Voranschlag 2022. Nachtrag II (22.042 ns)
Mit dem Nachtrag II 2022 beantragt der Bundesrat dem Parlament Nachtragskredite von insgesamt 1,7 Milliarden Franken, darunter ein Paket von 100 Millionen Franken zugunsten der Ukraine, um die dringliche Instandhaltung der Energie-Infrastruktur im Winter zu unterstützen. Für das Reservekraftwerk in Birr, die höheren Ausgaben für die Migration aufgrund der Ukraine-Krise, die höheren Passivzinsen sowie die Impfungen gegen die Affenpocken hat die Finanzdelegation bereits Vorschüsse in Höhe von 303 Millionen Franken freigegeben.
Die Finanzkommission des Nationalrates (FK-N) beantragt ihrem Rat die Annahme der vom Bundesrat beantragten Nachtragskredite (ohne Gegenstimme in der Gesamtabstimmung). Auch der Aktionsplan Winterhilfe Ukraine war in der Kommission unbestritten. Die Nationalratspräsidentin und mitunterzeichnende Ratsmitglieder diverser Fraktionen hatten sich diesbezüglich schriftlich an die FK-N gewandt und diese aufgerufen, den Nachtragskredit zu unterstützen. Ein Antrag auf Verdoppelung der vorgesehenen Mittel von 100 auf 200 Millionen wurde mit 14 zu 11 Stimmen (Abstimmung über den SECO-Kredit) bzw. mit 13 zu 11 Stimmen (Abstimmung über den DEZA-Kredit) abgelehnt. Kürzungsanträge bei den Integrationsmassnahmen für ausländische Personen (-69 Millionen Franken) bzw. für die Beschaffung von Impfstoffen und Therapeutika gegen Affenpocken (Streichung des Kredits von 8,65 Millionen Franken) wurden mit 18 zu 7 Stimmen bzw. mit 17 zu 7 Stimmen abgelehnt.
Voranschlag 2023 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2024-2026 (22.041 ns)
Generelle Bemerkungen zum Voranschlag 2023
Der Voranschlagsentwurf des Bundesrates, welcher am 26. Oktober um eine Nachmeldung ergänzt wurde, sieht im ordentlichen Haushalt ein Defizit von 669 Millionen Franken vor. Aufgrund der nach wie vor nicht ausgelasteten Wirtschaft würde die Schuldenbremse jedoch ein konjunkturelles Defizit von 878 Millionen Franken zulassen, sodass ein struktureller Überschuss (Handlungsspielraum gemäss Schuldenbremse) von 209 Millionen Franken resultiert. Damit präsentiert der Bundesrat einen mit der Schuldenbremse konformen Voranschlag 2023.
Die FK-N beantragt dem Nationalrat einen Voranschlag, welcher gegenüber dem Bundesratsentwurf Mehrausgaben von 11,2 Millionen Franken vorsieht. Damit beträgt der strukturelle Überschuss nach der Vorberatung durch die FK-N 198 Millionen Franken. In der Gesamtabstimmung hat die FK-N diese Version des Voranschlags mit 18 zu 6 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen. Mit 24 zu 1 Stimmen bzw. mit 24 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung unterstützt die Kommission auch die anderen Bundesbeschlüsse über den Voranschlag (Entnahmen aus dem BIF und dem NAF).
Generelle Bemerkungen zum Finanzplan 2024–2026
Im Rahmen der Beratung des Finanzplans 2024–2026 lagen der FK-N diverse Anträge auf Plafonierung der Ausgaben in diversen Bereichen vor (Neue Regionalpolitik, Entwicklungszusammenarbeit, Institutionen der Forschungsförderung, Internationale Mobilität Bildung, Stipendien für ausländische Studierenden und zweiter Schweizer Beitrag). Diese Kürzungsanträge wurden allesamt mit 17 zu 8 oder 17 zu 7 Stimmen abgelehnt.
Gegenstand intensiver Diskussionen war der Zusatzbericht zum Voranschlag 2023 mit IAFP 2024 bis 2026, welchen der Bundesrat am 19. Oktober verabschiedet hatte. In diesem weist der Bundesrat das Parlament darauf hin, dass die Vorgaben der Schuldenbremse in den Finanzplanjahren 2024–2026 aus heutiger Sicht deutlich verfehlt werden. Die FK-N anerkennt den dringenden Handlungsbedarf. Bevor sie sich mit konkreten Massnahmen zur Beseitigung der strukturellen Defizite befasst, will die Kommission abwarten, welche Beschlüsse die Räte in der Wintersession zu den noch hängigen Vorlagen mit finanziellen Auswirkungen fassen (insbesondere zum indirekten Gegenvorschlag zur Prämienentlastungsinitiative, welcher ab 2025 mit 1,7 Milliarden Franken zu Buche schlägt). Die FK-N wird die Diskussion über die Bereinigung des Finanzplans auf der Grundlage einer aktuellen Gesamtschau im ersten Quartal 2023 fortsetzen.
Die FK-N nimmt zur Kenntnis, dass die besorgniserregende Haushaltslage insbesondere auf Erlassentwürfe und Vorstösse zurückzuführen ist, welche von Sachbereichskommissionen ausgearbeitet oder grundlegend angepasst wurden und den Finanzkommissionen nicht in einem Mitberichtsverfahren vorgelegt wurden. Vor diesem Hintergrund reicht die FK-N eine Kommissionsinitiative (22.483) ein, wonach die Rechtsgrundlagen zum parlamentarischen Mitberichtsverfahren so anzupassen sind, dass die Finanzkommissionen ihren gesetzlichen Auftrag, sich mit allen grundlegenden Fragen der finanziellen Führung des Bundes zu befassen, besser wahrnehmen können. Dabei soll insbesondere sichergestellt werden, dass die Finanzkommissionen nicht nur bei Vorlagen des Bundesrates, sondern auch bei Erlassentwürfen und allenfalls Vorstössen von Sachbereichskommissionen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen zeit- und sachgerecht einbezogen werden.
Im Folgenden werden die zentralen Beschlüsse der FK-N zum Voranschlag 2023 und Finanzplan 2024-2026 nach thematischen Blöcken zusammengefasst:
Bundespersonal
Abgelehnt wurden folgende Anträge:
- eine Querschnittkürzung bei den Personalausgaben des Bundes in Höhe von 24,8 Millionen Franken. Ein Teil der Kürzung sollte durch die Streichung der Stellen für die Strategie «Social Media/Digitalisierung» umgesetzt werden (mit 17 zu 7 Stimmen bei 1 Enthaltung)
- zuzüglich der Querschnittkürzung von 24,8 Millionen Franken eine Reduktion der Personalausgaben bei einzelnen Verwaltungseinheiten um gesamthaft 17 Millionen Franken (mit 18 zu 7 Stimmen). Gemäss der Minderheit sollen das Bundesamt für Gesundheit, das Bundesamt für Statistik, das Staatssekretariat für Migration, das Bundesamt für Landwirtschaft, das Generalsekretariat des UVEK, das Bundesamt für Verkehr und das Bundesamt für Umwelt diesen zusätzlichen Spareffort leisten.
Beziehungen zum Ausland und Migration
Abgelehnt wurden folgende Anträge:
- eine Aufstockung der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit (Wiederaufbau) in der Ukraine in Höhe von insgesamt 90 Millionen Franken (mit 14 zu 11 Stimmen)
- zusätzliche Mittel in Höhe von 50 Millionen Franken für Massnahmen im Bereich der Ernährungssicherheit (humanitäre Hilfe) [mit 13 zu 11 Stimmen]
- zusätzliche Mittel in Höhe von 50 Millionen Franken für den Green Climate Fund (mit 14 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung)
- eine lineare Aufstockung der Mittel zugunsten der Nationalen Menschenrechtsinstitution (NMRI) von insgesamt 6 Millionen Franken in den Jahren 2024-2026 (mit 13 zu 12 Stimmen)
- Kürzungen von 40,2 Millionen Franken bei der Sozialhilfe für Flüchtlinge und von 81 Millionen Franken bei den Integrationsmassnahmen für ausländische Personen (jeweils mit 18 zu 7 Stimmen)
Kultur, Bildung, Forschung, Familie und Sport
Angenommen wurden folgende Anträge:
- eine budgetneutrale Umlagerung von 35 Millionen Franken vom Pflichtbeitrag für die Teilnahme am Horizon-Programm zugunsten der Innosuisse (mit 18 zu 6 Stimmen). Damit wurde das Anliegen aus einem Mitbericht der WBK-N teilweise aufgenommen.
- 360 000 Franken zugunsten der Verbesserung der Ethik-Situation im Sport bzw. für die Meldestelle von Swiss Sport Integrity (mit 16 zu 5 Stimmen bei 4 Enthaltungen)
- 650 000 Franken zugunsten der Staffel-Weltmeisterschaft 2024 in Lausanne (mit 19 zu 6 Stimmen). Damit stimmt die FK-N einem Antrag aus einem Mitbericht der WBK-N zu.
Abgelehnt wurden folgende Anträge:
- eine haushaltsneutrale Umlagerung von 50 Millionen Franken vom Pflichtbeitrag für die Teilnahme am Horizon-Programm zugunsten der Institutionen der Forschungsförderung (mit 13 zu 12 Stimmen)
- Aufstockungen der Mittel für internationale Mobilitäts- und Kooperationsaktivitäten im Bildungsbereich (+ 20 Millionen Franken) und zugunsten des Programms Erasmus+ (+ 50 Millionen Franken) [mit 14 zu 11 Stimmen]
- eine Erhöhung des Bundesbeitrags für das Schweizerische Rote Kreuz um 330 000 Franken (mit 15 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen)
- Kürzung der Mittel für familienergänzende Kinderbetreuung um 14,3 Millionen Franken (mit 17 zu 8 Stimmen)
- Kürzungen des Beitrags an Pro Helvetia um 1,4 Millionen und der Mittel für die Filmförderung um 7,5 Millionen Franken (mit 18 zu 7 Stimmen)
Landwirtschaft und Steuern
Angenommen wurden folgende Anträge:
- eine Aufstockung der Mittel zugunsten der Förderung des Absatzes von Schweizer Wein um 6,2 Millionen Franken (mit 14 zu 8 Stimmen bei 3 Enthaltungen). Ein Antrag auf budgetneutrale Kompensierung dieser Aufstockung im Kredit «Qualitäts- und Absatzförderung» des Bundesamtes für Landwirtschaft wurde mit 14 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt.
- zusätzliche Mittel im Umfang von 4 Millionen Franken für Sofortmassnahmen für den Herdenschutz (mit 13 zu 10 Stimmen bei 2 Enthaltungen)
- eine budgetneutrale Umlagerung von 161 Millionen Franken innerhalb der Direktzahlungen zugunsten der Versorgungssicherheitsbeiträge (mit 13 zu 12 Stimmen)
Abgelehnt wurden folgende Anträge:
- eine Aufstockung der Mittel um 3,9 Millionen Franken für die Erhaltung einheimischer Nutztierrassen (mit 14 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen)
- die Schaffung von fünf Stellen für Kontrollen bei der Mehrwertsteuer und als Folge dieser zusätzlichen Personalressourcen eine Erhöhung des Ertrags der Mehrwertsteuer um 3,5 Millionen Franken (mit 14 zu 11 Stimmen)
Umwelt und Energie
Abgelehnt wurden folgende Anträge:
- eine Reduktion der Mittel für die ProgrammeEnergieSchweiz um 7,7 Millionen Franken und damit um die Hälfte der im 2023 vorgesehenen Erhöhung (mit 15 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen)
- eine Aufstockung des Budgets für die Förderung von Umwelttechnologien um eine Million Franken (mit 13 zu 12 Stimmen)
Sicherheit
Abgelehnt wurden folgende Anträge:
- eine Reduktion der Rüstungsausgaben um 300 Millionen Franken (mit 16 zu 9 Stimmen). Damit stimmt die FK-N einem Antrag aus einem Mitbericht der SiK-N zu.
- eine Neuberechnung des Ausgangspunkts und der entsprechenden linearen Erhöhung der Armeeausgaben im Finanzplan unter Einbezug der Dienstleistungen zugunsten der Armee, welche von weiteren Verwaltungseinheiten erbracht werden (mit 15 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung)
Die eidgenössischen Räte werden sich in der anstehenden Wintersession mit dem Voranschlag und dem Finanzplan befassen. Die Anträge der Finanzkommissionen an ihre Räte werden im Hinblick auf die Fraktionssitzungen, welche nächste Woche stattfinden, in der Fahne zuhanden der Fraktionen zusammengefasst und Mitte nächster Woche auf der Webseite des Parlaments publiziert.
Impfstoffbeschaffungen: Administrativuntersuchung des EDI
Anlässlich der Beratung eines Nachtragskredits von 314 Millionen Franken für die Beschaffung von Impfstoffen sind in der Sommersession 2022 Unklarheiten aufgetreten über die Möglichkeiten der Räte, die Kreditbeträge zu kürzen. Ausserdem sind mögliche Versäumnisse bei der Vorbereitung der Anträge an das Parlament entdeckt worden (siehe Nachtrag Ib zum Voranschlag 2022, 22.007 ns). Eine kurzfristig einberufene Arbeitsgruppe, welche die Verträge mit den Impfstoffherstellern und die vom Bundesrat beantragten Mitteln überprüfte, kam damals zum Schluss, dass bis auf zwei Ausnahmen keine Verträge ohne vom Parlament abgestützte Verpflichtungskredite abgeschlossen wurden. Parallel zu diesen kurzfristigen Abklärungen leitete der Vorsteher des EDI eine Administrativuntersuchung ein, deren Ergebnisse gestern vom EDI publiziert wurden.
Der Untersuchungsbeauftragte hat die Ergebnisse seiner Abklärungen und die Empfehlungen, welche er daraus ableitet, der FK-N vorgestellt. Zudem haben die Vorsteher des EDI und des EFD zu den Empfehlungen Stellung genommen.
Angesichts der Untersuchungsergebnisse zieht die FK-N ihren ursprünglichen Antrag an die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte (FinDel), die abgeschlossenen Verträge mit den Impfstoffherstellern zu analysieren, zurück. Sie bittet die FinDel allerdings, die Umsetzung der Empfehlungen des Untersuchungsbeauftragten zu überwachen. Der Frage, ob das Parlament in ausserordentlichen Krisen die begleitende Oberaufsicht verstärken sollte (vgl. Empfehlung 10), will die FK-N zu gegebener Zeit im Rahmen einer gemeinsamen Sitzung mit der ständerätlichen Finanzkommission nachgehen.
Weitere Geschäfte
Die Kommission hat sich über die zweite Hochrechnung zum voraussichtlichen Jahresergebnis 2022 des Bundes informieren lassen. Aufgrund der hohen Ausgaben zur Bewältigung der Covid-19-Krise rechnet der Bundesrat für das laufende Jahr mit einem Finanzierungsdefizit von 4,1 Milliarden Franken. Im ordentlichen Haushalt rechnet der Bund derzeit mit einem Finanzierungsüberschuss von 0,4 Milliarden Franken und einem strukturellen Überschuss von 1,4 Milliarden Franken. Gemäss Vorgaben der Schuldenbremse wäre im Jahr 2022 ein konjunkturelles Defizit von 1 Milliarde Franken zulässig.
Ausserdem hat die FK-N den Bericht des Bundesrates über Optimierungen am Lohnsystem der Bundesverwaltung beraten. Dieser wurde in Erfüllung des Postulats 19.3974 der FK-N erstellt. Die Kommission begrüsst die Stossrichtung des Bundesrates und beantragt die Abschreibung des Postulats.
Zu guter Letzt hat sich die FK-N von ihrer zuständigen Subkommission über deren Erkenntnisse zu den Nutzen- und Synergiepotenzialen des Informatikprogramms «SUPERB» orientieren lassen.
Die Kommission hat am 7., 8. und 9. November 2022 unter dem Vorsitz ihres Präsidenten, Nationalrat Roland Fischer (GLP, LU), und im Beisein der Departementsvorsteherinnen und -vorsteher, des Bundeskanzlers, des Generalsekretärs der Bundesversammlung und des Direktors der Eidgenössischen Finanzkontrolle in Bern getagt.