaffhausen bewährt haben mag. Auf Bundesebene möchte sie jedoch auf dieses Instrument verzichten und lehnt die parlamentarische Initiative von Nationalrat Lorenz Hess (BD, BE) mit 22 zu 2 Stimmen ab (15.498 n Pa.Iv. Direkte Demokratie beleben. Stimmpflicht einführen). Die Teilnahme an Volksabstimmungen ist keine Pflicht, sondern ein Recht. Es liegt an den Parteien und anderen politischen Organisationen, die Bürgerinnen und Bürger zur Wahrnehmung dieses Rechts zu motivieren.

Abstimmungsvideos als legitimes Informationsmittel der Behörden

Die Kommission ist der Ansicht, dass die Behörden verschiedene Informationsmittel nutzen sollen, um die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger vor Volksabstimmungen zu informieren. Sie spricht sich deshalb mit 16 zu 9 Stimmen gegen die parlamentarische Initiative von Nationalrat Gregor Rutz (V, ZH) aus, welche als Mittel der behördlichen Information nur die Abstimmungserläuterungen und eine Medienkonferenz zulassen wollte (16.441 n Pa.Iv. Verhältnismässigkeit bei der Information der Stimmberechtigten). Nach Ansicht der Kommission kann auch ein Abstimmungsvideo ein sinnvolles Informationsmittel darstellen, wenn die gesetzlich festgehaltenen Kriterien betreffend sachliche Information beachtet werden.

Bundesrat soll wichtige Staatsverträge nicht allein kündigen können

Die Kommission schliesst sich einstimmig dem Beschluss ihrer ständerätlichen Schwesterkommission an, welche die Zuständigkeiten für die Kündigung von Staatsverträgen klären will (16.456 s Pa.Iv. SPK-SR. Kündigung und Änderung von Staatsverträgen. Verteilung der Zuständigkeiten). Der Bundesrat vertritt die Auffassung, er sei für die Kündigung allein zuständig. Demgegenüber möchten die beiden SPK festlegen, dass das für die Genehmigung des Abschlusses eines Staatsvertrages zuständige Organ (je nach Wichtigkeit des Vertrags können dies der Bundesrat, das Parlament, das Volk oder Volk und Stände sein) auch für die Genehmigung einer Kündigung zuständig sein soll (vgl. die Medienmitteilung der SPK-SR vom 26. August 2016).

Aufhebung der Visumspflicht ohne Rückübernahmeabkommen weiterhin möglich

Die Schengener-Abkommen verpflichten die Schweiz, von der EU beschlossene Visumbefreiungen zu übernehmen, auch wenn die Schweiz mit den betreffenden Staaten kein Rückübernahmeabkommen abgeschlossen hat. Die parlamentarische Initiative von Nationalrätin Amaudruz fordert, dass eine Aufhebung der Visumpflicht nur möglich sein soll, wenn vorgängig mit dem entsprechenden Staat ein Rückübernahmeabkommen abgeschlossen wird (16.445 n Pa.Iv. Amaudruz. Keine Aufhebung der Visumpflicht ohne Rückübernahmeabkommen). Die Kommission lehnt diese Initiative mit 15 zu 9 Stimmen ab. Obwohl sie im Grundsatz die Problematik anerkennt, betont die Kommission die Wichtigkeit, völkerrechtliche Verpflichtungen zu respektieren. Denn die Forderung der Initiantin hätte eine Nichteinhaltung der Schengener-Abkommen zur Folge. Zudem könnte es ein politisch falsches Signal aussenden, wenn die Schweiz mit Ländern ein Rückübernahmeabkommen abschliesst, die nicht demokratisch sind und bei denen Menschenrechtsverletzungen festgestellt werden.

Die Kommission tagte am 17. November 2016 unter dem Vorsitz ihres Präsidenten Nationalrat Heinz Brand (V, GR) in Bern.