Bevor Ärztinnen und Ärzte zulasten der Grundversicherung Patienten behandeln dürfen, sollen sie nachweisen, dass sie die Sprache ihres Arbeitsortes gut beherrschen. Diese Anforderung will die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-SR) in der Vorlage über die Zulassung von Leistungserbringern verankern. Sie will zudem die Kantone nicht zwingen, die Zahl der Arztpersonen zu beschränken. 

​Einstimmig hat die Kommission die Vorlage «KVG. Zulassung von Leistungserbringern» (18.047 n) zuhanden des Ständerates verabschiedet. Ihre Anträge weichen im Wesentlichen in folgenden Punkten von den Beschlüssen des Nationalrates ab:

  • Ärztinnen und Ärzte sollen in einer Prüfung nachweisen, dass sie die Sprache ihres Arbeitsortes kompetent verwenden können. Faktisch müssten sie das zweithöchste Niveau (C1) erreichen. Von der Prüfung dispensiert würde, wer eine Schweizer Maturitätsprüfung bestanden oder das Medizinstudium in der Amtssprache der Tätigkeitsregion abgeschlossen hat. Diese Vorgaben will die Kommissionsmehrheit im Gesetz verankern (8 zu 5 Stimmen, Art. 37 Abs. 1). Eine Minderheit will es dem Bundesrat überlassen, wie er die notwendige Sprachkompetenz feststellen will.
  • Die Kantone sollen die Möglichkeit erhalten, aber nicht verpflichtet werden, die Zahl der ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzte zu beschränken oder deren Zulassung bei einem überdurchschnittlichen Kostenanstieg zu stoppen (Art. 55a Abs. 1 und 6; ohne Gegenstimme). So könne den kantonalen Gegebenheiten besser Rechnung getragen werden, wurde in der Kommission argumentiert. Mit 8 zu 3 Stimmen lehnte die Kommission eine fakultative Lockerung des Vertragszwangs ab (Art. 55a Abs. 1bis); die freie Arztwahl dürfe nicht in Frage gestellt werden, wenn die Vorlage vor dem Volk eine Chance haben solle, wurde in der Kommission festgehalten. Die Kommission will zudem den Krankenversicherern kein Beschwerderecht gegen kantonale Erlasse über Zulassungsbeschränkungen geben, da diese das Ergebnis eines politischen Prozesses seien, in den sich die Versicherer einbringen könnten (Art. 55a Abs. 7; 8 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen). 
  •  Mit 9 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung lehnte es die Kommission ab, die Vorlage über die Zulassung von Leistungserbringern juristisch zwingend mit der Vorlage über die einheitliche Finanzierung von ambulant und stationär erbrachten Leistungen (Pa. Iv. 09.528) zu verknüpfen. Das Risiko sei zu gross, dass die politische Diskussion sonst auf Jahre hinaus blockiert werde, befand die Kommission.

 

Mehr Persönlichkeitsschutz bei der Datenweitergabe der Versicherer ans BAG

Die Kommission nahm die Ergebnisse der Vernehmlassung über ihren Vorentwurf zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative Eder «Für den Persönlichkeitsschutz auch in der Aufsicht über die Krankenversicherung» (16.411) zur Kenntnis (siehe auch Ergebnisbericht). Einstimmig unterbreitet sie dem Ständerat den unveränderten Entwurf. Demnach soll das Bundesamt für Gesundheit (BAG) die Daten gruppiert erheben, damit einzelne Versicherte nicht identifiziert werden können. Nur unter genau definierten Voraussetzungen soll es anonymisierte Daten pro einzelnen Versicherten verlangen dürfen. Das BAG erhebt seit 2014 bei den Versicherern anonymisierte Individualdaten. Es nutzt diese Daten, um die generelle Kostenentwicklung in der Grundversicherung zu überwachen und die Versicherer zu beaufsichtigen. Um die Gründe des Kostenanstiegs besser zu verstehen, soll das BAG neu auch Individualdaten nach Art und Erbringer der medizinischen Leistungen erheben dürfen. Weitergehenden Plänen zur Datenerhebung will die Mehrheit der Kommission jedoch einen Riegel schieben. Eine Minderheit will solche Erhebungen zulassen, damit das BAG zusätzlich die Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen im Bereich der Arzneimittel sowie der Mittel und Gegenstände überprüfen kann (6 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung). Nun kann der Bundesrat zum Entwurf Stellung nehmen, der für die Herbstsession 2019 behandlungsreif sein wird.

Weitere Geschäfte

Mit 6 zu 0 Stimmen bei 7 Enthaltungen beantragt die Kommission ihrem Rat, der parlamentarischen Initiative Caroni «Vaterschaftsurlaub. Do it yourself!» (18.444) keine Folge zu geben. Sie ist der Meinung, dass die heutige betriebliche Praxis bereits sicherstellt, dass beim Bezug von Ferien auf die Wünsche der Arbeitnehmer Rücksicht genommen wird. Ausserdem weist die Kommission darauf hin, dass sie vor einem Monat einen indirekten Gegenentwurf (18.441) zur Volksinitiative für einen Vaterschaftsurlaub (18.052) verabschiedet hat, der einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub vorsieht. Ihrer Ansicht nach besteht daher zurzeit kein Handlungsbedarf für andere Urlaubsmodelle.

Mit 9 zu 3 Stimmen stimmte die SGK-SR dem Beschluss ihrer Schwesterkommission zu, der parlamentarischen Initiative von Nationalrat Christian Lohr «Beschwerderecht der Krankenversicherer gegen Entscheide des BAG betreffend Spezialitätenliste» (17.453 n) Folge zu geben. Die SGK des Nationalrates kann nun einen Erlassentwurf ausarbeiten.

Im Hinblick auf die Fortführung der Detailberatung zum neuen «Bundesgesetz über Tabakprodukte» (15.075 s) im dritten Quartal diskutierte die Kommission u.a. die Regelung des Täuschungsschutzes und die Nikotinkonzentration und das Volumen der Flüssigkeiten für elektronische Zigaretten. Zudem erteilte sie der Verwaltung zwei weitere Abklärungsaufträge: Der erste betrifft eine mögliche Besteuerung von elektronischen Zigaretten und deren Nachfüllflüssigkeiten; der zweite die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Tabaksektors in der Schweiz sowie die wirtschaftlichen Auswirkungen einer allfälligen Ratifizierung der WHO-Tabakkonvention.

Die Kommission tagte am 16. Mai 2019 in Bern unter dem Vorsitz von Joachim Eder (FDP, ZG) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset.