Angesichts der hohen Zahl an neuen Asylgesuchen und der anhaltenden Fluchtbewegung aus der Ukraine ist die Lage angespannt. Bund, Kantone, Städte und Gemeinden sind stark gefordert. Die Kommission erkennt, dass auf allen Ebenen darauf hingewirkt wird, die Situation bestmöglich zu meistern und dass grundsätzlich gut zusammengearbeitet wird, dass aber die Kantone an der Süd- und Ostgrenze mehr gefordert sind. Aufgrund der sehr hohen Auslastung und des entsprechend tiefen Betreuungsschlüssels in den Zentren ist die Kommission vor allem um die Betreuung der hohen Anzahl an unbegleiteten Minderjährigen und um die medizinische Versorgung besorgt. Die Kommission wünscht sich eine bessere Zusammenarbeit mit Italien und die Berücksichtigung des Drucks auf das Grenz- und Betreuungspersonal. Die Tatsache, dass nur ein Bruchteil der Migranten Asyl beantragt, ist ein Phänomen, das sorgfältig beobachtet und gemeinsam mit den Kantonen gemeistert werden muss.
Zudem befasste sich die Kommission mit dem Status S. Sie liess sich vom Präsidenten der Evaluationsgruppe Status S über ihre ersten Erkenntnisse informieren und hörte Staatsrat Norman Gobbi, Vorstandsmitglied KKJPD, und Miriam Behrens, Direktorin der Schweizerischen Flüchtlingshilfe an. Die Kommission führte eine vertiefte Diskussion zum Status S, wobei vor allem Fragen einer Kostenanalyse zu den Global- und Integrationspauschalen und über das Ungleichgewicht zwischen den Regionen diskutiert wurden. Ebenfalls diskutiert wurde die Frage der Integrationsmassnahmen bei Personen mit einem Aufenthaltsstatus, der zwar rückkehrorientiert ist, der Zeitpunkt der Rückkehr aber ungewiss ist. In diesem Zusammenhang wurde auch über die Möglichkeit gesprochen, zu einem späteren Zeitpunkt den Status der vorläufigen Aufnahmen anzugehen.
Des Weiteren hat sich die Kommission über den Zwischenstand der 2019 eingeführten Integrationsagenda Schweiz und deren Umsetzung in den Kantonen und Gemeinden informieren lassen.
Mehrsprachigkeit in der Bundesverwaltung
Die Kommission hat über die Situation der Mehrsprachigkeit in der Bundesverwaltung Bilanz gezogen. Sie hat sich von der Mehrsprachigkeitsbeauftragten über die Schwerpunkte und Massnahmen im Bereich der Förderung der Vertretung der verschiedenen Sprachgemeinschaften orientieren lassen. Im Weiteren wurde die Kommission darüber in Kenntnis gesetzt, dass der vierjährliche Bericht 2020–2023 über die Förderung der Mehrsprachigkeit derzeit ausgearbeitet wird. Auch die Umsetzung zweier von der Kommission an einer früheren Sitzung angenommener Vorstösse (Mo.20.3920 und Po.20.3921) sei auf Kurs. In den Augen der Kommission bleibt die angemessene Vertretung der sprachlichen Minderheiten in der Bundesverwaltung eine grosse Herausforderung. Daneben geht es aber auch darum, den Fokus vermehrt auf die Sprachkenntnisse aller Mitarbeitenden zu legen und sicherzustellen, dass diese ausreichend sind.
Keine Pflicht zur Offenlegung der Entschädigungshöhe für Ratsmitglieder, welche die Krankenkassen vertreten
Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 13 zu 9 Stimmen, der von Nationalrat Lorenzo Quadri eingereichten parlamentarischen Initiative 22.474 keine Folge zu geben. Diese sieht vor, dass Ratsmitglieder, die im Verwaltungsrat oder in der Leitung von Krankenversicherern sind, die Entschädigung für solche Posten offenlegen müssen. Die Kommission ist der Auffassung, dass es willkürlich wäre, nur auf die Vertreterinnen und Vertreter von Krankenkassen abzuzielen und andere Mandatsträgerinnen und -träger im Gesundheitsbereich oder Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen, die vom Bund Subventionen erhalten, aussen vor zu lassen. Sie weist ausserdem darauf hin, dass es bereits Transparenzvorschriften gibt, mit denen alle Ratsmitglieder verpflichtet werden, ihre Nebenbeschäftigungen zu melden und dabei anzugeben, ob diese entschädigt werden.
Die Minderheit unterstützt das Initiativanliegen und möchte in Bezug auf die Entschädigungen aus den Nebenbeschäftigungen mehr Transparenz schaffen.
Qualitätschecks von geplanten Regelungen: Kommission verzichtet auf die Erarbeitung neuer Regelungen
Mit 16 zu 5 Stimmen beantragt die Kommission ihrem Rat, eine parlamentarische Initiative abzuschreiben, welche die Durchführung von Qualtitätschecks für geplante Regulierungen des Bundes gesetzlich verankern will (16.500 Pa.Iv. Knecht). Die Staatspolitischen Kommissionen haben im Jahr 2018 dieser Initiative Folge gegeben. Die Nationalratskommission hat dann aber mit der Umsetzung zugewartet, weil gleichzeitig der Bundesrat mit der Erarbeitung von Vorlagen zur Eindämmung von Regulierungen beauftragt worden war. Im Dezember vergangenen Jahres hat nun der Bundesrat dem Parlament Vorlagen für die Einführung einer Regulierungsbremse (22.083) und für ein Unternehmensentlastungsgesetz (22.082) unterbreitet. Sollte sich erweisen, dass es noch weitere Regelungen im Sinne der parlamentarischen Initiative Knecht braucht, können entsprechende Anträge bei der Behandlung der Vorlagen des Bundesrates gestellt werden.
Die Kommission hat am 19./20 Januar 2023 unter dem Vorsitz von Nationalrat Marco Romano (M-E, TI) ihre traditionelle Auswärtssitzung im Heimatkanton des Präsidenten durchgeführt. Sie hat dies zum Anlass genommen, sich ein Bild von der Situation der Migrantinnen und Migranten im Süden unseres Landes zu machen. Nebst dem Bahnhof Chiasso, hat die Kommission die verschiedenen Zentren für ankommende Migrantinnen und Migranten beim Bahnhof Chiasso und das Bundesasylzentrum Pasture in Balerna besichtigt und sich mit Vertreterinnen und Vertretern des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) und des Staatssekretariates für Migration (SEM) ausgetauscht.