Die Staatspolitische Kommission (SPK) des Ständerates lehnt eine Standesinitiative des Kantons Aargau ab, welche die teilweise oder vollständige Verhüllung des Gesichts verbieten möchte. Die Verhüllung aus religiösen Gründen stellt in der Schweiz kein wirkliches Problem dar. Ein Vermummungsverbot gegenüber Demonstranten besteht bereits in verschiedenen Kantonen, ist aber in der Praxis teilweise schwer durchsetzbar.

Die Standesinitiative Aargau. Nationales Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum (10.333) verlangt, dass die Bundesversammlung die rechtlichen Grundlagen erarbeitet, um gesichtsverhüllende Kleidungsstücke untersagen zu können. Das Verhüllungsverbot soll für jede Form der Vermummung gelten, ausgenommen bleiben Winterbekleidung, Fasnachtsmasken u.ä.

Die Kommission stellte fest, dass das in manchen Kantonen bereits bestehende Vermummungsverbot in der Praxis gegenüber einer grossen Anzahl von Demonstranten kaum durchsetzbar ist. Ein nationales Vermummungsverbot würde daran nichts ändern. Den Anlass zu der Standesinitiative bildete allerdings nicht das Problem vermummter Chaoten, sondern die religiöse Gesichtsverhüllung. Die Kommission bezweifelt die Verhältnismässigkeit eines derartigen Verbotes. In der Schweiz sind derartige Erscheinungen bisher nur äusserst selten zu beobachten; von einem Verbot betroffen wäre allenfalls eine kleine Gruppe von Touristinnen, was aus Sicht des schweizerischen Tourismus negative Folgen hätte. Derartige Kleidungsstücke stellen kein reelles Sicherheitsrisiko dar. Es stehen alle Möglichkeiten zur Verfügung, um im öffentlichen Raum die Enthüllung von Gesichtern und somit die Identifikation einer Person erwirken zu können, insbesondere bei Grenz- und anderen Personenkontrollen. Auch gemäss geltendem Recht kann durchgesetzt werden, dass Personen sich nicht verhüllen dürfen, wenn sie mit einer Behörde in Kontakt treten wollen, eine öffentliche Schule besuchen, usw. Die Kommission sieht keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf und beantragt dem Ständerat daher mit 8 zu 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen, der Initiative keine Folge zu geben. Eine Minderheit beantragt, der Initiative sei Folge zu geben, weil damit die Sicherheit im Lande verbessert werden könnte.


10.3343 Mo. SPK-NR (09.505) Integrationsrahmengesetz / 09.505 n Pa.Iv. Fraktion RL. Rahmengesetz für eine Integrationspolitik

Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 7 zu 2 Stimmen bei einer Enthaltung die Annahme einer vom Nationalrat beschlossenen Motion ihrer Schwesterkommission, welche den Bundesrat beauftragen will, ein Integrationsrahmengesetz auszuarbeiten. Die Kommission betont die Notwendigkeit einer aktiven Integrationspolitik. Die Kommission beantragt aber eine Änderung der Motion. Dem Bundesrat soll auch die Möglichkeit offen stehen, nicht den Entwurf eines speziellen Rahmengesetzes über die Integration auszuarbeiten, sondern die bereits im Ausländergesetz (AuG) vorhandenen gesetzlichen Bestimmungen zur Integration zu konkretisieren und zu ergänzen. Eine Minderheit beantragt, die Motion abzulehnen, weil sie die bestehenden Gesetzesbestimmungen für ausreichend erachtet. Ihrer Meinung nach muss der Wille zur Integration von den Ausländerinnen und Ausländern selbst ausgehen. Volk und Stände hätten mit der Ablehnung des direkten Gegenentwurfes zur Ausschaffungsinitiative auch einen Integrationsartikel abgelehnt.

Als Folge ihres Entscheids zur Abänderung der Motion lehnt die Kommission eine parlamentarische Initiative der Fraktion RL einstimmig ab, welche ebenfalls die Schaffung eines Integrationsrahmengesetzes fordert.


09.060 Für die Ausschaffung krimineller Ausländer (Ausschaffungsinitiative). Volksinitiative. Änderung AuG

Die Kommission beantragt dem Ständerat einstimmig, auf die in der bundesrätlichen Botschaft zur Ausschaffungsinitiative ursprünglich als indirekter Gegenentwurf vorgesehene Änderung des Ausländergesetzes (Vorlage 1) nicht einzutreten. Die Vorlage, welche die Kommission danach aufgrund der Ausarbeitung des direkten Gegenentwurfes sistierte, ist immer noch in der Bundesversammlung hängig. Mit der Annahme der Volksinitiative ist der Entwurf jedoch faktisch hinfällig geworden. Es liegt jetzt am Bundesrat, der Bundesversammlung im Rahmen einer neuen Botschaft den Entwurf einer Ausführungsgesetzgebung zur Ausschaffungsinitiative zu unterbreiten.


09.511 Pa.Iv. Müller Thomas. Mitsprache des Parlamentes bei Verordnungen des Bundesrates

Die Kommission hält an ihrem Beschluss vom 28. Juni 2010 fest, wonach auf die Einführung eines Vetorechtes des Parlamentes gegen Verordnungen des Bundesrates zu verzichten sei. Die Kommission hatte ihren Beschluss damals mit 6 zu 4 Stimmen gefasst (vgl. Medienmitteilung vom 29. Juni 2010) und an ihrer heutigen Sitzung mit 8 zu 1 Stimmen und einer Enthaltung bestätigt. Sie wird dem Rat entsprechend Antrag stellen. Der Nationalrat hatte der Initiative von Nationalrat Thomas Müller am 2. Dezember 2010 einstimmig Folge gegeben. Die im Nationalrat angeführten Argumente vermochten die Kommission jedoch nicht zu überzeugen. Die Situation in einem Zweikammersystem gestaltet sich anders als in einem Kantonsparlament. Der Initiant fordert zu Recht, dass beide Kammern einem Veto zustimmen müssten. Dies würde aber zu Verzögerungen bei der Verordnungsgebung führen, wodurch Gesetze allenfalls nicht in vernünftiger Zeit umgesetzt werden könnten. Die Kommission verweist auch auf die bereits bestehenden Mitspracherechte der Bundesversammlung bei der Verordnungsgebung in Artikel 151 des Parlamentsgesetzes.

Die Kommission tagte am 20./21. Januar 2011 in Bern unter dem Vorsitz von Ständerat Alain Berset (S, FR).

 

Bern, 21. Januar 2011 Parlamentsdienste