Bestehen nach drei Beratungen in jedem Rat noch Differenzen, wird eine Einigungskonferenz (EK) einberufen. Diese hat den Auftrag, eine Lösung zu finden, welche alle Differenzen ausräumt. Heute Mittwoch tagte die Einigungskonferenz zum Budget 2018. Wichtigster Entscheid: Die Einigungskonferenz folgt im Grundsatz dem Nationalrat und will 370 Millionen Franken in den Fonds für die AHV legen. Der Beschluss geht auf zwei identische Anträge der SP- und der SVP-Fraktion zurück.


Die gefundene Lösung geht nun als Antrag der Einigungskonferenz (EK) in beide Räte. Die Räte können diesem EK-Antrag nur noch als Ganzes annehmen oder ablehnen. Sagt einer der beiden Räte nein, dann ist normalerweise die Vorlage gestorben, sie kommt nicht zu Stande. Beim Voranschlag würde das heissen: Wir befinden uns am zweitletzten Tag der Wintersession und das Budget ist soeben als Ganzes gescheitert. Der Eidgenossenschaft würde ab dem 1. Januar ein budgetloser Zustand drohen.

Deshalb wurde Ende der 1990er Jahre eine Sonderregelung fürs Budget eingeführt: Scheitert der Einigungsantrag, dann kommt es dennoch zustande. Problemlos sind alle Positionen, bei denen sich die Räte geeinigt haben. Sie bleiben so bestehen. Bei den noch offenen Differenzen gilt jeweils der tiefere Betrag, der in der dritten Beratungsrunde in einem der beiden Räte eine Mehrheit gefunden hat. Würde also der EK-Antrag morgen Donnerstag von einem der beiden Räte nicht angenommen, würden die fünf noch verbleibenden Differenzen folgendermassen gelöst:

  • Die Einlage in den AHV-Fonds wird doch nicht getätigt.
  • Bei der Position für Sozialhilfe für Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene und Flüchtlinge wird gekürzt. Das Grenzwachkorps kann nicht zusätzliches Personal einstellen.
  • Es wird kein zusätzliches Geld für die höhere Berufsbildung gesprochen.
  • Und die vom Bundesrat gewünschte zusätzliche Tranche in den Bahninfrastrukturfonds wird nicht überwiesen.

Was werden National- und Ständerat am morgigen Donnerstagvormittag entscheiden? Der Antrag, die Lösung der Einigungskonferenz abzulehnen, wurde gestellt. Scheitert die Lösung der EK in einem der beiden Räte? Oder findet ihr Antrag eine Mehrheit? Aufgrund der grossen Minderheit, die den Antrag ablehnt, könnte es knapp werden.

Und damit zeigen sich auch bereits die beiden Seiten der Sonderregelung für das Budget. Einerseits sichert sie ab, dass am 1. Januar 2018 ein Budget vorliegt. Andererseits hat sie sich zu einem strategischen Instrument entwickelt. Der Rat, der weniger Geld zur Verfügung stellen möchte, kann sich durch die Ablehnung des EK-Antrags durchsetzen, ohne damit die gesamte Vorlage zu gefährden. So kam es seit Inkrafttreten dieser Sonderregelung für den Voranschlag vermehrt zur Einsetzung einer EK: Insgesamt wurde seit 1998 neun Mal der Weg über eine EK beschritten, seit dem Voranschlag 2012 (11.041) sogar jedes Jahr. Der Antrag der EK wurde dabei in einem Drittel der Fälle abgelehnt (zuvor nie).

Zum Vergleich: In demselben Zeitraum wurden insgesamt 120 Einigungskonferenzen einberufen, in elf Fällen wurde der Antrag der EK abgelehnt, was einem Anteil von 10,7 Prozent entspricht. Zudem haben sich beim Nachtrag I zum Voranschlag 2017 (17.007) die Räte bei zwei Differenzen über alle drei Runden überhaupt nicht bewegt und schlussendlich wurde erstmals ein Antrag der EK zu einem Nachtrag abgelehnt. Diese Beispiele zeigen: Die Sonderregelung fürs Budget stellt zwar sicher, dass es in jedem Fall eine Entscheidung gibt. In diesem Sinne stellt dieser Artikel ein letztes Auffangnetz dar. Er vermag jedoch in der politischen Praxis nicht sicherzustellen, dass die Räte sich tatsächlich annähern.

Welche strategischen Spiele werden im National- und Ständerat rund ums Budget gespielt? Wird der Antrag der EK eine Mehrheit finden? Morgen Donnerstag wissen wir es.

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