Sie beantragt ihrem Rat sehr knapp – mit 13 zu 12 Stimmen –, dem Rückweisungsbeschluss des Ständerates zuzustimmen.

​Die Kommission ist sich einig darin, dass die Heiratsstrafe abzuschaffen ist. In den Augen der Mehrheit trägt die Vorlage des Bundesrates (18.034) allerdings den gesellschaftlichen Entwicklungen nicht Rechnung, sondern zementiert das geltende System. Sie fordert, jeder Zivilstand solle gleich behandelt werden. Es brauche nicht nur die Abschaffung der Heiratsstrafe, sondern ein insgesamt gerechtes Steuersystem, deshalb sei die Rückweisung und die damit verbundene Prüfung alternativer Modelle zu unterstützen. Die Minderheit hingegen ist der Ansicht, es gehe nicht an, die Vorlage einfach an den Bundesrat zurückzuweisen, sondern es liege in der Verantwortung des Parlamentes, das seit Jahren hängige Problem der Heiratsstrafe jetzt zu lösen. Sie möchte deshalb, dass der Ständerat die Vorlage berät und sie gegebenenfalls abändert, und lehnt die Rückweisung ab.

2. Massnahmen gegen die Hochpreis-Insel Schweiz

Die Kommission hat die Beratung des indirekten Gegenentwurfs zur Volksinitiative „Stop der Hochpreisinsel – für faire Preise" (19.037) fortgesetzt. Der Bundesrat schlägt eine Anpassung des Kartellgesetzes (KG) vor, um Wettbewerbsverzerrungen im grenzüberschreitenden Handel zu vermeiden. Eine knappe Mehrheit der WAK-N will der Initiative, der sie Erfolgsaussichten an der Urne zuspricht, weiter entgegenkommen als der Bundesrat und beantragt deshalb, den Gegenentwurf in einigen Punkten zu ergänzen: Mit 12 zu 11 Stimmen (2 Enth.) spricht sich die WAK-N für eine Erweiterung des Schutzbereichs des indirekten Gegenvorschlags auch auf Anbieter aus, die von relativ marktmächtigen Nachfragern abhängig sind (Art. 4 Abs. 2bis KG). Mit einer Anpassung von Art. 7 Abs. 1 KG und der Streichung des vom Bundesrat vorgeschlagenen neuen Art. 7a KG beantragt die Kommission mit 13 zu 11 Stimmen (1 Enth.), dass die Regelung für relativ marktmächtige Unternehmen sich nicht von jener für marktbeherrschende Unternehmen unterscheiden soll. Ein grundsätzliches Verbot des privaten Geoblockings, wie es die Initiative fordert, lehnt die Kommission jedoch mit 12 zu 11 Stimmen ab (Art. 3 Abs. 1 UWG). An ihrer nächsten Sitzung vom 4./5. November will die Kommission die Detailberatung abschliessen. Noch zu diskutieren wird die Frage geben, ob der Gegenentwurf mit einer Reimport-Klausel ergänzt werden soll, wie dies auch die Initiative fordert. Auch über ihre Abstimmungsempfehlung zur Volksinitiative wird die Kommission erst an der nächsten Sitzung befinden.

3. Ja zum Doppelbesteuerungsabkommen mit Saudi-Arabien und zur Fortsetzung des Dialogs

Nach dem Mord am Journalisten Khashoggi hatte die Kommission im November 2018 (siehe Medienmitteilung) beschlossen, die Beratung des Abkommens 18.061 zu sistieren, bis der Bundesrat die Beziehungen der Schweiz zu Saudi-Arabien überprüft hat. Der nun vorliegende Bericht des Bundesrates zu dieser Angelegenheit hat die Mehrheit der Kommission davon überzeugt, dass ein solches Abkommen aus wirtschaftlicher wie auch aus politischer Sicht wichtig ist. Daher hat sie es mit 15 zu 5 Stimmen bei 3 Enthaltungen abgelehnt, die Sistierung des Geschäfts zu verlängern. In den Augen der Mehrheit kann sich die Schweiz nur für die Menschenrechte und die Geschlechtergerechtigkeit einsetzen, wenn sie den Dialog mit Saudi-Arabien fortsetzt. Die Kommissionsminderheit dagegen zeigte sich kritisch und meinte, der Bundesrat verfolge ein in erster Linie wirtschaftliches Ziel, ohne jedoch über eine solide politische Strategie gegenüber Saudi-Arabien zu verfügen. Der Inhalt des Abkommens hat zu keinen Diskussionen Anlass gegeben und es wurde mit 11 zu 6 Stimmen bei 5 Enthaltungen angenommen.

4. Viele Differenzen beim Versicherungsvertragsgesetz bereinigt

Die Kommission hat sich in der ersten Runde der Differenzbereinigung zur Revision des Versicherungsvertragsgesetzes (17.043) in den meisten Punkten dem Ständerat angeschlossen, bei vier Artikeln beantragt sie jedoch, am Beschluss des Nationalrats festzuhalten. So fordert die Kommission mit 16 zu 8 Stimmen, dass auch in der Taggeldversicherung nur der Versicherungsnehmer ein Kündigungsrecht hat (Art. 35a Abs. 4 sowie 42 Abs. 5); dies sei wichtig für Schweizer KMU. Weiter beantragt sie – ebenfalls mit 16 zu 8 Stimmen –, an der neu eingeführten Nachhaftung in der Krankenzusatzversicherung festzuhalten (Art. 35c) und – mit 16 zu 7 Stimmen bei 1 Enthaltung – ein direktes Forderungsrecht für Geschädigte einzuführen (Art. 60 Abs. 1bis). In allen drei Fragen beantragt jeweils eine Minderheit, dem Ständerat zu folgen. Schliesslich lehnt es die Kommission einstimmig ab, die Änderungen des Ständerates bei den Kriterien für professionelle Versicherungsnehmer zu übernehmen (Art. 98a Abs. 2). Verschiedene Minderheiten beantragen unter anderem beim Widerrufsrecht, bei den Informationspflichten oder bei der Anzeigepflichtverletzung bei den Beschlüssen des Nationalrats zu bleiben.
Bei obligatorischen Haftpflichtversicherungen beschloss die WAK-N einstimmig auf die Frage zurückkommen, ob Versicherungen Geschädigten Verfehlungen des Versicherten vorhalten können (Art. 59, neuer Abs. 3). Mit 21 zu 3 Stimmen bei einer Enthaltung möchte die Kommission entsprechende Vorbehalte verbieten. Entgegen den Aussagen im Ständerat gebe es Dutzende solcher Haftpflichtversicherungen auf Bundesebene, eine entsprechende Regelung sei daher wichtig. Für ein Rückkommen ist die Zustimmung der Schwesterkommission des Ständerates nötig.

5. Auch die nationalrätliche Kommission will das Risiko beim Einsatz von Pestiziden reduzieren

Die Kommission hat einer Initiative ihrer Schwesterkommission (19.475), die die gesetzliche Verankerung eines Absenkpfads mit Zielwerten für das Risiko beim Einsatz von Pestiziden verlangt, oppositionslos zugestimmt. Die Kommission ist der Ansicht, mit der parlamentarischen Initiative mehr Verbindlichkeit schaffen zu können, und begrüsst das Bestreben, die Initiative in Abstimmung mit der Agrarpolitik 2022+ zu behandeln. Damit unterstütze und stärke man letztlich die agrarpolitischen Massnahmen des Bundesrates zur Risikoreduktion beim Einsatz von Pestiziden. Der ständerätlichen Kommission wird nun die Aufgabe zuteil, eine entsprechende Gesetzesvorlage auszuarbeiten.
Die Kommission hat zudem die Verwaltung damit beauftragt, einen Bericht zur Optimierung der Schweizer Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel vorzulegen.

6. Keine Genehmigungsbehörde für ausländische Direktinvestitionen

Die Kommission hat die Motion Rieder (18.3021) vorberaten und beantragt diese ihrem Rat mit 15 zu 9 Stimmen zur Ablehnung. Für die Kommissionsmehrheit besteht kein Bedarf, den Bundesrat mit der Schaffung einer Genehmigungsbehörde zur Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen in Schweizer Unternehmen zu beauftragen. Eine umfassende Investitionskontrolle bringe in Anbetracht der bereits bestehenden gesetzlichen Grundlagen und Schutzmechanismen zur Wahrung strategischer Interessen keinen Mehrwert und sei auch aufgrund der aktuellen sicherheitspolitischen Situation der Schweiz nicht angezeigt. Vielmehr würde die Installation einer Kontrollbehörde ein negatives Signal gegenüber ausländischen Investoren senden und den Wirtschaftsstandort Schweiz unnötig schwächen. Darüber hinaus wäre die Schaffung einer neuen Behörde mit hohen Kosten verbunden.
Die Minderheit weist demgegenüber auf die internationalen Entwicklungen im Bereich strategischer Firmenübernahmen und die mitunter staatlich gelenkten Investitionen in systemrelevante Infrastrukturen oder Unternehmungen hin. Bei der Motion gehe es keinesfalls um ein Verbot ausländischer Direktinvestitionen, sondern darum, bei problematischen Investitionen in sicherheits- und ordnungspolitisch relevante Unternehmen Interventionsmöglichkeiten zu haben. Insofern wolle man die Offenheit der Schweizer Wirtschaft beibehalten, aber gegenüber staatlich kontrollierten und finanzierten Unternehmen aus Ländern, die oftmals selber über Investitionskontrollsysteme verfügen, gleich lange Spiesse verfügen.

7. Mehrwertsteuergeschäfte

Die Kommission hat die Arbeiten an einem Gesetzesentwurf zur parlamentarischen Initiative Feller 17.448 aufgenommen und die Verwaltung damit beauftragt, der Kommission einen Bericht zu offen gebliebenen Fragen vorzulegen. Sie wird die Beratung der Initiative im Januar 2020 wiederaufnehmen.
Mit 14 zu 9 Stimmen hat sie an ihrem Entscheid vom 22. Oktober 2018 festgehalten (s. Medienmitteilung), der parlamentarischen Initiative Hess 17.479 Folge zu geben. Im Gegensatz zu ihrer Schwesterkommission (s. Medienmitteilung) möchte die Kommission die Umsatzgrenze für die Mehrwertsteuerpflicht auf 150'000 Franken für Schweizer Unternehmen anheben. Damit soll insbesondere die administrative Belastung für Kleinstunternehmer und Start-ups reduziert und deren Innovationskraft erhöht werden. Gemäss Minderheit bewirke die Erhöhung der Umsatzgrenze hingegen eine unnötige Verschärfung der bereits bestehenden Wettbewerbsverzerrungen sowie der Konkurrenzsituation gegenüber ausländischen Unternehmen in Grenzregionen. Das Geschäft geht jetzt in den Nationalrat.

8. Weitere Beschlüsse

Der parlamentarischen Initiative 18.489 von Nationalrat Hans-Ueli Vogt, die die Strafbestimmungen des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes (FinfraG) so ergänzen will, dass unwahre oder unvollständige Angaben in einem Angebotsprospekt oder in der Voranmeldung eines öffentlichen Kaufangebots mit Busse bestraft werden, gibt die WAK-N mit 13 zu 9 Stimmen bei 3 Enthaltungen keine Folge. Die Übernahmekommission hat bereits heute die Möglichkeit, bei Widerhandlungen gegen das FinfraG die Strafverfolgungsbehörden zu informieren. Zudem erarbeitet das EFD derzeit im Auftrag des Bundesrats einen Bericht, der die Auswirkungen des FinfraG und allfälligen Handlungsbedarf aufzeigen soll.
Die Kommission beantragt ihrem Rat oppositionslos die Annahme der Motion Germann (19.3043). Diese verlangt vom Bundesrat, der Bundesversammlung ein umfassendes Revitalisierungspaket zur Steigerung der Standortattraktivität und zur Diversifizierung der Absatzmärkte vorzulegen.

Die Kommission hat am 07./08. Oktober 2019 unter dem Vorsitz von Nationalrat Jean-François Rime (SVP/FR) und teilweise in Anwesenheit von Bundespräsident Ueli Maurer und Bundesrat Guy Parmelin in Bern getagt.