Finanzpolitisches Seminar der Finanzkommissionen in Heiden AR
​Am Finanzpolitischen Seminar diskutierten die beiden Finanzkommissionen den Zweiten Wirksamkeitsbericht zum Neuen Finanzausgleich (NFA) sowie die Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform III auf den NFA. Am zweiten Seminartag thematisierten sie den Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik mit Blick auf die Situation in der Schweiz, in Europa und weltweit.

​Die Finanzkommissionen der eidg. Räte führen jedes Jahr ein gemeinsames Seminar durch. Sie widmen sich dabei vertieft einem finanzpolitisch aktuellen Thema, zu welchem Experten aus Verwaltung und Wissenschaft eingeladen werden. Das Seminar wird jeweils im Kanton des Präsidenten der für die Organisation verantwortlichen Kommission durchgeführt und bietet deshalb auch Gelegenheit, einen Austausch mit dem Gastkanton zu pflegen. Die Finanzkommissionen trafen sich im Rahmen eines gemeinsamen Nachtessens mit Regierungsrat Köbi Frei, Vorsteher des Finanzdepartements des
Kantons Appenzell Ausserrhoden, und Regierungsrat Paul Signer, Vorsteher des Sicherheits- und Justizdepartements des Kantons Appenzell Ausserrhoden. Der Ausserrhoder Finanzdirektor überbrachte die Grussbotschaft der Ausserrhoder Regierung und legte die Finanz- und Steuerstrategie seines Kantons und den damit verbundenen Anspruch, möglichst wenig von NFA-Geldern abhängig zu sein, dar.

Zweiter Wirksamkeitsbericht zum Neuen Finanzausgleich

Der Bundesrat legt der Bundesversammlung alle vier Jahre einen Bericht über den Vollzug und die Wirksamkeit des Finanzausgleichs zwischen Bund und Kantonen vor. Im vergangenen März präsentierte er somit den Zweiten Wirksamkeitsbericht zum NFA. Die Finanzkommissionen nahmen dies zum Anlass, sich am diesjährigen Finanzpolitischen Seminar vertieft mit dem Neuen Finanzausgleich zu befassen.

Serge Gaillard, Direktor der Eidg. Finanzverwaltung (EFV), präsentierte die Ergebnisse des zweiten Wirksamkeitsberichts. So habe die Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen zu einer Stärkung der kantonalen Finanzautonomie geführt. Das Ziel, den ressourcenschwachen Kantonen eine minimale Ausstattung an finanziellen Mitteln zu gewährleisten, wurde erfüllt. Michel Huissoud, Direktor der Eidg. Finanzkontrolle (EFK), präsentierte die Resultate der EFK-Prüfungen der Programmvereinbarungen im Zusammenhang mit dem NFA und zeigte auf, welche Auswirkungen mögliche Änderungen der NFA auf die Programmvereinbarungen haben. Regierungsrat Serge Dal Busco, Vorsteher des Finanzdepartements des Kantons Genf, als Vertreter eines Geberkantons und Regierungsrat Marcel Schwerzmann, Vorsteher des Finanzdepartements des Kantons Luzern, als Vertreter eines Nehmerkantons legten die Auswirkungen der NFA auf die Kantonsfinanzen sowie die finanzpolitische Strategie ihres Kantons dar und erläuterten mögliche Verbesserungsansätze. Prof. Marius Brülhart der Universität Lausanne referierte zu den Auswirkungen des NFA auf den Steuerwettbewerb. Je nach Ausgestaltung des Systems können unterschiedliche Anreize gesetzt werden, wodurch die Kantone weniger oder mehr Steuerwettbewerb betreiben. Die EFV blickte auf die geplante Unternehmenssteuerreform III und präsentierte deren Auswirkungen auf den NFA. Der Bund wolle den Kantonen mit finanziellen Ausgleichsmassnahmen Handlungsspielraum für die Senkung der Gewinnsteuertarife verschaffen. Zudem seien Anpassungen des bestehenden Finanzausgleichs erforderlich.

Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik

Die weltweite Finanzkrise führte zu einer expansiven Geldpolitik der Nationalbanken. Die Finanzkommissionen diskutierten am zweiten Seminartag über die Wahl des Zeitpunktes und die Möglichkeiten des Ausstiegs aus der aktuellen expansiven Geldpolitik.

Prof. emer. Ernst Baltensperger führte die Seminarteilnehmenden in die Geldpolitik ein. Dabei thematisierte er die Ursachen und Auswirkungen der aktuellen Geldpolitik der Schweiz sowie die Instrumente der Schweizerischen Nationalbank. Prof. Tobias Straumann, Dozent an den Universitäten Zürich und Basel, ordnete die aktuelle expansive Geldpolitik in den historischen Kontext ein. Er zeigte auf, dass die aktuelle expansive Geldpolitik kein historisches Vorbild habe und die Angst vor Hyperinflation unberechtigt sei. Prof. Sergio Rossi der Universität Fribourg brachte den internationalen Aspekt in die Diskussion ein, indem er die Möglichkeiten des Ausstiegs aus der expansiven Geldpolitik samt den entsprechenden Konsequenzen für die Europäische Union und die USA thematisierte. Prof. Richard A. Werner, University of Southampton, präsentierte potentielle Exit-Strategien aus der aktuellen expansiven Geldpolitik sowie mögliche Änderungen der Instrumente oder Funktionsweise der Geldpolitik, um auf aussergewöhnliche Lagen besser reagieren zu können. Dabei skizzierte er auch Denkanstösse zur Umgestaltung des Geld- oder Währungssystems.

Das Finanzpolitische Seminar der Finanzkommissionen der eidg. Räte fand am 3. und 4. Juli 2014 unter der Leitung des Tagungspräsidenten, Ständerat Hans Altherr (FDP/AR), im Hotel Heiden in Heiden/AR statt. Neben den Mitgliedern der Finanzkommissionen und den oben aufgeführten Gästen nahmen auch ein Mitglied der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates sowie zeitweise Ueli Rohner, Vizepräsident der Gemeinde Heiden, an der Tagung teil.

Bern, 04. Juli 2014 Parlamentsdienste