Nachdem der Nationalrat in der Herbstsession 2020 einen indirekten Gegenentwurf zur Volksinitiative «Für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung» in der Gesamtabstimmung deutlich abgelehnt hatte, will seine Staatspolitische Kommission (SPK) dem Projekt eine zweite Chance geben.

Die Kommission hat zur Kenntnis genommen, dass der Ständerat in der Wintersession am Entwurf für eine Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte (19.400 Pa. Iv. Mehr Transparenz in der Politikfinanzierung) ohne Gegenantrag festgehalten hat. Sie beantragt nun ihrem Rat ebenfalls erneut Eintreten auf den Entwurf, den sie in der Gesamtabstimmung mit 14 zu 10 Stimmen angenommen hat. Bezüglich der Höhe der offenzulegenden Beiträge schliesst sich die Kommission dem Ständerat an. Ein Antrag, die Limite, ab welcher an Parteien oder Komitees gespendete Beiträge offengelegt werden müssen, von 25'000 Franken auf 10'000 Franken zu senken, wurde mit 14 zu 10 Stimmen abgelehnt.

Die SPK hat sich für drei Ergänzungen des Entwurfs des Ständerates ausgesprochen: Mit 14 zu 10 Stimmen beantragt sie, dass Parteien zusätzlich offenlegen müssen, welche Beiträge sie von ihren Mandatsträgerinnen und Mandatsträger erhalten. Auch will sie mit 16 zu 7 Stimmen, dass Offenlegungspflichten für Mitglieder des Ständerates bezüglich ihrer Wahlkampfbudgets bestehen. Mit 14 zu 10 Stimmen spricht sich die Kommission für eine stichprobenweise Kontrolle der Korrektheit der Angaben der Offenlegungspflichtigen aus.

Die Minderheit der Kommission ist nach wie vor der Ansicht, dass Offenlegungspflichten im Bereich der Politikfinanzierung im schweizerischen politischen System mit seinem ausgeprägten Milizcharakter wenig Sinn machen und spricht sich gegen die Vorlage aus.

Politische Rechte in Krisenzeiten

In einer Aussprache mit dem Bundeskanzler hat die Kommission ihre Zufriedenheit darüber ausgedrückt, dass die Bundeskanzlei rasch und unbürokratisch Massnahmen ergriffen hat, damit die politischen Rechte auch während der Covid-Krise ausgeübt werden können.

Als wirksam erachtet die Kommission zudem die mit dem Covid-Gesetz geschaffene Möglichkeit, dass die Bescheinigungen für Unterschriften für Referenden auch nach Ablauf der Sammelfrist eingeholt werden können. Sie erachtet es als sinnvoll, diese Möglichkeit auch für Initiativen vorzusehen und hat mit 19 zu 3 Stimmen bei einer Enthaltung eine entsprechende Kommissionsmotion eingereicht (21.3006 Mo. SPK-NR. Gleichbehandlung von Initiativen und Referenden in Zeiten der COVID-Pandemie).

Im Weiteren möchte die Kommission die rechtlichen Grundlagen schaffen, um die Nutzung der Volksrechte auch in künftigen Krisen zu gewährleisten. Sie hat deshalb mit 17 zu 7 Stimmen der Ziffer 1 einer Motion des Ständerates (20.3419 Mo. SR [Rieder]. Bewahrung der demokratischen Rechte und Stärkung der digitalen Einsatzbereitschaft)

zugestimmt, wonach der Stillstand von Fristen betreffend politische Rechte sowie das Verschieben von Volksabstimmungen und Wahlen in einem ordentlichen Bundesgesetz geregelt werden sollen. Mit 14 zu 10 Stimmen hat sie auch der Ziffer 2 dieser Motion zugestimmt, wonach die digitale Kompetenz der Bundesbehörden gefördert werden soll. Eine Minderheit hat sich gegen die Motion ausgesprochen, welche ihr zu weit gefasst scheint.

Schliesslich will die Kommission prüfen, ob das elektronische Sammeln von Unterschriften, ein geeignetes Instrument gerade auch in Krisen sein könnte. Sie will dazu Anhörungen durchführen, bevor sie über die Einreichung eines Vorstosses entscheidet.

Gebührenfreier Zugang zu amtlichen Dokumenten: Vorlage wird dem Rat unterbreitet

Der Bundesrat unterstützt die von der SPK ausgearbeitete Änderung des Öffentlichkeitsgesetzes zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative 16.432 n (Pa. Iv. Graf-Litscher. Gebührenregelung. Öffentlichkeitsprinzip in der Bundesverwaltung). Gemäss dieser Vorlage sollen für den Zugang zu amtlichen Dokumenten grundsätzlich keine Gebühr erhoben werden. Einzig, wenn ein Zugangsgesuch eine äussert aufwändige Bearbeitung durch die Behörden erfordert, soll eine Gebühr erhoben werden können. Die Kommission hat sich mit 16 zu 7 Stimmen gegen einen Antrag des Bundesrates ausgesprochen, die Pflicht zur Information der Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller über die anfallenden Gebühren nicht auf Gesetzesstufe zu regeln. Die Kommission unterbreitet somit ihren Entwurf unverändert dem Rat, welcher ihn in der Frühjahrssession behandeln kann.

E-Voting: Keine Systementscheide zum jetzigen Zeitpunkt

Die Kommission spricht sich mit 18 zu 2 Stimmen bei 3 Enthaltungen dagegen aus, sich zum jetzigen Zeitpunkten zu konkreten Systemen für E-Voting auszusprechen und lehnt deshalb eine Initiative des Kantons Genf ab (19.312 Kt. Iv. GE. Entwicklung eines E-Voting-Systems durch den Bund und die Kantone).

Keine Relativierung der Meldepflicht für freie saisonale Stellen

Der Ständerat nahm im Herbst 2020 entgegen dem Antrag seiner Kommission die von Ständerat Beat Rieder eingereichte Motion 19.4560 («Mit Bürokratieabbau zu einem stärkeren saisonalen Arbeitsmarkt») an. Ziel dieser Motion ist es, den mit der Stellenmeldepflicht einhergehenden administrativen Aufwand für Unternehmen, die saisonale Arbeitskräfte einstellen, zu reduzieren. Die SPK des Nationalrates beantragt einstimmig, diese Motion abzulehnen. Sie erachtet es für unangebracht, einen Mechanismus infrage zu stellen, welcher der Nutzung des inländischen Arbeitskräftepotenzials dient – insbesondere in Zeiten, in denen aufgrund der Covid-19-Krise mit steigenden Arbeitslosenzahlen zu rechnen ist.

Teilnahme an Parlamentssitzungen auch während des Mutterschaftsurlaubs

Die SPK des Nationalrates ist wie ihre ständerätliche Schwesterkommission der Auffassung, dass Parlamentarierinnen, die ihr Mandat auch während des Mutterschaftsurlaubs wahrnehmen möchten, deshalb nicht ihren Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung verlieren sollten. Darum hat sie den drei von den Kantonen Zug, Basel-Landschaft und Luzern eingereichten Standesinitiativen (19.311, 20.313 und 20.323), welche eine entsprechende Anpassung des Erwerbsersatzgesetzes und der dazugehörigen Verordnung verlangen, einstimmig Folge gegeben.

Ausschaffung krimineller Ausländerinnen und Ausländer: Bundesrat muss Umsetzung verbessern

Bereits an einer früheren Sitzung hatte die Kommission verschiedene Akteure angehört, die mit der Anwendung und dem Vollzug der obligatorischen Landesverweisung gemäss Artikel 66a des Strafgesetzbuches betraut sind. An der heutigen Sitzung hat sie nun mit 16 zu 8 Stimmen den Ziffern 1 und 2 sowie einstimmig der Ziffer 3 einer Kommissionsmotion zugestimmt, welche die Umsetzung der obligatorischen Landesverweisung in mehreren Punkten verbessern will (21.3009). Ziffer 1 verlangt, dass die Landesverweisung durch die Staatsanwaltschaften im Strafbefehlsverfahren angeordnet werden kann. Gemäss Ziffer 2 soll der Umstand einer drohenden Landesverweisung alleine nicht mehr für die Bestellung einer notwendigen Verteidigung genügen. Ziffer 3 fordert, dass bestimmte Straftaten, die zu einer obligatorischen Landesverweisung führen, überprüft und gegebenenfalls präzisiert werden.

Die Kommission tagte am 21./22. Januar 2021 unter dem Vorsitz von Nationalrat Andreas Glarner (V, AG) in Bern.