Nachdem die Kommission und der Nationalrat anlässlich der ersten Beratung der Vorlage 15.033 (ZGB. Kindesschutz) Nichteintreten beschlossen haben, ist die Kommission nun mit 13 zu 10 Stimmen bei 2 Enthaltungen auf ihren Entscheid zurückgekommen und auf die Kindesschutzvorlage eingetreten.

​Die Kommission folgt damit dem Beschluss des Ständerates, welcher die Vorlage mit geringfügigen Änderungen angenommen hat. Ausschlaggebend für den Meinungsumschwung der Kommissionsmehrheit war die Tatsache, dass mit der Vorlage eine Lücke für den Schutz von Kleinstkindern geschlossen werden soll. Im Gegensatz zu Schulkindern kommen diese nämlich selten in Kontakt mit Personen in amtlicher Tätigkeit (etwa Lehrer oder Sozialarbeiter), welche bereits heute die Pflicht haben, bei Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung Meldung an die Kindesschutzbehörde (KESB) zu erstatten. Neu soll die Meldepflicht für alle Fachpersonen gelten, die beruflich regelmässig mit Kindern Kontakt haben und deshalb eine besondere Beziehung zu ihnen pflegen. Zu denken ist bei Kleinstkindern etwa an Betreuungspersonen in der KITA. Eine Minderheit beantragt Nichteintreten. Sie ist der Ansicht, dass manche Kantone in diesem Bereich bereits gesetzgeberisch tätig geworden sind und eine Vereinheitlichung des einschlägigen Bundesrechts keinen besseren Kindesschutz ermöglicht. Die Kommission wird an einer ihrer nächsten Sitzungen mit der Detailberatung der Vorlage fortfahren.

Einigung in der Frage des elektronischen Grundbuchs

In der Frage der Modernisierung des elektronischen Grundbuchs schliesst sich die Kommission fast vollständig dem Ständerat an und verzichtet darauf, die Vorlage an den Bundesrat zurückzuweisen. Der Nationalrat störte sich insbesondere daran, dass in der Vorlage des Bundesrates (14.034 n ZGB. Beurkundung des Personenstands und Grundbuch) die Verwendung der AHV-Nummer vorgesehen war. Diese Bedenken teilte auch der Ständerat, allerdings hatte er die Vorlage in dieser Frage selber angepasst und entschieden, dass nicht direkt die AHV-Nummer, sondern ein sektorieller Personenidentifikator zu verwenden sei. Vorbehalte gab es im Nationalrat auch im Hinblick darauf, dass die Kantone teilweise private Aufgabenträger mit der Führung des elektronischen Grundbuchs betrauen. Die Kommission gelangt nun mit dem Ständerat zum Schluss, dass eine Überführung dieser Aufgabenträger in eine öffentlich-rechtliche Trägerschaft keine Option darstellt. Anders als der Ständerat beantragt die Kommission mit 21 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen jedoch die Streichung der Bestimmung, wonach das Bundesamt für Justiz mit privaten Aufgabenträgern einen Vertrag über die Leistungen schliessen kann. Die Kommission befürchtet, dass diese Regelung für Kantone, die im Bereich des Grundbuchs keine privaten Aufgabenträger einsetzen, unpassend sein könnte.

Ehe für alle

Der parlamentarischen Initiative der Fraktion GL 13.468 «Ehe für alle» wurde in der ersten Phase von den beiden Rechtskommissionen Folge gegeben. Die Kommission hat nun die Arbeiten für die Umsetzung der Initiative aufgenommen und eine erste Aussprache über das weitere Vorgehen bei der Ausarbeitung einer Vorlage durchgeführt. Sie hat der Verwaltung den Auftrag erteilt, vertiefte Abklärungen über die möglichen Auswirkungen einer «Ehe für alle» in den verschiedenen Rechtsbereichen zu treffen. Gestützt darauf wird die Kommission zu einem späteren Zeitpunkt über die nächsten Arbeitsschritte befinden. Sie beantragt ihrem Rat eine Fristverlängerung um weitere zwei Jahre. Eine Minderheit beantragt die Abschreibung der Initiative.

Aussprache zu diversen Aspekten der KESB

Die Kommission hat vom Bericht des Bundesrates vom 29. März 2017 zu den ersten Erfahrungen mit dem neuen Kindes-und Erwachsenenschutzrecht Kenntnis genommen. Die Kommission anerkennt die Qualität des Berichts und hält fest, dass er einen wichtigen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion liefert. Die Kommission möchte sich einer weiteren Entwicklung und Verbesserung des Gesamtsystems nicht verschliessen. Die Kommission hat zum Thema KESB mehrere parlamentarische Initiativen behandelt. Sie hat der kantonalen Initiative 15.309 (Kt.Iv. SH. Verankerung einer Beschwerdelegitimation des kostenpflichtigen Gemeinwesens gegenüber Kindes- und Erwachsenenschutzmassnahmen der Kesb im ZGB) und der parlamentarischen Initiative 16.415 (Pa.Iv. Fraktion V. Kesb. Beschwerderecht für Gemeinden und Behörden) mit 9 zu 16 Stimmen keine Folge gegeben. Der parlamentarischen Initiative 16.444 (Pa.Iv. Fraktion V. Kesb. Der Familie den Vorrang geben) hat die Kommission mit 8 zu 15 Stimmen keine Folge gegeben. Zu allen drei Geschäften beantragt eine Minderheit ihrem Rat Folge zu geben.

Weitere Geschäfte

  • Die Kommission hat mit 12 zu 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen beschlossen, der parlamentarischen Initiative de Courten 15.428 keine Folge zu geben. Eine Minderheit beantragt dem Nationalrat, Folge zu geben. Die Initiative verlangt, dass bei der Heirat das Bürgerrecht dem Namen der Person folgt.
  • Mittels der parlamentarischen Initiative Leutenegger Oberholzer 16.412 wird eine Modernisierung des Gewährleistungsrechts beim Kauf angestrebt. Die Kommission hat der Initiative mit 13 zu 11 Stimmen keine Folge gegeben. Eine Minderheit unterstützt die Initiative.
  • Die Kommission hat der parlamentarischen Initiative 16.421 (n Pa.Iv. Nidegger. Fall Perinçek gegen die Schweiz. Artikel 261bis StGB soll mit den Menschenrechten vereinbar sein) mit 13 zu 11 Stimmen Folge gegeben. Die Initiative verlangt eine Anpassung des Artikel 261bis vierter Absatz des Strafgesetzbuches an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, nachdem der Gerichtshof die Schweiz im Fall Perinçek wegen Verletzung der Meinungsfreiheit verurteilt hat.

Die Kommission hat am 11. und 12. Mai 2017 unter dem Vorsitz von Nationalrat Jean Christophe Schwaab (SP, VD) in Bern getagt.