In der vergangenen Wintersession hat sich nach dem Ständerat auch der Nationalrat für ein Bundesgesetz über die Gesichtsverhüllung ausgesprochen (19.023 s Ja zum Verhüllungsverbot. Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag). Die als indirekter Gegenentwurf zur Volksinitiative für ein Verhüllungsverbot konzipierte Vorlage sieht vor, dass im Umgang mit Schweizer Behörden in bestimmten Situationen das Gesicht zu zeigen ist. Der Nationalrat hatte diese Vorlage mit gleichstellungspolitischen Forderungen ergänzt. Die Staatspolitische Kommission beantragt nun ihrem Rat, diesen Ergänzungen zuzustimmen, wobei sie allerdings einige redaktionellen Klärungen vorgenommen hat.
Es wird konkret vorgeschlagen, im Ausländer- und Integrationsgesetz festzuhalten, dass bei vom Bund finanziell geförderten kantonalen Integrationsprogrammen den besonderen Anliegen von Frauen, Kindern und Jugendlichen Rechnung getragen wird. Im Gleichstellungsgesetz sollen auch Förderprogramme ermöglicht werden, welche die Gleichstellung von Frau und Mann auch ausserhalb des Erwerbslebens verbessern. Im Bundesgesetz über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe soll schliesslich ebenfalls vorgesehen werden, dass die Situation der Frauen verbessert werden soll.
Die Kommission ist davon überzeugt, dass mit diesen Massnahmen mehr für die Besserstellung der Frauen erreicht werden kann als mit einem Gesichtsverhüllungsverbot.
Einheit der Materie: Handlungsspielraum des Parlamentes nicht beschränken
Auf die rechtliche Verankerung des Erfordernisses der Wahrung der Einheit der Materie bei Bundesgesetzen soll nun doch verzichtet werden. Die SPK des Ständerates folgt damit mit 8 zu 3 Stimmen und zwei Enthaltungen dem Entscheid ihrer Schwesterkommission des Nationalrates, welche sich im vergangenen Oktober gegen eine entsprechende parlamentarische Initiative ausgesprochen hatte, die ursprünglich in der Ständeratskommission eine Mehrheit gefunden hatte (18.436 s Pa.Iv. Minder Erlasse der Bundesversammlung. Wahrung der Einheit der Materie, vgl.
Medienmitteilung der SPK-N vom 16. August 2019).
Die Kommission ist zum Schluss gekommen, dass im schweizerischen System genügend Raum für die Kompromissfindung auf parlamentarischer Ebene bestehen muss. Es liegt in der Verantwortung der Bundesversammlung, bei der Gesetzgebung verschiedene Themen zu verknüpfen oder auch nicht. Sind die Stimmenden mit einer Verknüpfung nicht einverstanden, können sie die Vorlage in der Volksabstimmung ablehnen.
Mit Kommissionsmotionen soll effizient auf Verordnungen eingewirkt werden können
In der vergangenen Herbstsession hat sich der Ständerat gegen die Einführung eines Verordnungsvetos ausgesprochen. Die SPK des Ständerates ist der Ansicht, dass der Bundesversammlung dennoch ein Instrument zur Verfügung stehen sollte, mit welchem sie anders als mit dem Verordnungsveto rasch und unkompliziert auf die Verordnungsgebung des Bundesrates einwirken kann, sollte sie das als notwendig erachten. Sie hat deshalb mit 7 zu 5 Stimmen bei einer Enthaltung eine Kommissionsinitiative beschlossen. Gemäss dieser soll der Bundesrat spätestens sechs Monate nach Annahme einer Kommissionsmotion, welche die Änderung einer erst kürzlich erlassenen Verordnung oder eines Verordnungsentwurfs verlangt, Bericht erstatten (20.402 Pa.Iv. SPK-SR. Kommissionsmotionen zur Änderung von Verordnungen und Verordnungsentwürfen. Beschleunigung der Umsetzung).
Die Kommission tagte am 18. Februar 2020 unter dem Vorsitz ihres Präsidenten Ständerat Andrea Caroni (RL/AR) in Bern.