Der Ständerat hat in der Wintersession beschlossen, gentechnisch veränderte Organismen, denen kein transgenes Erbmaterial eingefügt wurde, vom Gentech-Moratorium auszunehmen. Dies lehnt die Wissenschaftskommission des Nationalrates (WBK-N) ab und schlägt einen Kompromiss vor: Der Bundesrat soll bis spätestens Mitte 2024 der Bundesversammlung eine entsprechende Regelung unterbreiten.

Das Gentech-Moratorium – mit oder ohne Ausnahmen – soll nunmehr zum vierten Mal verlängert werden (21.049 n Gentechnikgesetz. Änderung). Der Kommission lagen verschiedene Anträge vor, die sich gegenüber dem ständerätlichen Beschluss zu den Züchtungsverfahren mit Genom-Editierungsmethoden positionierten (vgl. dazu auch Medienmitteilung der WBK-S vom 16. November 2021). Nach einer Abstimmungskaskade setzte sich das Anliegen durch, wonach der Bundesrat der Bundesversammlung spätestens bis Mitte 2024 einen Erlassentwurf unterbreitet für eine risikobasierte Zulassungsregelung für die neuen Züchtungstechnologien (NZT), sofern sie gegenüber den herkömmlichen Züchtungsmethoden einen nachgewiesenen Mehrwert für Landwirtschaft, die Umwelt oder die Konsumentinnen und Konsumenten haben. Die Kommissionsmehrheit folgt damit im Grundsatz dem Ständerat und möchte damit die Tür für diese Technologien nicht geschlossen halten. Wie dies genau umgesetzt werden soll, sei zu prüfen. Dieser Vorschlag obsiegte mit 13 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung gegenüber dem Antrag, bei der nationalrätlichen Version zu bleiben. Diese sieht ihrerseits bis zum Auslaufen des Moratoriums Ende 2025 keine solchen Ausnahmen vor.

Eine Minderheit möchte diesem Anliegen hinzufügen, dass die neue Zulassungsregelung die Koexistenz sicherstellt, die Fragen der Verantwortlichkeit regelt und die Wahlfreiheit der Konsumentinnen und Konsumenten garantiert. Eine weitere Minderheit möchte bei der nationalrätlichen Version bleiben. Sie möchte die Berichte des Bundesrates zu den Postulaten 20.4211 und 21.3980 sowie die von der EU in Aussicht gestellte Neuregelung im Umgang mit den NZT abwarten, bevor sie sich zu einer allfälligen Öffnung äussert.

Das Geschäft wird voraussichtlich in der Frühjahrssession im Nationalrat behandelt.

Rahmenabkommen Schweiz–EU: Standortbestimmung mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Forschung und Industrie

Die Schweiz gilt beim EU-Forschungs- und Innovationsprogramm «Horizon Europe» inzwischen als nicht assoziierter Drittstaat. Die Kommission hat an ihrer Sitzung die wichtigsten Akteure aus Wissenschaft, Forschung und Industrie (Swissuniversities, ETH-Rat, Schweizerischer Nationalfonds, Innosuisse, Scienceindustries) angehört, um mehr über die konkrete Umsetzung der Zusatz- und Ersatzmassnahmen zu erfahren, die der Bundesrat ins Auge gefasst hat, nachdem die Verhandlungen über das institutionelle Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU abgebrochen wurden. Die Angehörten haben auf die bereits spürbaren negativen Folgen des Ausschlusses der Schweiz vom Horizon-Programm verwiesen und betont, dass die internationale Zusammenarbeit sehr wichtig ist, um die Attraktivität des Hochschulstandorts Schweiz hochzuhalten, die Qualität und Bedeutung der Forschung zu wahren sowie die Vernetzung der Forscherinnen und Forscher sicherzustellen. Die Kommission wird die Entwicklungen in diesem Dossier und die Entscheide des Bundesrates weiterhin aufmerksam verfolgen. Nach der Anhörung hat sich die Kommission diesbezüglich mit dem Vorsteher des WBF, Bundesrat Guy Parmelin, und der Staatssekretärin für Bildung, Forschung und Innovation Martina Hirayama, ausgetauscht.

Weiterhin Bundesgelder für die kantonale französischsprachige Schule in Bern (ECLF)

Die Kommission hat mit 17 zu 0 Stimmen bei 7 Enthaltungen die Revision des Bundesgesetzes über Beiträge für die kantonale französischsprachige Schule in Bern (21.068) zuhanden des Rates verabschiedet. Damit unterstützt sie weiterhin den finanziellen Beitrag des Bundes in der Höhe von rund 1 Million Franken an die «école cantonale de langue française à Berne» (ECLF), der jährlich dem Kanton Bern als Träger der Schule zugesichert wird. Eine Minderheit möchte die Kann-Bestimmung zur Ausrichtung der Beiträge in eine Verpflichtung umwandeln; eine weitere Minderheit möchte nicht nur Beiträge an die Betriebskosten, sondern auch an die Investitionskosten gewähren.

21.403 n Pa. Iv. WBK-NR. Überführung der Anstossfinanzierung in eine zeitgemässe Lösung

Die Kommission hat sich über die laufenden Arbeiten ihrer Subkommission zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative 21.403 informieren lassen. Aktuell werden verschiedene Modelle unter anderem zur Schaffung von Betreuungsplätzen, zur Senkung der Elterntarife sowie zur Qualitätssicherung bei der Kinderbetreuung geprüft. Sie nahm dabei zur Kenntnis, dass das neu zu schaffende Bundesgesetz – sollte es realisiert werden – voraussichtlich frühestens anfangs 2025 in Kraft treten könnte. Deshalb möchte sie die aktuellen, zeitlich befristeten Finanzhilfen bis dahin verlängern und hat hierfür mit 19 zu 0 Stimmen bei 5 Enthaltungen eine entsprechende Kommissionsinitiative ergriffen (22.403).

Vor dem Hintergrund dieser laufenden Arbeiten hat sie mit 15 zu 10 Stimmen beschlossen, die Beratung der Initiative 17.412 Aebischer Matthias. Chancengerechtigkeit vor dem Kindergartenalter weiterhin auszusetzen.

Präventionskampagnen gegen häusliche, sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt

Die Kommission wurde über den Bericht in Erfüllung des von Ständerätin Maya Graf eingereichten Postulats 19.3618 informiert. In diesem Zusammenhang hat sie mit 16 zu 7 Stimmen eine Kommissionsmotion (22.3011) beschlossen, welche die gleiche Stossrichtung hat wie die bereits eingereichten Motionen 21.4418, 21.4470 und 21.4471 und den Bundesrat beauftragt, regelmässig schweizweite Präventionskampagnen gegen die genannten Gewaltformen durchzuführen, welche auf die verschiedenen Opfer- und Tätergruppen abzielen. Eine Minderheit beantragt ihrem Rat, die Kommissionsmotion abzulehnen.

Weitere Beschlüsse

  • Die Kommission hat die Beratung der parlamentarischen Initiative 20.454 Piller Carrard. Kinderarmut bekämpfen ausgesetzt. Im Hinblick auf die Wiederaufnahme des Geschäfts hat sie von der Verwaltung vertiefte Abklärungen zur Situation und zu den Massnahmen zur Bekämpfung von Kinderarmut verlangt.
  • Sie hat zudem beschlossen, die Prüfung der Standesinitiativen der Kantone Genf (20.311) und Freiburg (21.315) auszusetzen. Sie will den für dieses Jahr in Aussicht gestellten Bericht in Erfüllung des Postulats 20.3913 (Verbesserung der Wirksamkeit des Nutri-Score) abwarten, bevor sie über die Initiativen befindet.

Die Kommission hat am 27./28. Januar 2022 unter dem Vorsitz von Nationalrat Fabien Fivaz (Grüne, NE) und teilweise im Beisein von Bundesrat Guy Parmelin, Vorsteher des WBF, in Bern getagt.