Die Staatspolitische Kommission (SPK) des Nationalrates will keine neuen Ausstandspflichten für Mitglieder der Bundesversammlung vorsehen, welche in der Praxis schwierige Abgrenzungsprobleme schaffen würden.

​Mit ihrer parlamentarischen Initiative will Nationalrätin Min Li Marti (S, ZH) im Parlamentsgesetz die Ausstandsregeln so ergänzen, dass sie nicht nur für die Oberaufsicht gelten (17.416 n Pa.Iv. Ausstandspflicht für Ratsmitglieder). Parlamentsmitglieder sollen dann in Ausstand treten, wenn sie von einem Geschäft als Einzelne direkt betroffen sind. Die Kommission spricht sich mit 17 zu 7 Stimmen bei 1 Enthaltung gegen diese parlamentarische Initiative aus. Es wäre im Einzelfall schwer zu bestimmen, wann ein Ratsmitglied «als Einzelnes» direkt betroffen ist. So sieht die Initiantin z.B. eine Ausnahme vor, wenn von allgemeinverbindlichen Erlassen eine grosse Anzahl Personen betroffen sind. Wie gross müsste diese Anzahl Personen sein, damit nicht von einer direkten Betroffenheit eines Einzelnen ausgegangen werden kann? Kommt hinzu, dass die Bundesversammlung im Gegensatz zu kantonalen oder kommunalen Parlamenten in erster Linie generell-abstrakte Normen erlässt und kaum Einzelakte. Liegt tatsächlich einmal eine direkte persönliche Betroffenheit vor, dann ist es eine Frage des Anstands, dass die betroffene Person freiwillig in den Ausstand tritt.

Nach Ansicht der Minderheit sollte im Interesse des Ansehens der Institution Parlament nach einer Lösung für Ausstandsregeln nach kantonalen oder kommunalen Vorbildern gesucht werden.

Keine Pflicht, Vorstösse innerhalb eines Jahres zu behandeln

Die Kommission will den Räten keine Pflicht auferlegen, parlamentarische Vorstösse innerhalb eines Jahres behandeln zu müssen. Sie spricht sich mit 16 zu 8 Stimmen gegen eine parlamentarische Initiative von Nationalrat Bernhard Guhl (BD, AG) aus (17.419 n Pa.Iv. Vorstösse innert nützlicher Frist behandeln). Damit das Ziel der Initiative erreicht werden könnte, müsste entweder massiv mehr Beratungszeit für Vorstösse reserviert oder aber eine Kontingentierung der Vorstösse vorgesehen werden. Das Geschäftsreglement des Nationalrates sieht vor, dass pro Session während mindestens acht Stunden parlamentarische Initiativen vorgeprüft und Vorstösse behandelt werden. Es wäre unrealistisch, für die Behandlung von Vorstössen noch mehr Zeit zu reservieren. Auf keinen Fall soll eine Behandlungspflicht innerhalb einer bestimmten Frist dazu führen, dass das Recht zur Einreichung von Vorstössen eingeschränkt wird. Indem die Ratsmitglieder Vorstösse einreichen, nehmen sie auch ihre Repräsentationsfunktion wahr.
Die Kommissionsminderheit ist der Ansicht, dass das Parlament die Vorstösse seiner Mitglieder ernst nehmen und für deren Behandlung genügend Behandlungszeit einräumen soll.

Legislaturplanung: Gezielte Behandlung von für das Parlament wichtigen Themen

In Umsetzung von drei parlamentarischen Initiativen hat die Kommission eine Änderung des Verfahrens zur Behandlung der Legislaturplanung ausgearbeitet und mit 18 zu 7 Stimmen zuhanden des Rates verabschiedet (16.402 / 16.425 / 16.426 Pa.Iv. Legislaturplanung. Vermeidung unnötiger Kosten im Parlamentsbetrieb / Legislaturplanung. Verfahrensänderung / Erwähnung von im Parlament hängigen Vorlagen in der Legislaturplanung). Ziel ist eine Vereinfachung des Verfahrens und eine Verringerung des Aufwandes. Bisher hat der Bundesrat dem Parlament die Legislaturplanung in der Form eines Entwurfes für einen Bundesbeschluss mit Vorschlägen zu allen Politikbereichen unterbreitet. Diese Vorschläge wurden von den Kommissionen und Räten beraten und damit zu einer gesamtheitlichen Legislaturplanung des Parlamentes gemacht. Neu soll der Bundesrat seine Legislaturplanung bloss noch zur Kenntnisnahme unterbreiten. Diese Kenntnisnahme erfolgt in der Form eines Bundesbeschlusses, was dem Parlament erlaubt, den Bundesbeschluss mit Aufträgen für eine Änderung der Planung zu ergänzen. Gegenstand der Beratungen ist somit nicht mehr die gesamte Legislaturplanung, sondern nur noch die Auswahl derjenigen Themen, die von Kommissionsmehrheiten oder –minderheiten gezielt aufgegriffen werden. Dieses Konzept wurde mit 13 zu 8 Stimmen bei 4 Enthaltungen einer anderen Lösung vorgezogen, wonach vom Bericht nur Kenntnis genommen wird, ohne dass die Möglichkeit besteht, Aufträge zur Änderung der Legislaturplanung zu erteilen.

Die vom Kommission zuhanden des Rates verabschiedete Vorlage kann unter folgendem Link eingesehen werden:

https://www.parlament.ch/centers/documents/_layouts/15/DocIdRedir.aspx?ID=DOCID-1-9012

Die Kommission tagte am 24./25. Mai 2018 unter dem Vorsitz ihres Präsidenten Nationalrat Kurt Fluri (RL/SO) in Bern.