Die Umweltkommission des Nationalrates spricht sich klar für einen griffigen indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative aus. Das Ziel Netto-Null-Treibhausgasemissionen bis 2050 soll zum Gesetz werden, konkretisiert durch Zwischenziele und sektorielle Richtwerte. Langfristige Investitionen in die Klimaneutralität von Unternehmen sollen mit bis zu 1.2 Mia. Franken über 6 Jahre gefördert werden, während für entsprechende Massnahmen bei Gebäuden 2 Mia. Franken über 10 Jahre vorgesehen sind. Zudem sollen Bund, Kantone und Gemeinden beim Klimaschutz als Vorbilder vorangehen.

Mit 17 zu 7 Stimmen hat die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates (UREK-N) ihren indirekten Gegenentwurf (21.501) zur Gletscher-Initiative (21.055) gutgeheissen. Damit zeigt sie einmal mehr ihre Unterstützung für das Kernanliegen der Gletscherinitiative, die Klimaneutralität der Schweiz bis 2050. Mit der Ausarbeitung eines indirekten Gegenvorschlages zur Gletscher-Initiative verfolgte die UREK-N das Ziel, in Form eines Rahmengesetzes möglichst rasch eine griffige Klimazielsetzung im Schweizer Recht zu verankern und damit die langfristige Klimapolitik der Schweiz aktiv zu voranzubringen. Die Sektoren Gebäude und Verkehr sollen bis 2050 überhaupt kein CO2 mehr ausstossen, die Industrie soll bis 2050 ihre Treibhausgasemissionen um 90 % reduzieren. Anhand von Zwischenzielen wird ein Absenkpfad für die Treibhausgasemissionen bis 2050 definiert, so sollen bis 2040 die Emissionen der Schweiz um 75 % gegenüber 1990 sinken. Es sind verschiedene Instrumente vorgesehen, die eine langfristige Ausrichtung von Wirtschaft und Gesellschaft auf das Netto-Null-Ziel sicherstellen sollen. Das bedeutet, dass bis 2050 die Treibhausgasemissionen so weit wie möglich vermindert, und die verbleibenden Emissionen in Form von sogenannten negativen Emissionen der Atmosphäre entzogen werden sollen. Zudem sieht der Gesetzesentwurf vor, dass die Finanzflüsse klimaverträglich ausgerichtet und die Massnahmen zur Anpassung an den Klimawandel verstärkt werden sollen.

Eine Minderheit lehnt den indirekten Gegenentwurf ab. Sie erachtet die Ziele und Massnahmen als unverhältnismässig und finanzpolitisch nicht tragbar.

Der Entwurf sieht verschiedene Förderungsinstrumente vor. Unternehmen, die auf freiwilliger Basis planen, ihre Emissionen bis 2050 auf Netto-Null zu reduzieren, werden dabei vom Bund unterstützt. Ausserdem sollen neuartige Prozesse und Technologien zur Reduktion von Treibhausgasemissionen während 6 Jahren mit 1.2 Milliarden Franken gefördert werden. Im Sinne einer Vorbildfunktion soll der Bund verpflichtet werden, mit seiner zentralen Verwaltung bereits im Jahr 2040 das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Ebenso sollen die zentralen Kantonsverwaltungen und die bundesnahen Unternehmen bis 2040 Netto-Null Emissionen anstreben. Vorgesehen ist zudem ein Sonderprogramm, in dem der Bund den Ersatz von fossilen und ineffizienten elektrischen Heizungsanlagen direkt fördert, sowie Bürgschaften für energetische Gebäudesanierungen gewährt. Dafür sollen während 10 Jahren jährlich bis zu 200 Mio. Franken eingesetzt werden. Damit wird auch die Abhängigkeit vom Import von fossilen Energieträgern reduziert.

Mit den detaillierten Zielsetzungen schafft das Gesetz die Grundlage, um in Zukunft die geeigneten kurzfristigen Klimaschutzmassnahmen zu ergreifen, insbesondere im CO2-Gesetz. Diese Massnahmen sollen sozialverträglich und auf eine Stärkung der Volkswirtschaft ausgerichtet sein. Zudem soll, wo nötig, eine besondere Unterstützung der Berg- und Randgebiete vorgesehen werden.

Verschiedene Minderheiten beantragen Änderungen am Inhalt des Gesetzesentwurfes. Sie stellen sich gegen die Festlegung von Richtwerten für Sektoren oder die Zielbestimmung zu klimaverträglichen Finanzflüssen, verlangen eine Abschwächung der Zwischenziele oder wollen bei der Erreichung des Netto-Null-Ziels die Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung berücksichtigen. Andere Minderheiten fordern hingegen ambitioniertere Ziele wie die Erreichung von Netto-Null bis 2040, oder dass weitere Bereiche von den Zwischenzielen und Richtwerten erfasst werden. Dazu kommen Anträge auf zusätzliche oder verbindlichere Klimaschutzmassnahmen in den Bereichen Gebäude, Verkehr und Finanzsektor. Weitere Minderheiten stellen sich gegen die Umsetzung der Ziele in einem Massnahmengesetz, die Vorbildfunktion der Gemeinden oder das Sonderprogramm zum Ersatz von Heizungsanlagen.

CO2-Grenzausgleichssystem

Zudem hat die Kommission der parlamentarischen Initiative Ryser (21.432) mit 13 zu 11 Stimmen Folge gegeben. Die Initiative strebt an, die gesetzlichen Grundlagen für ein CO2-Grenzausgleichssystem zu schaffen. Ein solches System soll die Verlagerung von CO2-intensiven Produktionsprozessen in Länder mit weniger strengen Klimaschutzvorschriften verhindern. Dazu soll beim Import von gewissen Gütern eine Abgabe erhoben werden, deren Höhe von den bei der Produktion anfallenden CO2-Emissionen abhängt. Die Kommission stellt fest, dass mit dem Postulat 20.3933 und der Motion 21.3602 bereits andere Vorstösse zu diesem Thema hängig sind, deren weitere Behandlung mit der Initiative zu koordinieren ist.

Photovoltaikanlagen auf Strassen- und Bahninfrastruktur

Die Kommission hat zwei Motionen beschlossen – die eine mit 15 zu 7 Stimmen (22.3386) und die andere ohne Gegenstimme (22.3387) – mit denen sie die Produktion von Solarstrom auf der bestehenden Strassen- und Bahninfrastruktur wie Lärmschutzwänden, Fassaden oder Dachflächen rasch vorantreiben will. Zum einen sollen die SBB und das Bundesamt für Strassen (ASTRA) das Potenzial für die Installation von Photovoltaikanlagen auf ihrer Infrastruktur nutzen. Zum anderen soll es dem ASTRA ermöglicht werden, Flächen zum Bau von Photovoltaikanlagen entlang der Nationalstrassen Dritten kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Zudem möchte die Kommission die Hürden für den Einbau von nachhaltigen Heizungsanlagen in Form von Wärmepumpen abbauen. Dies soll mit einer Änderung der Lärmschutzverordnung erreicht werden. Die Kommission hat eine entsprechende Motion mit 18 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen verabschiedet (22.3388). Eine Minderheit lehnt die Motion ab.

Die Kommission hat mit der Beratung der Volksinitiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative)» und des indirekten Gegenvorschlages (22.025) begonnen. Sie diskutierte das Begehren mit dem Initiativkomitee und wird die betroffenen Kreise im Rahmen einer Anhörung in ihre Beratungen einbeziehen.

Schliesslich unterstützte die Kommission einstimmig die parlamentarische Initiative Fässler (21.463), welche anstrebt, dass für Holz aus Schweizer Wäldern Richtpreise vereinbart werden können. Zur Motion 21.4144 beantragt sie, den Motionstext weniger weitreichend zu formulieren: Der Ersatz von Holzheizungen durch modernere Holzfeuerungsanlagen soll nur unterstützt werden, wenn die Mehrkosten unverhältnismässig hoch sind.

Die Kommission hat am 25./26. April 2022 unter dem Vorsitz von Nationalrat Jacques Bourgeois (FDP/FR) in Bern getagt.